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Benediktinifche Monatſchrift

zur Pflege religiöfen und geiſtigen Lebens

herausgegeben von der

Erzabtei Beuron

6. Band

1924

Verlag der Beuroner Hunſtſchule, Beuron (Hohenzollern).

10A STAC

Druck des Kunſtverlages Beuron.

E 7 a * Inhalt Aufſãtze chriſtozentriſche Rirhenmufik (P. Fidelis Böſer ))) . Sacramentum magnum. Epiphanie und Ehe (P. Sufo Mauer-,

Die Predigt vom himmelreich nach dem Evang. des hl. Matth. (P. Bernh. Seiller) Slaube und kirche (P. Alois Nager; Chriftus im Gleichnis der Sonne (B. Anfelm Manſer )))) Freuet euch! (P. Willibrord DerkRa be ·-ᷣ/⸗ʒůhõ - 2222er. Symboliſche Srablegung bei der Ordensprofeß (Abt Raphael Molitor Germania sacra (P. quſtinus Uttenweileererr rr

Die Familie als Grundlage benediktiniſchen Mönchtums (P. Sigisbert Mitterer) .

Prieſter und Mönch (P. Emmanuel Heufeld err Dom Sinn des Mönchtums (P. Hotker Würmſeerrrrurur 22... filöſterlicher ommunismus (B. Maurus Xa. Deindl 77 Der Anteil der Benediktiner an der Beftaltung des bandſchafsbildes (P. M. Barthel) Schäftlarn (P. Sigisbert Mittererrrr 2 2220er.

Der Einheitsgedanke im kirchl. Leben der Faften- u. Oſterzeit (P. E. ee Der Weg zur Kirche (P. Hotker Würmſeerr dd Abt Sigisbert Giebert von Schäftlarn (Die Schriftleitunnn d Abtbiſchof Waldo, der Begründer des Goldenen Zeitalters der Reichenau (P. Em-

manuel mundinghg;)))))))⸗ 153, O beata Trinitas. Dom Sinn und Werden des Dreifaltigkeitsfeftes (P. St. Hegel) Glaubens leben und ſittliches Derhalten (P. Alois magerrꝰ)hh

Dom 3. Pothier u. feine Bedeutung für den gregor. Choral (PB. Dominikus Johner) Eine Romfahrt vor bald 25 Jahren (Abt Plazidus Slogg er)) Eine Schule des geiſtlichen Lebens (P. Benedikt Bautr dd Mariens Lebensabend und ihr feliger Tod (B. Willibrord Derkade yy Kultur ſchaffen und Chriſtentum (P. Alois mager̃r 222.0. Die Bedeutung des humanismus für die kath. Erziehung (P. Adefons Widönmann) Himmliſche Buchführung (P. Bernhard Seillerrꝛꝛ 22220. Miſſionspflicht, Miffionswefen und »Giteratur (P. Hieronymus tiene) . . 265, dur Entzifferung der leumen (P. Dominikus Johner ) Die literariſche Bekämpfung des Chriftentums in der Antike (B. Fr. Anwander) Die Perle als religiöfes Symbol (P. 080 Caſelu j Der Wandel in der Gegenwart Gottes und die hl. Therefia (B. Alois Mager) Die heiligen im Bewußtfein des Mittelalters und der Neuzeit (P. Sigisb. Mitterer) Die hl. Erentrudis. Erfte Äbtiffin der Frauenabtei Honnberg zu Salzburg (D.

m. Raphaela Schlichtn ern Zur Pſuchologie der Orden (P. Alois Mager Befunde Frömmigkeit (P. Wolfgang v. Czernin-ꝛꝛꝛꝛꝛꝛ

IV

. Seite

Die liturgiſche Weltſprache (P. Fidelis Böſ er 390 dur Geſchichte des Klofterfeminars in Scheyern vor dem Jahre 1803 (Ober-

ſtudiendirektor a. D. m. Rottmanneer rr 398

Dom alten „Snadenhaus Mariä zu Grüſſau“ (B. Nikolaus v. Dutterotti) .. 414

Wie der gottſel. Thomas von iempen mit dem Kirchenjahr lebte (P. St. Begel) 420

Kleine Beiträge und Binweife

budwig von Paſtor zum 70. Geburtstag (B. Sturmius liegel ) 69 dur 6. Jahrhundertfeier des hl. Thomas von Aquin (B. Adalbert v. ee 70 Herders Jeitlexikon (P. Hieronumus Hieneeaaagggg-ͤg--¶“9 71 Die Sonntagsepifteln in der Predigt (P. Oaurentius Rupp )) 143 Aus der liturgiſchen Bewegung in Öfterreih (Fr. Athanaſtus Winterſig ) . 144 biturgiſche „Neuerungen“ am Rhein (P. Joannes Vollmar) 145 Mittelalterliche Buchmalerei (P. Adalbert Schipperaga -)) 212 Almanach catholique francais pour 1924 (P. Sturmius Regel) ........ 213 biturgiſcher Kongreß in Mecheln 4.— 7. Huguft......... 22222000. 224 Nikolaus Sihr (P. Fidelis Böſe rr 288 Die Muſtik des hl. Bernhard von Clairvau (B. hugo Lang)... :...... 354 Dom 27. Euchariſtiſchen Rongreß zu Amfterdam ......... 2.2.2022... 357 Liturgie und Dolksfeelforge (P. Fidelis Böfer) ........ 2.222202. . 431 Don den iriſchen Slaubensboten (C. Stigler) .....-. 22222222 enn 434

Überfegungen » Verſuche · Gefefrüdhte

Feierlied auf die heilige Kirche. Aus der alten ſuriſchen Kirchweihliturgie (Über- ſetzt von P. Pius Jinger le-

Bin zu Chriſtus! (Biſchof Sigmund Waitz-;)ů: : 29 Wurzel des Lebens (B. Sturmius fiegel .. 38 Heilige Seelenluſt (Ruusbroeck; überſetzt von B. Willibrord Derkade)....... 53 Karfreitag (P. Emmanuel Heufel der 106 Semeinſchaft (B. Notker Würmfeer) . en nee ae iaee 112 Seelenfrühling (derſelbee-“ů))))ʒy 123 Weißer Frühlingskrokus (Seöicht von demſelbenrnr dg. 131 Andern hat er geholfen (P. Emmanuel Heu felder 136 Seliges Sterben (Sedicht von P. Notker Würmſeer 2... 141 Anrufung der heiligſten Dreifaltigkeit (Aus dem römiſchen Brevier)...... 188 Wege zum Choral (Nach Abt Benedikt Sauteerr·-⸗;;y hh 196 Paulusleſung (Aus dem hl. Chruſoſtomu)))ö õ 208 Blühende Kakteen (P. Sturmius Regel 22220 eneenn 228 edelmenſch und heiliger (A. Rademacheeerss een 238 Alſo hat Gott die Welt geliebt (J. Wittig)... 9) 247 Die dunkle Uacht der Seele (Gedicht des hl. Johannes vom Areuz; überſetzt von Melchior von Diepenbrochchch / 264 Sonnenuntergang und Sonnenaufgang (Nach C. Ferrinii “d 320 Aufftiege zu Bott (nach demſelberdrnrr-an⸗nʒ 222er eerernene 342

Adspiciam a longe (Rövents-Refponforium; überſetzt von R. Guardini). 389

Beſprochene Bücher

g Selte

Abele, E., Der Dom zu Freiſteiiaů ng 358 “van Aken, J., Chriſtozentriſche Rirchenkunſſßt . 1, 77 “Almanach catholique francais pour 194A 213 Arnold, B., Das Leben des hl. Horbiniaa gg 358 S. Augustini Confessiones, Auswahl v. Wolfſchläger u. Roch 218 Auguſtins Confessiones, Auswahl v. urfe ::. 218 Bierbaum, M., Papſt Pius ¶J ie 218 Böckl, C., Die Euchariſtielehre der ie Wyftiker des Mittelalters. 420 Brauer, ch., Adolf Rolpinndnda¶d¶gagdgdgdgdgdgsgsgssss 361 Chrift, J., Der Laienapoftel (I. Des Mannes Rredohʒ⁸rthre?ee 293 6. de Cisneros -Schlichtner, Eine Schule dgs geiſtlichen Debennss 209 Cumont, F., Die Myfterien des Mithtrtrr aqa. 146 Donat, 9. Logica Ontologia Psychologia .......... . 216 Döring, C., Dom Juden zum Ordensſtifter SERIE EC Bee 216 v. Dunin-Borkowski, St., Gebete und Gedanken 150 Schoöpferiſche Viebtev hh 149 Felder, 9. Zefüs Chriss 146 Ferrini-Pellegrini-Mut, Gedanken und Gebeee 320 Feſtgabe, Wiſſenſchaftl., zum 1200-jähr. Jubiläum des hl. Korbinian (Schlecht) 358 Feu. AL, Advents- und Weihnachtsbetrachtungeasas 75 »Fleiſcher, O. Die germaniſchen Nleumen eg 280 Forbes, F. N., Papft Pius “i iii 218 »Franſes, D., Die Werke der hl. Quodvultdeunas 0.. 58 Frenken, G., Quellen zum Leben Karls d. G&G —m 222-2220 218 Bebete, hit 147 »Sihr, IL, Das heilige Meßopfer; u. eꝶ al...... 288 van Binneken-Winkel, Der ganze Chriſtzaun sss 147 Bottesdienft, Der, an unſeren Hochfeſten im Benediktinerorden (l 73 *Gougaud L., Gaelic Pioneers of Christianiyuyhh ... 434 Srabmann, M., Das Seelenleben des hl. Thomas von Rquj n 291 »Sröber, K. nnd Merk, N., Das St. Honraòsjubiläum 1923. 80 Sröhl, R., Die Aöventiſten und ihre D ehren 146 Groſſe, E., Die oſtaſtatiſche Tuſchmal eri 77 Suar dini, R., Der ſtreuzweg unſeres herrn und Beilandes . 148 »St. Heinrichs literatur 19zͥ“yXcDJ000ͥh 0 366 von Hirſcher⸗Wibbelt, Betrachtungen über die ſonntäglichen Evangelien... 294 houtryve, J., La Vie dans la Pack. 360 Jaco bi, Ft., Die deutſche Buchmalerei in ihren ſtiliſtiſchen entwicklungsphaſen 212 Johannes vom kreuz, Des hl., Gedichte. 264 *Aeftenberg, D., Muſtkerziehung und Muſtkpfl egg 15 Kirchliches handbuch für das katholiſche Deutſchland (roſe )) 150 Klaſſi ker Rkatholiſcher Sozialphilofophie, ſtehe Brauer u. Schwer . 361 Klug, J., Der Heiland der Welt 215 Au or, 9. B., Das Paienapoſtolaall² kk 294 Pauliniſche 8entenzzenmnng”ddd 215 er ]ð⅛ A 215 =: Therelia; Die BL: .. 8 217 könig, W., Zurück zu Thomas von Nquj unn 291

* Bücher mit vorgeſetztem Stern find in Nuſſätzen oder kleinen Beiträgen behandelt.

VI

Seite

Rorbinianslegende, herausgegeben von J. Schlechte. 358 Krebs E., Die Kirche und das neue Curoer enen 360 Dogma und PDebe nnd 32 . 2360 Was Rein Auge geſeherreddddddd‚ 362 Krick, b., Die ehemaligen ſtabilen Klöſter des Bistums Paſſaavuu 219 Rugler, F., Don Mofes bis Paulddssdʒzddʒddʒdd. 72 bange, E., Wladimir Solow ioo. 148 »Pinhardt, R., Die Muſtik des hl. Bernhard von Clairvaun kn 354 Lippert, B., Das Weſen des Ratholiſchen Nenſcheeeeeee aa 74 Der hl. Roſenkran zzz VCC 148 Don Seele zu SeelmedadÖ’ . 75, 362 Fur Pfyhologie des Jeſuitenorde nnn. 369 Manfer. H., Der heilige Kreuzweg 148 "Maria baach, Abtei, Die betende Rircghhiiie hh 431 biturgiſche Volksbüchleignggggssss 431 »Martin, Fr., Berchtesgadeeenrnnnnnn 68 maunage- Hoffmann, Die Religion des Spiritism uuns 293 Mengwaffer, 8., Commentarii in hymnos Breviarriii 74 »miſſionsliteratur, Die gefamte des Xaveriusverlages Nachen . . 265, 404 Dewman, g., Der Maimone e 148 Gott und die Seele 148 Karfreitagsbetrachtungereeee nd 148 *Dapft Pius XI., Runöfchreiben zur 6. Jahrhundertfeier des hl. Thomas v. . 70 Zum 300. jährigen Todestag des hl. Joſap hae 360 Parſch, P., Aus Brevier und meßbuch (- Vv“hh))))2)n)0! 73 *Baftor, b. v., Charakterbilder Rath. Reformatoren des XVI. Jahrhunderts . 69 Geſchichte der Päpſte. IX. Bann „„ 69 »Pfeilſchifter, 8., Die St. Blaſtaniſche Germania Sacra 59 »Pfiſter, K., Die mittelalterliche Buchmalerei des Abendlandes 212 Poſchmann, B., ftirchenbuße und correptio secreta bei Auguftinus .... 216 Rainer» Kogler, Der hl. Franz 8oklas n 217 Scheurlen, P., Die Sekten der Gegenwart. Pur 361 Schlecht, J., Rebe Feſtgabe und Rorbinianslegende .....-.......... 358 Schlund, E., Neugermaniſches Beidentum .........-.-enrrnen. 219 Schlund Schmoll, Der moderne Menſch und feine religiöfen Probleme 361 » Schmidt, W., Das feierliche Hochauiuek!!ku 144 Schöpfer, K., Seſchichte des Alten Teſtamentss gz. 214 Schwer, W., Papſt bes LIůů“⏑“/„“„ 361 Solowjeff-Peftalozza, Drei Redeꝛenmwwd 148 Spalding, g., Srundfäge chriſtlicher Lebensführung und Erziehung 148 Stufler, J., Divi Thomae Aquinatis doctrina de Deo operante...... 290 Tillmann, Fr., Die ſonntäglichen Epiſtee nnn. 143 Tiſchgebet, Das liturgiſ cette. 74 Tüshaus, K., Vater BenedikRtuunn n 76 »Wagner, P., Einführung in die katholiſche Kirchenmuſt k 15 Waſſerzieher, E., Sprachgeſchichtliche Plaudereiiengnss 76 Weigert, J., Das Dorf entlaæaaeggzgaeagasas nnn. 151 Die Volksbildung auf dem Dandene 151 »Wölflin, 8., Die Bamberger Npokalupſ a re 212

“Aeitlerikon. Herdee sed aka 71

Aus dem Orden des hl. Benediktus

Seite Trauer und Freude in Einſte deln 78 Aus der ungariſchen Rongregatindddddddddddddzddz 78 Dom St. Ulrichs - und St. Konraòsjubilauvguuuu 79 Um die Salzburger Univerſttll·lͥz⁴iuſ 220 Abtei vom hl. Kreuz zu Berftelle a. d. Weſee egg 221 P. Maurus Rinter zum 60jährigen Profeßjubil .......... 2.0... 223 Schreiben Sr. Heiligkeit Papſt Pius XI. an den Abt⸗ Primas des Ordens. 295 Brief aus Ungam ... 2.2.2222: nennen. ur r 296 ein letzter Gruß dem + P. Felix Hintemeyer, Prior u. Generalvikar von Belmont 363 Abtbiſchof Leo Haid von Belmoert᷑rrrttt eeennn 363 Abtei Grũſſau in Schleſ iin 364 St. Erentrud zu Kellenried in Oberſchwaben 7d 365 Dom heiligen Aaifer Heinrich und feiner Jahrhundertfeier 19221ùuu . 366

Bilderklärungen Zu den Exlibris von Schäftlarn (P. Auguſtin Ulrih) .....-........ 152 St. Pirmin fäubert die Reichenaii ee 224 St. erentrudſtatuen vom Honn berge 368 gohannes der Täufer und Martinnlnn¶ ns 440 ſtunſtbeilagen B. Defiderius Lenz, Heilige Familie (Relieff̃ꝛꝛꝛꝛꝛꝛ . 1 0. Hupp. St. Dionus und Juliana (Exlibris); 81 A. Pacher, St. Dionus (exlibrissasçh ;;); 96 Beuroner Schule, St. Pirmin ſäubert die Reichenau (Fresko) .......... 153 Orcagna, Mariä Heimgang (Relief) ......-.-...- 2222 ernennen 225 Stift Honnberg zu Salzbunnnnnn nns 297 St. Erentrud (Statue, altgotilh).---- --- - >> - 2-20 nn. 312 St. Rupert und Erentrud (Statuen vom Portal der Stiftskirche TIonnberg) .. 313 Beuroner Schule, Johannes und Martinus (Relief)........ ee 369 Textbilder

Exlibris des Abtes Sigisbert von Schäftlarn (O. Hhup⸗ofhhhh))ʒß 124

Wappen der Abtei vom hl. Kreuz zu Herſtelle a. d. Weſerr 223

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P. Defiderius Denz: Heilige Familie

(münchen 1858)

Chriſtozentriſche Kirchenmuſik. von P. Fidelis Böſer (Beuron). |

in neues Jahr hebt an. Darf heilige kunft den Reigen eröffnen?

Warum follte fie es nicht dürfen? Sie präludiert und intoniert ja auch im Beiligtume, an der geweihten Pflegeftätte höchſten reli⸗ giöfen und geiſtigen Lebens.

Im letzten Jahrgang dieſer Zeitſchrift hat das Werk van Ackens, „Chriſtozentriſche kKirchenkunſt“! eine Würdigung erfahren, ſoweit die bildende Kunſt in Betracht kommt. Die anregenden Unterſuchungen van Ackens erſtrecken ſich aber auch auf die tönende Aunft. Er ſchreibt in feinem Eingang: „In lebensinnigerer Verbindung mit dem heiligen Opfer am Altare als der Kirchenraum und Kirchenſchmuck ſteht der liturgiſche Seſang, die geſamte liturgiſche Muſik. Wir fragen daher in einem weiteren Teile dieſer Abhandlung, ob die nämlichen geiſtigen Elemente der Liturgie, welche den Kirchenbau und feine Ausftattung heute folgerichtiger als je beeinfluſſen möchten, auch die Grundſätze bilden können für eine Erneuerung und Veredelung der muſikaliſchen Meßopferkunſt . .. und ob die kirchliche Muſik auch ihrerſeits heute mehr als bisher zum großen und erhabenen Geſamtkunſtwerk im liturgiſchen Einheitsraum beitragen kann.“ Das Problem iſt von ſolch aktueller Bedeutung und die Art und Weile, wie es durchgeſprochen und der Löfung entgegengeführt wird, fo vor⸗ trefflich, daß nur zu wünſchen bleibt, es möchten alle Vertreter der Kirchenmuſik und in erſter Linie alle Prieſter nach den hier aufgeſtellten Grundſätzen ihre Mitwirkung beim Zuſtandekommen des liturgiſchen &unftwerkes einrichten. Die folgenden Ausführungen ſuchen van Ackens Gedanken weiterzudenken. In wenigen Einzelheiten muß ich einer abweichenden Auffaffung Ausdruck geben. Im Großen und Ganzen ſind mir aber van Ackens Worte aus der Seele geſprochen.

If denn die Liturgie und mit ihr die liturgiſche Kunſt chriſtozentriſch? Suardini verneint dieſe Frage’. Dan Acken be- jaht fie und baut auf dieſem Ja alle feine Aufftellungen auf. Beide haben recht. Chriftus iſt nicht Mittelpunkt der Liturgie, inſofern als faft alle liturgiſchen Bebete und Handlungen den Dater zum Ziel ſich ſetzen und den Heiland nur als Weg und Mittler betrachten. Trotz⸗ dem kann man ſagen, die Liturgie ſei chriſtozentriſch. Sie iſt ja im

Chriſtozentriſche Rirhenkunft. Ein Entwurf zum liturgiſchen Seſamtkunſtwerk von J. van Acken. Gladbeck i. W. 1922, Theben (ſ. Ihg. 1923, h. 9/10 8. 319-327). ? Giterar. hand weiſer. Oktober 1923. 8. 595.

Benebdiktinifhe Monatſchriſt VI (1924) 1—2 1

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Grunde nichts anderes als das Hoheprieftertum Chrifti, infofern es ſich ſichtbar und hörbar kundgibt in der betenden, opfernden und ſegnenden kirche. St. Benedikt ſagt faſt gleichlautend: nihil operi Dei praeponatur und Christo omnino nihil praeponatur. Das redende und handelnde Subjekt der Liturgie iſt nicht der einzelne menſch und nicht die einzelne Pfarrgemeinde, ſondern das corpus Christi mysticum, die Glieder mit dem haupte. Die erhabene Ge- ſtalt des ewigen hohenprieſters ſteht betend und opfernd und ſegenſpendend im Mittelpunkt alles liturgiſchen Geſchehens. Don einer richtigen Auffaffung des Chriſtusgedankens aus iſt allein eine verſtändnisvolle und fruchtbare Mittätigkeit bei der Liturgie möglich, und nur von dem lebensvoll und begeiſtert erfaßten Chriſtus⸗ gedanken aus iſt auch eine Erneuerung der liturgiſchen Tonkunſt zu erzielen.

Die &kunft im heiligtum der Liturgie iſt Ausdruck der Ehr⸗

furcht und Liebe. Vor Perſonen, denen wir hohe Achtung und Verehrung zollen, geben wir unferem Auftreten und Reden das Feſtgewand der Form. Dor dem Allerhöchſten iſt es das Feierkleid tiefſten und beſten Könnens, die prieſterliche Hunſt und das künſtle⸗ riſche Prieſtertum der in Chriſto geadelten und mit dem Hohenprieſter vor dem Vater in tiefſter Ehrfurcht ſich beugenden Menſchheit. Noch mehr als die Ehrfurcht hat ſich von jeher die Liebe in künſtleriſcher Form geoffenbart. Wenn die Liebe das herz bewegt, dann wird das Wort zum Gedicht und das Gebet zum Pſalm und die Sprache zum melodiſchen Sang. Das gilt auch, wenn jene Liebe redet, von der Chriftus in feierlicher Stunde zum Dater fleht: „Caß die Liebe, mit der du mich liebteſt, in ihnen fein” (Joh. 17, 26). Dieſe gottentſproſ⸗ ſene Viebe ſpricht ſich in der Liturgie aus. hier wird der wunderbare biebesverkehr zwiſchen Sohn und Vater im Schoße der heiligſten Dreifaltigkeit hörbar auf Menſchenlippen, vernehmbar für menſchliche Ohren, und ſtaunend lauſcht die Erde dem Hohenlied übernatürlicher Liebe, klingend aus den Saiten menſchlicher Muſik, die aber eine prieſterliche Aunft geworden iſt durch die Berührung mit Chriſtus, dem ewigen Bohenpriefter. |

Alle liturgiſche Aunft iſt chriſtozentriſch und ſoll es fein. Aber am meiſten muß es die Tonkunſt ſein. Denn ſie tritt näher an das Allerheiligſte heran als jede andere Aunft.: Die Architektur baut das Heiligtum für die Liturgie. Die Skulptur und die Malerei ſchmücken es aus. Aber die Tonkunſt hilft die Liturgie ſelbſt vollziehen. Sie iſt ein Teil der Liturgie, ein Stück der liturgiſchen Opfergabe. Sie

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kommt näher an Chriftus heran, fie tritt enger hinzu in den gehei⸗ ligten Bannkreis ſeiner erhabenen Perſönlichkeit. Sie berührt nicht bloß den Saum feines Gewandes, fie vergoldet nicht bloß den Kelch in ſeiner prieſterlichen hand. Sie iſt der hauch ſeines Mundes, der fitem feines herzens. Der Puls feines koſtbaren Blutes wird zum Rhuthmus ihres Sanges.

hier iſt ein Punkt, bei dem ich glaube, die Ausführungen van Ackens ergänzen zu müſſen. Der chriſtozentriſche Charakter der liturgiſchen Mufik liegt nicht bloß darin, daß fie „den Herrn feiert in den humnen des Ordinariums der Meſſe“ und ihm folgt durch das Kirchenjahr“, auch nicht bloß darin, „daß fie an dem auf Chriftus gerichteten Einheitscharakter des Opfers auch in einer weſentlich einheitlichen Form teilnehmen muß“ und „ſich ſogar für berufen halten wird, die innerliche Ent⸗ wicklung der Opferteilnehmer zur Derklärung durch ihren eigenen Aufbau darzu- ſtellen“. Noch weniger möchte ich mir den Satz zu eigen machen: „Vor allem liegt der chriſtozentriſche Charakter der Meßopfergeſänge darin, daß hier die Mufik ver⸗ möge ihrer beſonderen Eindruckskraft auf das menſchliche Herz in hervorragendem Maße berufen iſt, die Seelen der Opferteilnehmer von den Banden der Umwelt zu befreien und fie ſinnefeſſelnd zu ſammeln für die lebendige Mitfeier des Geheimniſſes.“ Das alles find äußere Beziehungen, Folgerungen aus der inneren Weihe und heilig keit der Meßgefänge. Chriſtozentriſch iſt die liturgiſche Tonkunſt, weil fie das Feier- kleid der heiligen liturgiſchen Worte ift. Dieſe heiligen Worte find im Grunde Worte Chrifti, Worte des betenden Leibes Chriſti und darum auch Worte des Hauptes, des betenden Hohenprieſteis, Worte des Wortes Gottes. Die liturgiſche Mufik it das Sewand des Wortes Gottes, und weil im Singen Wort und Weile einen ganz einzigartigen Bund eingehen, eine wunderbare Vermählung feiern, ſo wird die liturgiſche Tonkunſt wirklich eine hoheprieſterliche, gottmenſchliche Kunſt. Der Derklärungsglanz des verherrlichten Beilandes ruht auf ihr und ſtrahlt aus ihrem Singen und Klingen, der Pulsſchlag ſeines heiligſten Herzens wird fühlbar in ihren Rhythmen, der Reichtum feiner gottmenſchlichen Innerlichkeit wird hörbar in ihren Melodien. Es iſt nicht übertrieben, wenn einer unſerer Modernen ſchreibt: „Diefer Seſang iſt Kult, ſtinnliche Gegenwart des Göttlichen, heiliger Beift als klang.“

erich Wolff redet an der angeführten Stelle vom gregorianiſchen Choral und es ift kein Wunder, wenn man gerade von dieſen Gedanken aus zu einer anderen Bewertung des frühchriſtlichen Befanges und ſeinem Verhältnis zu ſpäteren Stilarten als van Acken gelangt. Nicht als ob ich die wahren und ſchönen, von wirklicher hochſchätzung für die am meiſten chriſtozentriſche Mufikgattung zeugenden Ausfüh- tungen des Derfaffers der „chriſtozentriſchen Kirchenkunſt“ (8. 72 f. und 8. 81 f.) in ihrer Aufrichtigkeit anzweifeln wollte. Aber er glaubt fein Lob wieder einſchränken zu müſſen, wenn er ſchreibt, die neuere Tonkunſt fei „den Gegenwartsmenſchen ver- ſtändlicher und vermöge fie unmittelbarer zu ergreifen“ und darum könnten wir ‚auf das machtvolle Mittel neuerer Tonkunft, mit einigen loten den Menſchen der Segenwart in eine gewollte Stimmung zu verſetzen, für die Einführung in das er- habenfte Religionsgeheimnis nicht verzichten. Dieſe Mufik ſoll über die Fähigkeit, den Text tiefer als bisher zu deuten, hinaus zugleich das Unausſprechliche litur⸗ gischen Chriſtuslebens uns näher zu bringen ſuchen als zuvor“.

Das trifft doch wohl nur dann zu, wenn wir den Begriff „Gegenwartsmenſch“ ſtark negativ nehmen für Menfchen, die derart von der materiellen Gegenwart be- laſtet find, daß fie weder für die geiftigen, kulturellen Werte der Aunft, noch für

1 wel Deieefen, Das Schickſal der Muſtk von der Antike zur Gegenwart. Breslau 1923, Ferdinand . 43 f.

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die religiös-myftifhen Werte der Liturgie viel Sinn übrig haben. Wenn aber die pſuchologiſchen Vorbedingungen für ein tieferes Derftändnis des Ratholiſchen Gottes- dienſtes und der kirchlichen Mufiik gegeben find, wenn jemand das Wefentlihe in der Tonkunft von unweſentlichen Effektmitteln zu unterfcheiden vermag und imſtande iſt, das chriſtozentriſche muſtiſche Weſen unſeres Aultlebens in feiner ganzen Tiefe zu erfaſſen, dann wird er mit Pius X. „überzeugt fein, daß auch der feſtliche Gottesdienſt nichts an Feierlichkeit verliert, wenn er auch nur von gregorianiſcher Mufik begleitet iſt“!.

Oftern ift das höchſte Freudenfeſt des Kirchenjahres und der Introitus von Oftern gehört zu jenen Befängen, die in der gregorianiſchen Faſſung wirklich dem Der- ſtändnis Schwierigkeit bereiten. Aber wenn wir den chriſtozentriſchen Charakter der Liturgie verſtehen und, von der ganzen Tiefe dieſes Gedankens erfüllt, uns in die Seele des Auferftandenen einfühlen und mit ihm das innige Gebet zum Dater ſprechen: Resurrexi et adhuc tecum sum... „Erftanden bin ich und mit dir ver- eint... wer von uns möchte eine andere Weiſe wünſchen als die einſtimmige, diatoniſche, freirhuthmiſche, hupophrugiſche der alten Kirche mit ihrem ſtill verhaltenen ſeligen Jubel und ihrer ganzen heimlichen Innerlidkeit und Innigkeit? Wer hier die Mehrſtimmigkeit und die Chromatik und den Taktrhuthmus und das Dur oder moll und die orcheſtrale Farbenpracht der modernen Tonkunſt ſchmerzlich vermißt, darf es nicht übel nehmen, wenn man die Tiefe Jeines Derftändniffes für die chriſto⸗ zentriſche Liturgie in Zweifel zu ziehen wagt.

Wenn Richard Wagner im Parfifal das Wort des Herrn von der Einfegung des heiligen Abendmahls vertont, wird er einſtimmig und freirhuthmiſch und dia⸗ toniſch letzteres wenigſtens im erſten Satze. Die begleitenden Celli und Bäſſe wagen nur zitternd in der Tiefe die harmonie mehr anzudeuten als klingen zu laſſen aus Ehrfurcht vor der Heiligkeit des herrenwortes. So verfährt der Meifter von Bayreuth nur aus künftlerifhen Rückſichten. Wenn er aber beffer mit dem gregorianiſchen Choral vertraut geweſen wäre, und wenn er das Glück gehabt hätte, katholiſch und mit den großen und tiefen Gedanken unferer heiligen Liturgie er- füllt zu fein und die ganze großartige Myftik des chriſtozentriſch kirchlichen Gebets- und Opferlebens erfaſſen zu können gewiß wäre er unſeren ehrwürdigen litur⸗ giſchen Weiſen noch näher gekommen.

Ohne Zweifel gibt es genug Katholiken, die trotz ihrer Bekanntſchaft mit unſerem herrlichen Gottesdienſt und trotz ihrer künſtleriſchen Feinfühligkeit ja vielleicht gerade wegen dieſer Rünſtleriſchen Feinfühligkeit noch kein inneres Verhältnis zum gregorianiſchen Seſang gefunden haben. Die Orte ſind eben zu zählen, an denen ein muſtergültiger Choral zu hören iſt. Wenn aber einmal unſere Kirchenchöre an⸗ fangen, mit derſelben Liebe und mit demſelben Zeitaufwand die früh- chriſtlichen heiligen bieder zu üben und zu pflegen wie ſeither die ſpäteren Stilarten, dann wird ſich bald im Volke das Urteil zugunſten dieſer herrlichen ehr⸗ würdigen Aunft ändern.

Damit ſoll keineswegs einer Verdrängung der neueren Mufik aus dem litur« giſchen Kottesdienft das Wort geredet werden. Aber es gilt dem gregorianiſchen Choral ſein Anſehen und ſeinen Rang und eine ſeinem Rang entſprechende Pflege zu ſichern. Auch darf nicht die Meinung aufkommen, als ſeien etwaige Mängel der altchriſtlichen Aunft, oder ihr Ungenügen gegenüber berechtigten Anſprüchen einer neuen Zeit, oder die Unmöglichkeit eines Verzichtes auf die Reize der neueren muſik die Urſache, warum von der Kirche für den liturgiſchen Gottesdienſt auch der Paleſtrinaſtil empfohlen und die moderne Tonkunſt zugelaſſen iſt. Die klaſſiſche Dokalpolyphonie findet die Anerkennung der höchſten kirchlichen Autorität, weil fie in hohem Maße den von Pius X. aufgeſtellten Vorbedingungen würdiger Kirchen.

Motu proprio vom 22. November 1903. Nr. 3.

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muſik erfüllt. Ift in ihr auch nicht die ideale höhe der altkirchlichen Kunſt erreicht, fo „ſchließt fie ſich doch aufs innigſte an das oberſte Vorbild und Muſter, den gre⸗ gorianiſchen Seſang an““. Die neuere Mufik endlich iſt in der Giturgie „zugelaſſen“. „Die Kirche hat den Fortſchritt der Künſte immer anerkannt, ja denſelben gefördert. Alles, was der Beift im Laufe der Zeiten Schönes und Gutes ſchuf, zog ſie freilich nach Maßgabe der liturgiſchen Befege in ihren Dienſt. Unter dieſem Geſichts⸗ punkte iſt auch die neuere Tonkunſt im Gotteshauſe zuläffig. hat fie ja doch auch Werke aufzuweiſen, die an Büte, Ernft und Würde nichts zu wünſchen übrig laſſen und in keinem Stücke gegen den liturgiſchen Geift verſtoßen. Weil jedoch die moderne Mufik aus profanen Schöpfungen hervorgegangen ift, muß man bei ihrer Derwendung Vorſicht gebrauchen. Es ſoll daher nur ſolchen Rom⸗ pofitionen neueren Stils die Pforte des Gotteshauſes offen ſtehen, die nichts Welt- liches enthalten, nicht an das Theater erinnern und auch in ihrer Form nichts mit den profanen Werken gemein haben““.

Das klingt doch anders als van Ackens oben angeführte Sätze. Die Kirche hat ſich in ihrem Verhältnis zur nachgregorianiſchen Tonkunſt immer auf dieſen mütter⸗ lich liebenden und duldenden Standpunkt geſtellt. Wenn ſie auch die frühchriſtliche Sangesweife mit ihren dienend ſich der Liturgie einorönenden, betend das heilige Texteswort tragenden und ehrfurchtsvoll dasſelbe ſchmückenden Melodien als die eigentliche liturgiſche tonkünſtleriſche Mutterſprache betrachtete und als koſtbaren Schatz hütete und für alle Bedürfniſſe als ausreichend erklärte, ſo wurden doch die Rünftler aller Zeiten mit mütterlicher Liebe aufgenommen und eingeladen, in heiligem Wettſtreit zu zeigen, inwieweit die fortſchreitenden künſtleriſchen Mittel das erreichen, was gregorianiſche Einfachheit und Größe fo unübertrefflich geleiſtet hatte. Das Ideal war vorhanden. Wie ein leuchtender Edelftein funkelte der koſtbare Schatz der altchriſtlichen 8eſänge. Liebend hält ihn die treue Hüterin der herandrängen- den Bünftlerfhar entgegen und ruft ihnen zu: „Rommet und ſehet und bemüht euch, mit euren kontrapunktifhen Künſten und eurer harmoniſchen Farbenpracht, mit eurer Chromatik und Polurhuthmik, mit euren Streichern und Bläſern fo chriſto⸗ zentriſch ſingend zu beten und betend zu ſingen, wie eine untergegangene helden⸗ zeit es vermochte!“

Es war eine ſchöne und erhabene Hufgabe, die die Kirche ſtellte. Wie großartig hat fie durch die Jahrhunderte mit dieſer Aufgabe die Tonkunſt gefördert! Hunderte und Taufende der beſten Romponiften haben ſich immer wieder an die Arbeit gemacht. Freudig und dankbar hat die Mutter die Gaben ihrer Kinder aufgenommen. Sie war nie kleinlich und engherzig. Uur wenn Unheiliges und Lafzives ſich ein- ſchleichen wollte, hat ſte abgewehrt. Unvergängliches iſt in allen Stilarten geleiſtet worden. Aber unerreicht in ſeiner einzigartigen Einfachheit und Größe ſteht immer noch der gregorianiſche Choral am erſten Platz im Beiligtum der Liturgie.

Ob die Tonkunſt von heute und von morgen der von der Kirche geftellten Aufgabe beſſer gerecht werden kann als in den ſieben letzten Jahrhunderten? Dan Acken bejaht die Frage vertrauensvoll und hoffnungsſelig. Er meint ſogar fie könne den Princeps mu- sicae überflügeln: „Schon weil die neue liturgiſche Mufik im Gegen⸗ ſatz zur ſtrengen ktontrapunktik (Paleftrinas) die Schärfe der Rhuthmik zu mildern und vor allem den Textworten wahrhaft gerecht zu werden vermag, kann fie ein viel innigeres Verhältnis zur Liturgie und auch zum frühchriſtlichen, freirhuthmiſchen und terthebenden Choral ein⸗

Motu proprio Pius’ X. n. 4. 2 Ebd. n. 4.

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gehen als jene. Eine neue, tief liturgiſch gedachte Tonkunft wird fo im Verein mit dem älteften Choral wieder zur ftrafferen, wenn auch nicht abſoluten Einheit von Inhalt und Form in der Meßopfermufik führen. Das ift ein großer Gewinn der Zeitgleichung, Frühchriſten⸗ tum und Gegenwart“.

Pius X. ſtellt den Paläſtrinaſtil höher als alle andere nachgre⸗ gorianiſche Muſik. Doch iſt das nur ein ſcheinbarer Widerſpruch zu van Acken. Derſchiedene Anzeichen deuten darauf hin, daß wirklich die neueſte Tonkunft wieder mehr vom gregorianiſchen Choral lernen will, alſo vielleicht mit dem Altargeſang des Prieſters ſich ſtilvoller verbinden kann als felbft die klaſſiſche Dokalpolyphonie und um ſo mehr als die ſpätere Kirchenmuſik. Möge ſich dieſes Lernen vom Choral nicht bloß auf formale Eigentümlichkeiten erftrecken. Die Seele des frühchriſtlichen Befanges ift feine chriſtozentriſche Innerlich⸗ keit, fein Beten mit Chriftus zum Dater, fein von allem Spekulieren auf die Sinnlichkeit, von aller eiteln Selbſtbeſpiegelung und von allem Buhlen um den Beifall der Maſſen reines, ſelbſtloſes Eingehen auf das Wollen der Liturgie.

Die Mufik war von jeher ein getreuer Spiegel ihrer Zeit. Seit dem ausgehenden Mittelalter entzieht ſich die chriſtliche Gefell- ſchaft mehr und mehr dem Einfluß des Chriſtusgedankens und damit auch ſeiner einigenden und gemeinſchaftbildenden Macht. Die Welt⸗ anſchauung und mit ihr die Tonkunft wird anthropozentriſch und egozentriſch, fie kreiſt um den Menſchen und das Ich. Die Cofung der altchriſtlichen Mufik war: Te decet laus, te decet hymnus, tibi Gloria, Deo Patri et Filio cum Sancto Spiritu, „Dir gebührt Cob, Dir Preisgefang, Dir Verherrlichung, Dir dem Dater und dem Sohne mit dem hl. Geiſte“!. Sie dachte und fühlte und fang theozentriſch und chriſtozentriſch. Der neuzeitliche Tonkünftler fragt: Wie be⸗ friedige ich mein religiöfes Bedürfnis? Wie ſpreche ich mein eigenes perſönliches Empfinden aus? Das iſt der egozentriſche Individualismus und Subjektivismus der neuen Zeit. Er klang auch aus den Befängen an gottgeweihter Stätte. Kein Wunder, wenn dieſe mit Citurgie und gregorianiſcher Kunſt eine befriedigende Einheit nicht bilden konnten.

Die Liturgie iſt theozentriſch wie das wahre Chriſtentum überhaupt. Sie iſt die Offenbarung einer vom Ich unabhängigen, übernatürlichen Wirklichkeit. Der hl. Johannes ſieht auf Patmos, wie fie ſich herabneigt: Vidi civitatem sanctam Jerusalem novam

Alte chriſtliche Doxologie der Apoſt. ftonſtitutionen nach dem Benediktinerbrevier (vgl. Regel des hl. Benedikt Rap. 11). ö

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descendentem de coelo a Deo. „Ich ſah die heilige Stadt, das neue geruſalem aus dem Himmel von Gott herabkommen.“ Die Kirche ſingt dieſe Worte und wendet ſie an auf den liturgiſch geweihten Raum. Die Liturgie iſt nicht eine konſtruktion des Ich. Sie gehört zu jenen iustificationes Dei, zu jenen Rechtsanſprüchen und Rechts⸗ offenbarungen Gottes, von denen der längſte der Pſalmen nicht müde wird zu fingen. Da heißt es eben auch für die Jünger der neueren Tonkunft, die der ktirchenmuſik ſich widmen wollen wie im Evangelium: ue ere, „denkt um!“ Fragt nicht beim Komponieren der litur⸗ giſchen Texte: Wie befriedige ich mein religiöfes Bedürfnis? auch nicht: Wie kann ich hier mein perſönliches Ich und mein Innenleben offenbaren? Auch nicht: Wie ernte ich eine günſtige kritik und reichen Beifall? ga nicht einmal: Wie werde ich die Leute in eine fromme Stimmung verſetzen? Sondern vielmehr: Wie betet Chriſtus der ewige hoheprieſter dieſe Worte? Wie verherrlicht Chriſtus und mit ihm das corpus Christi mysticum in dieſen Worten den Allerhöchſten? Wie faßt der gregorianiſche Choral dieſen Text auf? Welche Aufgabe, welche Stelle hat dieſer Befang im Rahmen des liturgiſchen Dramas? Die verträgt er ſich mit dem Stil des gregorianiſchen Prieſtergeſanges am Altare? Und wenn es ſich um Gloria, fredo oder Sanktus han⸗ delt: wie ſchließt er ſich an die Intonation des Felebranten an? |

Die Meßgefänge müſſen aus der gläubig, verſtändnisvoll und lie⸗ bend erfaßten und erlebten Meßliturgie heraus- und in den litur⸗ giſchen Rahmen hineinkomponiert fein. Aus der Liturgie und in Einheit mit der Liturgie iſt der Choral entſtanden. Auf die gre⸗ gorianifchen Komponiſten wirkte die Rückſicht auf die liturgiſche Stel⸗ lung und Umgebung der Geſänge ebenſo beſtimmend ein, wie die Rückſicht auf den Text und feinen Inhalt. Ein und derfelbe Text wurde in verſchiedene Melodien gekleidet, wenn er in der Meß⸗ liturgie an verſchiedenen Stellen erſchien. Das Ad te levavi hat eine andere Singweiſe, wenn es am erſten Advents ſonntag als Introitus den Einzug der Prieſterſchaft, und anders wenn es als Offertorium den Opfergang der Gläubigen zu begleiten hat. Dies Formgeſetz gilt nicht nur, wenn es ſich um einen Befangstezt handelt, der in einer und derſelben meſſe zweimal vorgetragen werden foll, wo man das Bedürfnis nach Abwechslung als Grund anführen könnte. Der Pfalm: vers Os justi wird muſtkaliſch anders gedeutet, wenn er am Feſte eines gewöhnlichen Bekenners als Introitus und anders, wenn er am Feſte eines Rirchenlehrers als Braduale Derwendung findet. Die liturgiſche Stellung wirkt formgebend und ſtilbildend im

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gregorianiſchen Choral. Dies Geſetz geht ſogar ſoweit, daß zwei ver⸗ ſchiedene Texte eine und dieſelbe Melodie erhalten können, wenn ſie die nämliche Aufgabe in der Liturgie zu erfüllen haben.

So ſteht ſchon in den Handͤſchriften des erſten Jahrtauſends, alſo in der Blüte⸗ zeit des Chorals, die nämliche, prächtige Melodie verzeichnet für die beiden Offer⸗ toriumsgeſänge Stetit angelus (Engelfefte) und Justorum animae (Martyrerfefte) und es iſt nicht leicht zu Jagen, für welchen der beiden Texte die Dertonung ur⸗ ſprünglich beſtimmt war. Ja, zwei nach dem heutigen Empfinden ſo auseinander gehende Gefänge, wie das Haec dies an Oſtern und das Requiem aeternam aus dem Totengottesdienft haben dieſelbe Melodie. Sie haben dieſelbe liturgiſche Stellung als &raduale zwiſchen den bibliſchen beſungen der Vormeſſe.

Wir find in einem ſolchen Falle fofort bereit, ein künſtleriſches Minderwertigkeits- urteil zu ſprechen. Und doch wäre das ſehr voreilig. KRünſtleriſch minderwertig müßte man das Derfahren ſicher nennen, wenn die beiden Seſänge trotz der an⸗ ſcheinenden Derſchiedenheit nicht ſo vieles miteinander gemeinſam hätten und wenn ein Text ganz wahllos und rein mechaniſch in eine beſtehende melodiſche Form gepreßt würde. Aber das iſt in der gregorianiſchen Blütezeit nicht der Fall geweſen. Vielmehr enthält die Auswahl ſolcher Texte und Melodien und die Art ihrer An⸗ paſſung ſo viele künſtleriſche Feinheiten, daß wir ſehr beſcheiden ſein müſſen mit unſerer Kritik“. Gemeinſam haben die beiden Seſangſtücke zunächſt die Stellung in der biturgie und darauf kommt es hier in erſter Pinie an, zu ſehen, wie die gregorianiſchen Künſtler aus der Liturgie heraus und in Einheit mit der Liturgie gearbeitet haben. Bemeinfam haben die beiden Gradualgeſänge aber auch den Gedanken und den Sefühlsinhalt. Wir dürfen nur nicht den anthropozentriſchen und egozentriſchen Standpunkt der nachgregorianiſchen Mufik einnehmen, ſondern müſſen Ernft machen mit dem chriſtozentriſchen Weſen der Liturgie und die Ronſequenzen aus ihm ziehen: Oſterfreude und Totentrauer liegen beim erſten Anblick weit aus⸗ einander. Aber Ofterliturgie und Totenliturgie bieten uns ein und denſelben Ge- danken und ein und dasſelbe gefühlsbetonte Erlebnis, das eine Mal als Grund unferer Freude, das andere Mal als Quell unferes Troftes: den Glauben an den Auferftandenen und die hoffnung auf unſere Auferftehung. Es iſt derſelbe verklärte Chriſtus, der mit feinem muſtiſchen Leibe vereint das Requiem aeternam und das Haec dies betend ſingt. Derſelbe verklärte Chriſtus, der fein eigenes Grab und das Srab der mit ihm in der Liturgie vereinten Chriſten aus einer Siegesſtätte des Todes zu einer Pforte des Lebens umgeſchaffen hat. Unſer abſprechendes Urteil war alſo verfrüht.

Die Choralkomponiften lebten mit der Liturgie und fangen für die Liturgie. Dagegen darf ſelbſt unſeren großen und größten Meß⸗ komponiſten die herbe kritik nicht erſpart bleiben, daß fie in dem hei⸗ ligſten Muſikdrama einzelne Gefangstezte ohne Rückſicht auf den liturgiſchen Juſammenhang und ohne Derftändnis der litur— giſchen Abſichten vertonten. Das zeigt ein Vergleich der grego⸗ rianiſchen und nachgregorianiſchen kredoauffaſſung.

Im vatikaniſchen Graduale ſtehen vier verſchiedene kiompoſitionen des nizäniſchen Glaubensbekenntniſſes. Sie alle haben gemeinſam die einfache, rezitativartige Melodiebildung. Die Sätze find ähnlich

1 Vergl. dazu: P. Dominikus gohner, neue Schule des gregorianifchen Choralgeſanges“ (1921) Regensburg, Puſtet. 8. 140 f. f

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behandelt wie die Derfe der Pfalmodie, aber ohne die ſtrenge Regel- mäßigkeit der Wiederholung. Eine einzige Brundftimmung durchzieht das Ganze. Bei aller Einfachheit ift aber die Dertonung fo kunſtvoll, daß ſich der umfangreiche Text ohne Ermüdung und ohne den Ein- druck der Dürftigkeit oder öder, langweiliger Gleichförmigkeit zu wecken, zu Ende fingen läßt. Das entſpricht der Nuffaſſung der biturgie. Sie betrachtet das kiredo als einfaches Bekenntnis des Glaubens, als Ausdruck der einen Srundftimmung, die alle die ver⸗ ſchiedenen Wahrheiten mit derſelben Bereitwilligkeit und Dankbarkeit annimmt. Im Gegenfag dazu behandeln die meiſten nachgregoria⸗ niſchen Komponiſten das nizäniſche Glaubensbekenntnis als ein weit⸗ ausgedehntes Feld, auf dem alle Gefühle des Menſchenherzens ſich tummeln dürfen. Freude und Leid, Hoffnung und Furcht, jubelndes Frohlocken und düſteres Derzagen wechſeln miteinander ab. Jeder Slaubens artikel löſt andere Empfindungen aus. Das ift aber nicht das liturgifche Slaubensbekenntnis, ſondern eine empfindungsſelige Betrachtung über die einzelnen Dogmen, die die Sänger ermüdet, die 8emeinde aufhält und zerftreut, die Liturgie ſtört und zerreißt, den Prieſter am Altar veranlaßt, entweder die Mleffe über Gebühr auszudehnen oder was noch ſchlimmer iſt den wichtigen erſten Hauptteil der Meßliturgie, die Opferung, ſtill für fi vorzunehmen, ohne daß das Dolk dem Geſange lauſchend fi daran beteiligt. Das alles, weil der Tonſetzer feine Aufgabe verkehrt aufgefaßt und die felbftverftändliche Forderung nicht erfüllt hat, aus der Liturgie und für die Liturgie zu komponieren.

Das iſt aber nicht etwa eine Forderung, die von außerkünſtleriſchen Rückſichten diktiert wird. Stellen wir uns nur auf den rein äſthe⸗ tiſchen Standpunkt: der echte Künſtler betrachtet die Teile eines künftlerifhen Ganzen, nicht als ſelbſtändige Einheiten, die getrennt voneinander für ſich eine Sonderexiſtenz führen. Die Sätze einer Sonate, einer Symphonie, die Szenen eines Dramas ſtehen unter⸗ einander in einem Abhängigkeitsverhältnis, das nicht ungeſtraft außer acht gelaſſen werden kann. Der kiomponiſt einer „Meſſe“, die nicht für den onzertſaal, ſondern für die Liturgie beſtimmt iſt, ſteht vor den Teilen einer künſtleriſchen Einheit. Die künſtleriſche Einheit nun wird von den meiſten Rirchenmufikern verkehrt aufgefaßt als die Suitenform, die man feit dem fünfzehnten Jahrhundert „Meſſe“ nennt“, alfo die Zufammenftellung der fünf Geſänge (Ayrie, Gloria, ktredo,

gl. P. Wagner, Geſchichte der Meſſe. 1. Teil. Peipzig 1918, Breitkopf & Härtel. 8. 22 ff.

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Sanktus mit Benediktus und Agnus Dei), die in den neuen litur⸗ giſchen Büchern als Ordinarium missae im Anhang zum Graduale aufgeführt werden. Es iſt bezeichnend, daß dieſer Begriff der muſika⸗ liſchen „Meſſe“ erſt der Zeit des ausgehenden Mittelalters entſtammt, alfo einer Zeit, da das anthropozentriſche Denken ſchon ſoweit das geiſtige Band der gemeinſchaftbildenden Liturgie gelockert hatte, daß weite Rreife zum Abfall reif waren. Solange noch das Volk und feine geiſtigen Führer, namentlich die Künſtler aus der Liturgie und mit der Liturgie lebten, war ihnen das heilige Muſikdrama der Meſſe eine lebensvolle Einheit, die ſich nicht ſtillos zerſtückeln ließ. Noch im gahre 1500 wurde in Baſel ein Graduale gedruckt, in dem die einzelnen Stücke des ſpäteren Ordinarium missae noch nicht im Zuſammenhang aufgeführt werden!. Die vollſtändige Missa cantata, die wir gewöhnlich Hochamt nennen, iſt ein einziges künſtleriſches Ganzes, die große Einheit, die der Tonkünftler im Ruge haben muß. Dazu gehören außer kiurie und Gloria etc. noch die wechſelnden Meßgefänge Introitus, Graduale uſw. die prieſterlichen Befänge, die geſungenen Gebete und Lefungen und vor allem die heilige Opfer⸗ handlung, die den Weſenskern des ganzen Dramas bildet. Soll nun die Srundvorausſetzung der Kirchenmuſik erfüllt werden, die auch das Motu proprio Pius“ X. an die Spitze ſtellt, nämlich daß alle litur⸗ giſchen kkompoſitionen echte und wahre Aunft bieten, dann muß fi der Tondichter des Juſammenhangs aller einzelnen Gefangsftücke mit dem künſtleriſchen Banzen bewußt bleiben, er darf nichts bringen, was aus dem liturgiſchen Stil herausfällt und die im Opfer des ewigen Hohenprieſters gipfelnde Einheit zerſtört. Das iſt der künſt⸗ leriſche Sinn des chriſtozentriſchen Programmes. Wird nun aber, wie es faſt die geſamte neuere Muſik getan hat, das kiredo oder überhaupt das Ordinarium missae im Gegenſatz zu den litur⸗ giſch wichtigeren Wechſelgeſängen grundlos einſeitig betont und un⸗ gebührlich weitſchweifig behandelt, ſo iſt das nicht nur ein Fehler gegen liturgiſche Regeln, ſondern ein Derftoß gegen eine grundlegende Forderung der Äfthetik.

Es wäre nun eine ſchöne und ſehr dankbare Aufgabe für den ſchon mehrfach totgeſagten Cäcilienverein, dieſe Forderung des neuer⸗ wachten liturgiſchen Sinnes aufzugreifen und damit feinen Jüngern eine lebenskräftige Cofung zu geben: Die Meßgeſänge mit der ganzen Meßliturgie als künſtleriſche Einheit. Wenn aber

Wagner, a. a. O. 8. 24.

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dieſe Forderung künſtleriſcher Einheit für das höchſte und heiligſte Hiufikdrama begründet ift und ich glaube nicht, daß ſich dagegen ſtichhaltige Einwendungen erheben laſſen dann iſt es einfache, un⸗ entrinnbare fonſequenz, daß man ſich van Ackens Satz zu eigen macht: „Das Ergebnis iſt alfo, daß wir zur Ausprägung eines Gegen⸗ warts=, d. i. chriſtozentriſchen Programms die Anknüpfung an das Frühchriſtentum ſuchen müſſen“. Der Erkenntnis kann ſich ja nie⸗ mand verſchließen, daß die künſtleriſche Einheit der Meßgeſänge auch den Prieſtergeſang berückſichten muß. Nun ſingt aber der Prieſter ausſchließlich den frühchriſtlichen Choral, und einzelne Stücke des Ordinarium missae werden vom Zelebranten im nämlichen gregori⸗ aniſchen Stil eingeleitet. ä

Der Mozartbiograph gahn fchreibt! bei der Beſprechung der Meß⸗ kompoſition des großen klaſſiſchen Tonkünſtlers: „Das Credo bot un: verkennbar für die muſikaliſche Behandlung die größte Schwierigkeit dar. Es iſt unmöglich, einen einzigen langen Satz, deſſen einzelne Teile zwar in einer ſehr einfachen Struktur nur aneinander gehängt, aber von dem mit Nachdruck vorangeſtellten hauptverbum abhängig und grammatiſch wie logiſch nur durch das Bewußtſein dieſer Ab⸗ hängigkeit verſtändlich find, muſikaliſch fo darzuſtellen, daß dieſer Zuſammenhang dem Zuhörer ſtets gegenwärtig bleibe.“ Was dem modernen Muſiker „unmöglich“ ſcheint, hat der Choral möglich ge⸗ gemacht. Durch die oben ſchon beleuchtete pſalmartige Dertonung hat der gregorianiſche Bünftler einen ſtraffen Fuſammenhalt und eine überſichtliche Satzeinheit geſchaffen. Die Gleichheit des Stiles und der Tonart verbindet nun aber auch die gregorianiſche Faſſung eng mit der prieſterlichen Intonation und ſchließt das „mit Nachdruck voran⸗ geſtellte Hauptverbum” credo derart glücklich mit dem patrem omni- potentem zuſammen, daß das Problem wirklich als reſtlos gelöſt betrachtet werden muß.

Unter diefem Geſichtspunkt gewinnt das liturgiſche Erundgeſetz Pius X. an künſtleriſcher Bedeutung: „Eine kirchenmuſikaliſche kompo= ſition iſt um ſo heiliger und liturgiſcher, je mehr ſie ſich in ihrer Bewegung, in ihrem Denken und Empfinden an die gregorianiſchen Melodien anlehnt. Und umgekehrt, je mehr fie von dieſem vollkommenſten Vorbild abweicht, deſto weniger verdient fie, in der kirche aufgeführt zu werden.“?

Otto Jahn, W. A. Mozart. Leipzig 1856, Breitkopf & Härtel. I 8. 454. Die neue Bearbeitung von Abert war mir nicht zugänglich. o Motu proprio n. 3.

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Übrigens fo ſehr auch van Acken dieſes Geſetz der künſtleriſch - liturgiſchen Einheit und der Ausprägung der liturgiſchen Abſichten in der Aunft im allgemeinen und im Seſang insbeſondere betont, fo ſcheint er mir in einem Punkte doch felbft dagegen zu fehlen. An mehreren Stellen (fo beſonders 8. 90 ff.) ſpricht er den Gedanken aus: die Meßliturgie iſt ein Drama. Es geht eine dramatiſche Steigerung vom Anfang bis zur hl. Wandlung und ommunion. Dieſe Steigerung muß auch in der Mufik zum Ausdruck kommen. Auch die muſikaliſche Entwicklungslinie muß eine anfteigende fein vom Introitus bis zum heiligſten Augenblick der Opferhand- lung. Sanktus und Benediktus müſſen der höhepunkt der KRompoſition ſein und in der Architektur der zentralen Raumſteigerung in dem Kuppelgewölbe über dem Altar entſprechen.

Nun liegt ja unverkennbar im Gang der Meßliturgie eine dramatiſche Steigerung. Aber der Schluß, daß dieſe Steigerung notwendig auch in der Muſik an derſelben Stelle zu einem höhepunkt führen müſſe, iſt nicht einfachhin berechtigt. Das Drama der hl. Meffe iſt nicht in dieſem Sinne ein Mufikdrama, daß jeder Einzelvorgang während der hl. Handlung unbedingt der Mufik als ihres einzigen Ausdrucksmittels bedürfte, wie das nach Nietzſche „aus dem Geiſte der Tonkunſt geborene“ Ge- ſamtkunſtwerk Richard Wagners. Die Liturgie hat noch andere Zungen, um zu Bott und zu uns zu reden und ihre Wirkungen zu erzielen. Don vornherein wird man annehmen dürfen, daß der mit der Liturgie entſtandene gregorianiſche Choral der beſte Dolmetſch der liturgiſch⸗muſtkaliſchen Abſichten iſt. hat doch auch Pius X. den normgebenden Charakter des altchriſtlichen Befanges autoritativ feſtgeſtellt. Bei näherem Zuſehen entdeckt man denn auch wirklich, daß der Choral nicht im Sanktus, ſondern im Graduale feinen höhepunkt erreicht. Die Vormeſſe iſt nach der Abſicht der Kirche hauptſächlich Gebets- und Erbauungsgottesdienft, der ſich ſteigert bis zu den bibliſchen beſungen und zwiſchen Epiftel und Evangelium mit dem gefühlsbetonteſten der gregorianiſchen Lieder die ganze von der Schrift⸗ leſung begeiſterte Seele auszuſingen einladet. Init dem Beginn der „Gläubigen⸗ meſſe“ tritt der Anteil der Mufik an der dramatiſchen Entwicklung etwas zurück und beim Höhepunkt der Liturgie hüllt ſich die Tonkunſt vollſtändig in Schweigen und wirkt ſo auf negative Art mit, den dramatiſchen Gipfel der Opferhanoͤlung zum klaren Bewußtſein zu bringen.

Die Forderung künſtleriſcher und ſtiliſtiſcher Einheit, dienender Ein⸗ ordnung in den Rahmen der Liturgie, geiftiger Anlehnung und An⸗ paſſung an den gregorianifchen Choral, insbeſondere an den Prieſter⸗ geſang, kurz das ganze chriſtozentriſche Programm richtete ſich ſeit⸗ her vorzugsweife an den komponierenden Kirchenmuſiker. Es iſt aber das ESigentümliche der Mufik, daß ihre Meiſterwerke nicht nur eines Rünftlers zur Entſtehung, ſondern auch eines Bünftlers zur Belebung bedürfen. Sogar einer ganzen Schar von Künſtlern bedürfen manche Werke, um tönendes Leben zu gewinnen. Zu dieſen Werken gehört das Aunftwerk der Giturgie. Der Chordirigent mit feinen Sängern, der Organiſt, die Prieſterſchaft am Altar, das Volk und die unſichtbare, das Zentrum bildende verklärte Per- fon des ewigen Hohenprieſters alle dieſe Faktoren müſſen zuſammen⸗ arbeiten, und nur aus ihrem harmoniſchen Juſammenwirken entſteht das ideale heilige Drama des liturgiſchen Opfers.

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Der liturgifhe Meßgefang iſt nicht in vollem Sinne chriſtozentriſch, mag er dem kiomponiſten auch noch ſo vollkommen gelungen ſein, wenn er nicht auch von den ausführenden Organen chriſtozen⸗ triſch als Teil der Liturgie, als Stück der euchariſtiſchen Opfergabe empfunden und dargebracht wird. Es wird berichtet, daß der hol⸗ ländiſche Cäcilienverein ſich gerade dieſen Teil des chriſtozentriſchen ktirchen muſikprogramms in befonderer Weiſe zur Derwirklichung vor⸗ geſetzt habe. Dort bilden die einzelnen Rirhendhöre euchari— ſtiſche oder liturgiſche Bruderſchaften. Mitglieder ſind gläubige ktatholiken, die erfüllt von dem Streben nach möglichſt inniger ak⸗ tiver Teilnahme am kirchlichen Opfergottesdienft ſich zu täglicher oder doch ſonntäglicher Kommunion verpflichten. haben die Leiter der holländiſchen Pfarrcäcilienvereine die Wahl zwiſchen guten Sängern, die keine eifrigen Katholiken find, und guten kiatholiken, die weniger gute Sänger find, fo werden die eifrigen Ratholiken den guten Sängern vorgezogen. Die Sänger und ihre Dirigenten betrachten ihre künftlerifhe Aufgabe als einen Akt der Frömmigkeit. Der Geſang it ihnen geſteigertes Gebet. Sie werden angeleitet, die liturgiſchen Weiſen als Vorbereitung zur hl. kommunion und als Dankfagung zu fingen, wie es ja auch der Wunſch der Kirche iſt. Das verleiht ihrem Geſang eine übernatürliche Weihe, die in einem ſeelenvollen, gottbegeiſterten Vortrag ſich ausprägt und im tiefſten Grunde das Geheimnis chriſtozentriſcher Tonkunſt bildet.

Dieſes Singen aus innerer Teilnahme an der Liturgie heraus, dieſes Neugeborenwerden der liturgiſchen Befänge aus dem Herzen einer mit der Liturgie betenden und opfernden und kommuni⸗ zierenden Sängerſchar, das müßte auch bei uns das Ziel des Cäcilienvereines werden. In drei Stufen vollzieht fi nämlich die Teilnahme an der Liturgie: Junächſt im’ ftillen Beten und Opfern mit dem zelebrierenden Prieſter und im Empfang der hl. Rommunion ſofort nach der Priefterkommunion. Auf einer zweiten Stufe könnte ein enggeſchloſſener kreis von Teilnehmern laut dem Prieſter anſtatt des Miniſtranten oder mit dem Miniſtranten antworten und auch jene Teile mit dem Prieſter laut beten, die im hochamt vom Chor zu fingen find. Auch könnte das Mitopfern durch Darbringung der zu konſekrierenden kleinen Hoſtien beim Offertorium zum Ausdruck gebracht werden. Daß dieſe Form der Missa recitata nicht von der bekannten ktundgebung der Ritenkongregation! betroffen wird, zeigt eine Erklärung im Osservatore Romano u. a. mit dem Satze, „eine

Vom 4. Huguft 1922. Acta Apostol. Sedis. 1922. 8. 505.

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ſolche Ruffaſſung würde zu der abfurden Annahme führen, daß man während der hl. Mleffe alle möglichen außerliturgiſchen Gebete laut verrichten dürfe, (den fo oft als ſtörend empfundenen Rofenkranz, bitaneien, Rirchenlieder in der Dandesſprache) nur nicht die litur⸗ giſchen Sebete!.“ Endlich befteht ein dritter Srad von aktiver Teil- nahme an der Liturgie im betenden Singen der Meßgeſangstezte und dieſe dritte Art der Teilnahme an der Liturgie wäre die beſondere Aufgabe der Kirchenchöre und der Pfarrcäcilienvereine. So erſchiene der liturgiſche Seſang nicht als bloßes Ornament des Pfarrgottes- dienſtes, auch nicht als bloßes Erbauungsmittel für die Pfarrgemeinde, fondern als Ausdruck chriſtozentriſcher liturgiſch⸗ orientierter Frömmig⸗ Reit, als Betätigung des von innen aus den tiefſten muſtiſchen Quellen unſerer heiligen Religion erneuerten allgemeinen Prieſtertums. Das Amtsprieſtertum aber, das verfaſſungsgemäß den Dorftand der Pfarrcäcilienvereine bildet, wäre berufen, die Verwirklichung dieſes idealen Zieles in die Wege zu leiten.

Der Amtsprieſter kommt aber hier nicht bloß als Dorftand des Cäcilienvereins in Betracht. Er iſt in der Liturgie der erſte Sänger und der erſte Soliſt. mit Recht ſchließt van Acken darum feine Schrift mit einem zwar ſehr kurzen, aber ſehr wichtigen Kapitel über „Die Mitwirkung des opfernden Prieſters am chriſtozen⸗ triſchen Runftwerk.“ In der prieſterlichen Erziehung wird großer Nachdruck auf die Pflege der Innerlichkeit im gottesdienſtlichen Leben gelegt. Das iſt auch unbeſtritten die Hhauptſache, die Seele alles äußeren Tuns. Was nun dieſes äußere Tun betrifft, fo ſchärfen die Organe der klerikalen Bildung in der Regel nur Gewiſſenhaftigkeit und Genauigkeit in der Beobachtung der Brevier⸗ und Meßrubriken ein. Daß aber die Liturgie eine äſthetiſche Seite hat, und daß bei dem öffentlichen Dortrag der Gebete und Lefungen, der Präfation und des Pater nofter, des lte missa est und der anderen Zurufe an das Volk auch tonkünſtleriſche Seſetze zu berückſichtigen find, und daß die Beobachtung dieſer äſthetiſchen und tonkünſtleriſchen Geſetze auch vor Bott und dem Bewilfen eine Bedeutung hat, und daß Nach⸗ läſſigkeit und Gleichgültigkeit auf dieſem Gebiete nicht bloß der eigenen Seele, ſondern auch den Seelen der Pfarrkinder ſchadet das alles wird kaum je betont. Daher die Erſcheinung, daß es „nicht ſelten ſelbſt dem frommen, aller haſt und Geſchäftsmäßigkeit gänzlich fern⸗ bleibenden Diener am Altar an Derftändnis für die künſtleriſche Seite

' it: Revue du Chant gregorien Mai / quni 1923. 8. 180. Ugl. auch Kathol. Kirchenzeitung (Salzburg) 1923. Ur. 24, 8. 196 ff.

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der Liturgie fehlt“. Und doch „ſoll ſich jeder Seiſtliche beim Opferdienſte als nachſchaffenden Künſtler heiligſter Formen: werte fühlen“. Das iſt gerade in gegenwärtiger Zeit eine Sache von nicht zu unterſchätzender Wichtigkeit. Tauſende von Laien, Bebildete und Ungebildete hören heute mehr auf die Predigt der biturgie, der Zeremonien und des Befanges als auf die Predigt von der Hanzel herab. Tauſende nehmen Anſtoß daran, daß im Konzert- faal die Ehrfurcht vor dem kiunſtſinn des Publikums oder vor dem Götzen Mammon oder Eitelkeit zu einer beſſeren Kunſtpflege führt als die Ehrfurcht vor dem Allerhöchſten in der kirche und daß das Mufikdrama im Opernhaus einen ungleich wertvolleren Soliſtengeſang erreicht als im Gotteshaus das heiligſte Drama der Weltgeſchichte. Tauſende beurteilen das Chriſtentum nach der Perſönlichkeit ſeiner offiziellen Dertreter und fagen ſich, es müſſe mit der Wahrheit und Heiligkeit unſerer Religion ſchlecht beſtellt ſein, wenn ſie ihre Diener nicht zu einer ehrfurchtsvollen Vorführung deſſen begeiftern könne,

was fie ihr Beiligftes nennen.

Man darf alſo in der klerikalen Erziehung nicht länger „das Geſetz der Form“ überſehen und die Beſchäftigung mit der Tonkunſt als eine mehr oder minder ver- dãchtige Liebhaberei beurteilen. Einft gehörte die Tonkunſt zu den artes liberales, die im Quadrivium der ſtudierenden Jugend beigebracht wurden. Aber hier klafft in der neuzeitlichen Studienordnung eine Lücke, die nicht bloß im Klerus, ſondern auch von Pädagogen der anderen Fakultäten ſchmerzlich empfunden wird!, beim Theologen aber beſonders verhängnisvoll in die Erſcheinung tritt. In der Liturgie iſt eben die Aunft Ausdruck der Ehrfurcht vor dem Allerhöchſten und der Liebe zu Zott und zu Chriſtus wie zum Nädjften. Dernadläffigung der künſtleriſchen, namentlich der tonkünſtleri⸗ [hen Seite der Giturgie ift demnach Unehrerbietigkeit und Lieblofigkeit gegen Gott und die Menfhen. Mangel an künſtleriſchem Sinne iſt alſo intellektueller oder mo- raliſcher Defekt. Clericus, qui non cantat, non est clericus completus. Dieſes Wort eines mittelalterlichen Theologen ift heute zu überſetzen: Ein Prieſter, der keinen Sinn und Geſchmack für tonkünſtleriſche Schönheit beſitzt, der den ethiſchen und paftoralen Wert der liturgiſchen Mufik nicht [hätt und ſelber in Theorie und Praxis der firchenmuſik ſich nicht auskennt, ein ſolcher Prieſter kann nicht die volle Integrität der prieſterlichen Perſönlichkeit für ſich in Anſpruch nehmen’.

„es genügt nicht, daß der Geiftlihe die liturgiſchen Seſänge ... erbaulich aus- zuführen verſteht. Ein gewiſſes Maß wiſſenſchaftlicher Kenntniffe, die Haupttat⸗ ſachen der kirchenmuſtkaliſchen Geſchichte und die grundlegenden Prinzipien ihrer Theorie follten jedem geläufig fein“. Dieſe Worte ſtehen in der Einleitung zu einer „einführung in die katholiſche Kirchenmuſitk““, die Univerfitätsprofeffor

I Dergi.: hermann ſtretzſchmar, muſikaliſche Zeitfragen. Leipzig Peters (O. J.) 8. 23 ff. und L. Renenberg, Muſtkerziehung und WMufikpflege. Leipzig, Quelle & Meyer. 1921. Das zuletzt genannte Werk entſtammt der Feder des Mufikreferenten im preußifchen Rultusminifterium und verdient Beachtung von feiten der Kirchendehörden und aller, die mit der Erziehung des Klerus betraut find. Es behandelt im erſten Teil die mufikalifche Allgemeinbildung durch Dolksfchule, höhere Lehranftalten und Privatunter- richt; ſodann die mufikafifche Berufsbildung durch eigene Muſikſchulen. Der zweite Teil handelt von der Mufikpflege durch ſchaffende und ausübende Rünftler, durch ſtaatliche und ſtädtiſche Derwaltung.

7 Siehe den Beweis für dieſen Satz aus der Feder eines Theologen, der heute einer unferer angefehen- Nen deutſchen Biſchöfe if. Cäzilienvereinsorgan 1913. S. 204 ff. > Düffeldorf 1919. Schwann.

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Peter Wagner, ein Laie, als Vorträge den Theologen von Freiburg in der Schweiz gehalten hat. Er erörtert zunächſt einige grundſätzliche Fragen und ſtellt dann in großen Zügen die vier großen Perioden der kirchlichen Mufikgefhichte dar. Ein Prieſter, der die hiſtoriſchen Bauſtile des Kirchengebäudes nicht zu unterſcheiden ver⸗ möchte, müßte es ſich gefallen laſſen, wenn man ihm Mangel an Bildung nachſagte. Um ſo mehr verdient derjenige eine ſolche Note, dem die hiſtoriſchen Stilarten der viel näher liegenden kirchlichen Tonkunſt fremd find. In einem zweiten umfang- reicheren Teile gibt Wagners „Einführung“ Anregung zum Studium der Kirchen⸗ mufiktheorie, eine Art Erklärung des „kirchenmuſikaliſchen Geſetzesbuches“, des Motu proprio Pius’ X., deffen Studium dem Klerus nicht minder wichtig fein darf als das Studium des Codex iuris canonici. Das omne malum ex clero findet auch Anwendung auf unſer heutiges kirchenmuſikaliſches Elend. Wenigſtens darf der Driefter ſolange nicht über andere Stände klagen, als die Mängel an liturgiſchem und tonkünſtleriſchem Sinn in den eigenen Reihen nicht gehoben find.

Die würdige Feier des liturgiſchen Gottesdienſtes it Sache der kirchlichen Semeinſchaft. Da muß alles mit dem ewigen Bohenpriefter zuſammenwirken, Klerus und Volk, Prieſter und Laien in chriſtozentriſcher Einmütigkeit und Selbſtloſigkeit. Teilnahme am Bohenprieftertum Chriſti ift ja nach der Lehre des hl. Thomas das Weſen des Taufcharakters. Alle Betauften find alſo befähigt und berufen zur Mittätigkeit beim hohenprieſterlichen Opfer. Insbeſondere it das Mitarbeiten an der tonkünſtleriſchen Nusgeſtaltung des ſonn⸗ täglichen Pfarrgottesdienftes eine ſoziale Tat erſten Ranges.

Freilich iſt auch der einzelne in ſeiner Mitarbeit vielfach durch die Bemeinfhaft bedingt und gehemmt, und wir dürfen uns im Eifer für die künſtleriſche Schönheit des liturgiſchen Gottesdienſtes nicht ver⸗ leiten laſſen, ungerecht zu werden. Der einzelne Prieſter kann oft infolge mangelhafter künſtleriſcher Erziehung feiner kirchenmuſtkaliſchen Aufgabe nicht gewachſen ſein. Die Verantwortung dafür trägt die die Bemeinfchaft. Sie geſtaltet ſich ja ihre Erziehungsſtätten ſelbſt. Der einzelne Priefter it ein kind feines Volkes und feiner Familie. In der Familie muß der künftige Geiftlihe die erſte Anregung und die Grundlage ſpäterer Dolfendung erhalten. Was anthropozentriſcher Individualismus zerſtört hat, muß jetzt chriſtozentriſcher Zemeinſchafts⸗ finn, genährt aus den Quellen chriſtozentriſcher Liturgie, wieder auf- bauen. Chriftus heißt in der Litanei: rex et centrum omnium cor- dium, „der König und Mittelpunkt aller herzen“. Ihm gilt all unſer Beten und Singen und Opfern, ihm, dem Baupte und feinem muſti⸗ ſchen Leibe all unſer Arbeiten für eine wahrhaft „chriſtozentriſche Kirchenmuſik“.

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Sacramentum magnum: Epiphanie und Ehe.

Don P. Sufo Mayer (Beuron).

Hodie coelesti Sponso iuncta est Ecclesia, quo- niam in Jordane lavit Christus eius crimina: cur- runt cum muneribus Magi ad regales nuptias, et ex aqua facto vino laetantur convivae, alleluja.

Beute ward die Kirche ihrem himmliſchen Bräuti⸗ gam angetraut, da Chriftus abwuſch im Jordan ihre Sündenſchuld; mit Gaben eilen herbei die Magier zur Rönigsvermählung, und über den aus Waſſer ver- wandelten Wein frohlocken die Hochzeitsgäſte, alleluja.

(Benediktus-Antiphon in den Laudes an Epiphanie.)

ie Magier aus dem Morgenlande ziehen mit ihren Gaben zur hochzeit des neugeborenen Königs. Sie kommen als Vertreter

der heidenwelt, als Befandte der ganzen Menſchheit, fie bilden den Brautzug der Rirche, die ihrem himmliſchen Bräutigam entgegengeht. Hodie coelesti sponso iuncta est Ecclesia: „Heute ift der Der: mählungstag des himmliſchen Bräutigams mit feiner Kirche.“ Heute hält der himmliſche König ſeinem Sohne Hochzeit!. Heute wird die unbegreifliche Jdee Gottes geſchichtliche Wirklichkeit und feine unver- gleichliche Liebestat, zu der es ihn von Ewigkeit drängte, wird aller Welt kund getan: Gottesſohn vermählt ſich für immer der Menſchheit. er ſchließt mit ihr den bebensbund; er will ihr für immer gehören. 50 ift das mühſame Werben und Freien um die Beliebte von den Paradieſestagen an doch nicht umſonſt geweſen. Lange zwar ſchien es ganz ausſichtslos und für immer vorbei. Die Entfernung und Entfremdung der Geliebten wurde immer größer. Aber auch Not und Elend, Seelenpein und Herzensqual wuchſen in ihr immer mehr. Da geht die Menfchheit in ſich. Bitterer Reueſchmerz über ihre Treu⸗ loſigkeit und ihren Undank überkommt fie. „Sie macht ſich auf, durchwandert die Stadt, ſucht auf Plätzen und Straßen nach dem, den ihre Seele liebt“?; und „fie findet ihn“? unter der Führung des heilberkündenden Sternes. Nun will fie ihm ganz gehören, ſich auf ewig ihm verbinden. Und Chrifius ſtößt feine Braut nicht zurück, „er liebt fie”! und ift bereit, die innigſte beibes- und bebensgemeinſchaft

' Matth. 22, 2 fl. hohel. 3, 2. ebd. 3,4. Eph. 5, 25. Benediktiniſche Monatſchrift VI (1924), 1-2. 2

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mit ihr einzugehen. Und nun hält der Hönig feinem Sohne hochzeit. „Damals nämlich hat Gott der Vater Bott, feinem Sohne, Hochzeit gehalten, als er ihn im Schoße der Jungfrau mit der menſchlichen Natur vermählte, als er feinen Willensentſchluß verwirklichte, wonach der, der da von Ewigkeit her Gott iſt, Menſch würde in der Fülle der Zeiten. Aber weil für das Juſtandekommen einer Ehe zwei Per⸗ ſonen erfordert find, dürfen wir ja nicht meinen, die Perſon des Bott= menſchen, unſeres Erlöſers geſus Chriftus, fei aus zwei Perſonen zuſammengeſetzt. Vielmehr ſagen wir, er beſtehe aus zwei und in zwei Naturen; aber wir vermeiden es zu glauben, er ſei aus zwei Perſonen zuſammengeſetzt, weil dies unrichtig und unzuläſſig iſt zu glauben. klarer und gefahrloſer kann man daher ſagen, daß der Vater ſeinem königlichen Sohne Hochzeit hielt, als er ihm durch das Geheimnis der Menſchwerdung die heilige Kirche vermählte“!

Hier iſt der Wendepunkt in der Weltgeſchichte; eine neue Epoche beginnt, ein neues Geſchlecht tritt auf. Chriſtus und der kirche ent⸗ ſtammt ein neues Volk. Wie Adam und Eva die Stammeltern aller bebendigen dem Fleiſche nach, fo find Chriſtus und die Rirdye die

Stammeltern aller Cebendigen dem Geifte nach. Rus dem Debens⸗

bunde Chrifti mit feiner Rirdje ſollten neue Weſen entſproſſen zu neuem, übernatürlichem, göttlichem beben, Menſchen, die das Siegel des heiligen Bottes auf der Stirne tragen. Heute iſt ihr Geburtstag, quoniam in Jordane lavit Christus eius crimina: „Da Chriftus im Jordan fie rein wuſch von ihrer Sündenfchuld“. An Epiphanie öffnet ſich der himmel über dem Erlöſer im gordan. Des Daters Stimme wird vernehmbar, und der Geiſt ſchwebt über dem geliebten Sohn des Daters. Durch die Berührung Chriſti und den ſchöpferiſchen hauch des Beiltes werden die Waſſer ſelbſt geheiligt und befruchtet, um dann ihre heiligende Kraft in der Taufe auf die Menſchen überſtrömen zu laſſen. Alle, die von jetzt an untertauchen in der heiligen Flut und gereinigt werden durch das Bad der Wiedergeburt, gehen makellos und heilig daraus hervor. Neugeboren werden fie als Rinder in die

-felige Gemeinſchaft Chrifti und der Kirche aufgenommen. Mit gött⸗

licher Liebe zieht fie Chriſtus an fein herz. Wie mit der Kirche in ihrer Geſamtheit vermählt er ſich auch mit jedem einzelnen, gliedert jeden einzeln jenem Leibe ein, an dem er ſelbſt das haupt iſt. Gött⸗ liches Blut flutet nun in ihren Adern, göttliches Leben beſeelt und vergöttlicht fie, „ein gerechtes, heiliges Volk“.

Gregor d. Gr. hom. 38 in Evang. n. 3 PI 76 (1857) 1283. Siehe beſung am 19. us nach Pfingſten. If. 4, 3; 26, 2.

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Botteskinder ohne Zahl gehen aus diefer heiligen Bemeinfchaft Chrifi und der ktirche hervor. Don allen Enden der Erde eilen fie herbei: „Erhebe ringsum deine Augen und ſchau, fie alle ſcharen fi) zuſammen und kommen zu dir; deine Söhne kommen von ferne, und deine Töchter erſtehen von den Enden der Erde. Dann wirſt du ſchauen und überſtrömen, dein herz wird ſtaunen und weit werden, wenn die Bewohner der Meeres küſte ſich dir zuwenden und die Stärke der Nationen zu dir gelangt“.

Der Schleier des Beheimniffes liegt ausgebreitet über der Lebens- gemeinſchaft zwiſchen Chriftus und der kirche. Dem erdwärts ge⸗ richteten herzen lüftet er ſich nicht. Aber ſelbſt der himmliſch Ge- ſinnte vermag ſich nur ſchwer ein Bild von ihr zu machen, ſo voller Wirklichkeit auch dieſe Derbindung iſt. Wir find eben Menſchen, die auch bei ihren geiſtigen Wanderungen ſich immer von den Sinnen begleiten laſſen müſſen. Soll uns das unſichtbare, verborgene, wenn auch noch fo reale Leben der Gottheit offenbar werden, dann ınuß es ſich uns kundtun in den Formen und Bildern des ſichtbaren, gegen⸗ wärtigen Lebens. Um feine größte Liebestat der Menſchheit gegen⸗ über zu veranſchaulichen, erkennbar und unvergeßlich zu machen, wählt Bott ein Bild, eine Form, die immer war und immer fein wird, ſolange es Menſchen auf Erden gibt. Unter dem Bilde der Ehe ſtellt der Bottesfohn ſchon im Alten Bund mit Vorliebe fein Verhältnis zur Menſchheit dar; der Abfall der Menfchheit von ihm, dem einzigen But und Gott, iſt „Shebruch“. So wurde die Ehe zum treffendſten Symbol des Erlöfungsgedankens, der hingebenden Liebe des Gottes- ſohnes zur Menfchheit, zur kirche. Deshalb iſt mit dem Epiphanie⸗ feſte überaus tiefſinnig das Andenken an das Hochzeitswunder von ktana verbunden: Et ex aqua facto vino lætantur convivæ: „Und über den aus Waſſer verwandelten Wein frohlocken die Hochzeits⸗ gäſte.“ Die ſichtbare Hochzeit ſoll uns die unſichtbare, geheimnisvolle Vermählung Chrifti mit feiner ktirche veranſchaulichen.

Aber auch die Ehe, die das Bild geliehen, gewinnt durch die Sum⸗ bolik, eine ſichtbare Darſtellung der unſichtbaren Derbindung Chriſti mit feiner Kirche zu fein, eine erhabene Würde, eine hohe religiöfe Weihe. „Die Ehe“, ſagt Ceo XIII’, „iſt von Anbeginn eine Abſchattung der Menſchwerdung des göttlichen Wortes; daher hat ſie in ſich etwas heiliges und Religiöſes, das nicht nachträglich hinzugekommen, ſondern ihr von Geburt an eigen iſt, nicht eine menſchliche Beigabe, ſondern

1 If. 60, 4 f. (Epiftel von Epiphanie). Leo XIII., enzuklika „Arcanum“, vom 10. Februar 1880 (über die chriſtliche Ehe), $ Attamen Naturalistae.

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etwas naturhaft Zugehörendes.” Wo immer daher zwei liebende menſchen, mann und Weib, das gawort zu ungeteilter Lebens- gemeinſchaft mit einander wechſeln, da wird es Weihnachten, da wird es Epiphanie; da geht jedesmal ein neuer Stern auf, der um die Cebensgemeinſchaft Chriſti mit feiner Kirche wie um feine Sonne kreiſt und von ihr bicht und Glanz empfängt.

„Es ift ein Unterſchied zwiſchen Stern und Stern““. Das gilt auch hier. Die chriſtliche She überſtrahlt weit die bloß natürliche She. Da bleibt der durch das gawort begründete Pebensbund nicht bloße Abfchattung und leeres Symbol der Vereinigung Chriſti mit feiner Kirche. Das Symbol wird zur Macht, zum wirkſamen, gnaden- vermittelnden Zeichen, zum Sakrament, das den Gnadenſtand mehrt und bewirkt, daß „die vielen und ſchweren Pflichten den Eheleuten nicht bloß erträglich, ſondern ſogar leicht und lieb werden“ ?. Chriſtus und die Kirche ſchenken ſich einander durch das gawort; die Kirche hat dadurch teil an der Lebensgemeinſchaft Bottes. Ebenſo ſoll dieſes begnadende Glück jedem einzelnen Gliede der kirche zugute kommen, das den bebensbund der Ehe ſchließt. Das Ehefakrament bedeutet nicht bloß die Semeinſchaft mit Chriftus, ſondern bewirkt fie auch.

Im Gnadenſtrom des Sakramentes ſpiegelt ſich aber auch das leuchtende Vorbild eines wahrhaft chriſtlichen Ehelebens; und das Vorbild heiſcht Nachahmung. Wie Chriftus nur eine Rirdhe ſich er: wählte und vermählte, und wie Chriftus und die Kirche ſich aus⸗ ſchließlich in gegenſeitiger Liebe ſchenken, fo darf auch die Liebe zwiſchen Mann und Frau mit niemand anderem geteilt werden. Wie Chriftus und die Kirche unzertrennlich verbunden find und ſich ewig treu bleiben, ſo dürfen auch Mann und Frau einander nicht verlaſſen. Das Band, das ſie umſchlingt, kann nur der Tod löſen. „Wie Chriſtus die kirche, fo ſollen die Männer ihre Frauen lieben“; und „die Frauen ſollen den Männern untertan ſein; denn der Mann iſt das Haupt des Weibes wie Chriftus das Haupt der Kirche. Wie aber die Kirche Chriftus untertan ift, fo ſoll es auch die Frau dem Manne fein“, aber „nicht wie eine Magd, ſondern wie eine Befährtin”’. Und wie endlich Chriftus und die Kirche unabläſſig darauf bedacht find, ihre Familie mit neuen Botteskindern zu vermehren, fo ſollen auch Mann und Weib die heilige Pflicht der Kindererzeugung und erziehung freudig erfüllen, umſo mehr da fie mit der hohen, ehrenden Aufgabe betraut ſind, das Werk Chriſti und der kirche ſelbſt vollenden zu helfen. Denn „der chriſtlichen Ehe ift nicht bloß die Fortpflanzung

J. fox. 15, 41. Enzyklika „Arcanum“, $ Neque iis. » Eph. 5, 25. * Eph. 5, 22 - 24. ° Enzyklika „Arcanum“, 8 Neque iis.

21 des Menſchengeſchlechts als Aufgabe geftellt, ſondern fie foll der kirche neuen Nachwuchs zeugen, himmelsbürger und hausbewohner Gottes, damit ein Volk zur Anbetung und Verehrung des wahren Gottes und Chriſti unſeres Erlöſers geboren und erzogen werde“.

Auf dieſem Wege führt die Ehe Mann und Weib von der leiblichen Gemeinſchaft zur Seelengemeinſchaft, von der Seelengemeinſchaft zur Bemeinfchaft mit Chriſtus. Wahrlich „groß iſt das Geheimnis der Ehe, ich ſage aber, wegen feiner Beziehung zu Chriſtus und der Kirche““.

Feierlied auf die hl. Kirche.

Aus der alten fyrifhen Kirchweihliturgie.

Steh’ auf, werde Licht; denn dein Licht kommt! Unſterblich iſt der Bräutigam, der ſich mit dir vermählt. öffne deine Tore, und nie ſollen ſie geſchloſſen werden, weder bei Tag noch bei Uacht,

daß Rönige einziehen mit ihren Aronen

und Richter mit ihren Gewalten,

und anbeten die Macht, die in dir wohnt!

So ſpricht der Herr: Zitt' re nicht, gläubige kirche;

denn kein Schaden berühret dich! |

Ich vertauſche mit keiner andern dich,

weil du mich vertauſcht um keinen andern.

Und wenn das Ende naht und himmel und Erde vergehen: dir naht keine Furcht; denn es ſteht dein Thron

Zwifhen dem Dater und Sohn und Seiſt.

erwache, erwache, o Kirche,

und erhebe dein haupt, das gebeugte, in dieſer Zeit;

denn von oben ſteiget herab der Bräutigam in dein Gemach, und bricht in dir feinen lebenden eib,

und miſcht in dir den kelch feines Bluts.

M feinen Leib und werde verföhnt,

trink’ fein Blut und werde heilig,

und ſinge Lob feiner Güte!

Der erhabene uud tiefe humnus berührt ſich mit einigen Zügen der Römiſchen Epiphanie- und kirchweih

liturgie. Diefleicht ſteht er etwa dem Biſchof Jakob von Sarug (T 29. XI. 521) oder feiner Zeit nahe. Die

ung ſtammt bis auf wenige Worte vom hochverdienten Renner und Üderſetzer ſyriſcher Schrifiſteller

P. Pius Zingerie O. S. B. von Marienberg (+ 10. I. 1881): Fefikränze aus Libanons Gärten, I. Ulllingen 1846, S. 27. Das Gied if eine Blüte liturgiſcher Muſtik. p. f. m.

ma. a. O0. eph. 5, 32.

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Die Predigt vom Himmelreich

nach dem Evangelium des hl. Matthäus. | Bon P. Bernhard Seiller (Augsburg). as Chriftusbild, an das wir gewöhnt find, ift immer ein Befamt- bild, hergeſtellt aus allen Teilen des Neuen Teftamentes; ſo wurde es uns ſchon im liatechismus und in der Bibliſchen Geſchichte dar⸗ geboten. Aber es verlohnt ſich auch, irgend einen Teil der hl. Schrift einzeln vorzunehmen und die für die Perſon Chriſti charakteriſtiſchen Jüge herauszuheben. 50 wollen wir denn ſehen, welches Bild wir gleich aus dem erſten Evangelium, dem des hl. Matthäus, von Chriſtus gewinnen. Urſprünglich hebräiſch geſchrieben, ift es nur mehr in griedji- [cher Überſetzung vorhanden; es war für die Judenchriften beſtimmt, und daher iſt der Evangeliſt bemüht, überall zu zeigen, wie ſich an Chriftus die Weisſagungen der alten Propheten erfüllt haben. Der Heiland heißt Jeſus (Erlöfer); „denn er wird fein Volk erlöſen von deſſen Sünden“. Den güngern ift er der herr und Meiſter, dem Volke der große Prophet. Mehrmals wird er Sohn Davids genannt, weil fein Pflegevater dem königlichen Geſchlechte entftammte; fo nennen ihn die beiden Blinden (9, 27; 20, 31), fo das chananäiſche Weib (15, 22), fo begrüßt ihn auf feinem feierlichen Einzug in geruſalem das Volk, fo umjubeln ihn im Tempel die Kinder (21, 9 15). Den Titel Chriftus oder hebräiſch Meſſias legt er ſich anfangs nicht bei. Als die Jünger des gohannes ihn fragten: „Biſt du es, der da kommen ſoll, oder ſollen wir auf einen andern warten?“ weift er ftatt einer Antwort auf feine Werke hin (11,4); den Phariſäern erklärt er, daß der Meſſias nicht nur der Sohn, ſondern auch der Herr Davids iſt (22, 45), jedoch ſagt er ihnen nicht, daß er es ſei. Als aber Petrus das Bekenntnis aus- ſprach: „Du biſt Chriftus, der Sohn des lebendigen Gottes“ (16, 16), da beſtätigte geſus dieſes und pries ihn ſelig, weil nicht Fleiſch und Blut ihm dies geoffenbart hätten, ſondern der Vater, der im himmel iſt; jedoch verbot er den Jüngern zu ſagen, daß er der Meſſtas ſei (16, 20). Erft als der Hohepriefter ihn beim lebendigen Botte be⸗ ſchwor zu ſagen, ob er Chriſtus ſei, geſtand er öffentlich zu und fügte bei: „Don nun an werdet ihr den Menfchenfohn zur Rechten der Kraft Sottes ſitzen und auf den Wolken des Himmels kommen ſehen“ (26, 64). Der Titel, den geſus ſelbſt ſich beizulegen pflegt, iſt NMenſchenſohn; alles iſt an dieſen Ausdruck gewöhnt, niemand fragt, was dieſes rätſelhafte Wort bedeutet. Erſt in der neueſten Zeit iſt der Sinn dieſes Wortes erkannt worden. Im Buche Daniel wird, nachdem der Alt⸗

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betagte über die vier Weltreiche auf Erden Gericht gehalten hat, die herrſchaft dem Menſchenſohn übertragen. „Und ſieh, es kam einer in des Himmels Wolken, der eines Menſchen Sohne glich, und kam bis zum Altbetagten, und dieſer gab ihm Gewalt und Ehre und Reid), daß alle Dölker und Geſchlechter ihm dienten; feine Gewalt iſt ewige Gewalt, die nicht genommen wird, und fein Reich iſt ein Reich, das nicht zerſtört wird“ (Dan. 7, 13. 14). Dieſer Menſchenſohn, der aus dem himmel kommt, iſt geſus Chriſtus, der verheißene Meſſias, und ſeines Reiches wird kein Ende ſein. Hinter dem Titel Menſchenſohn, der damals nicht mehr verſtanden wurde, verbarg er ſeine meſſianiſche Würde. Denn er hatte Grund, vor dem Dälke nicht gleich anfangs als Mieffias zu erſcheinen. Die Juden erwarteten nämlich einen politiſchen Befreier, der das verhaßte Römerjoch zerbrechen und den guden die Weltherrſchaft verleihen werde; ſelbſt in den kireiſen der Jünger beſtanden ſolch ſinnlich-irdiſche Meffiashoffnungen. Hätte geſus lich offen als den Meſſias kundgegeben, fo hätte er die falſchen Er⸗ wartungen des Volkes nur genährt und es von dem Reiche, das er bringen wollte, eher abgelenkt als dazu hingeführt. Er legte ſich da⸗ her einen Titel bei, der ebenſoſehr alles, was er war, enthielt als ver⸗ barg. geſus iſt wirklich der Meſſias, der vom himmel gekommene Bottesfohn, der einem Menſchen glich, aber mehr war als ein Menſch; er iſt es, dem der Dater das Reich übertragen, er ift der neue Welten⸗ könig, doch ſein Reich iſt kein irdiſches, ſein Reich iſt das Reich der himmel, das ſich auf die Erde herabſenken ſoll. Die Weiſen aus dem morgenland fragen nach dem neugeborenen König der Juden und werden von den Schriftgelehrten nach Bethlehem verwieſen (2, 2). gefus ſelbſt nennt ſich König bei der Schilderung des Weltgerichtes, das der Menſchenſohn, wenn er in ſeiner Herrlichkeit kommt und alle engel mit ihm, abhalten wird; alsdann wird der König zu denen, die zu feiner Rechten fein werden, ſagen: „Kommet ihr Geſegneten meines Vaters, und beſitzet das Reich, das ſeit Grundlegung der Welt euch bereitet iſt“ (25, 34). Und dann wieder vor Pontius Pilatus, als dieſer fragte: „Bift du der König der Juden?“ bejahte Jeſus dieſe Trage (27,11). Als König wird er von den Soldaten verfpottet (27, 29), und über dem Haupte des Gekreuzigten ſteht die Inſchrift: „Dieſer ift geſus, der Hönig der Juden“ (27, 37).

Der Erlöferkönig iſt aber zugleich der Sohn Gottes. Bei der Taufe im Jordan, als der hl. Geiſt wle eine Taube auf geſus nieder⸗ ſtieg, erſcholl die Stimme vom himmel: „Dieſer iſt mein geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe“ (3, 17). hier iſt zu

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beachten, daß im griechiſchen Text beim Prädikat ſogar der beſtimmte Artikel ſteht (der Sohn von mir), wodurch deutlich kund getan iſt, daß er nicht in bildlichem Sinne Kottesfohn genannt wird, ſondern der einzige, der wirkliche Sohn Gattes iſt. In ähnlicher Weiſe kommt die Gottheit geſu zum Nusdruck bei der Verklärung auf dem Berge Tabor. Es umſchattet ihn eine lichte Wolke, und eine Stimme aus der Wolke ſpricht: „Diefer ift mein geliebter Sohn, an dem ich mein Wohl⸗ gefallen habe; ihn ſollt ihr hören“ (17, 5). Daher nennt geſus mit vollem Recht Gott feinen Dater. „Alles iſt mir von meinem Dater übergeben, und niemand kennt den Sohn als der Vater, und auch den Dater kennt niemand als der Sohn und wem es der Sohn offen- baren will“ (11, 27). Auch die Jünger ahnen feine Gottheit; „die im Schifflein waren, kamen und beteten ihn an und ſprachen: ‚Wohrlich, du biſt Gottes Sohn“ (14, 33). Auch Petrus hatte ihn Sohn Gottes genannt: „Du biſt Chriſtus, der Sohn des lebendigen Gottes“ (16, 16). Und zum hohenprieſter hatte geſus geſagt, daß er Chriftus ſei, der Sohn des lebendigen Gottes (26, 63). Der Hauptmann unter dem Kreuze bekannte gleichfalls: „Wahrlich, dieſer iſt Bottes Sohn ge⸗ weſen“ (27, 54). Nach der Auferftehung, die ebenfalls für feine Gott⸗ heit Zeugnis ablegt, ſprach geſus bei der Rusſendung der Rpoſtel: „mir iſt alle Gewalt gegeben im himmel und auf Erden. Darum gehet hin und lehret alle Dölker und taufet fie im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Seiſtes!“ (28, 19). Man beachte dieſe trinitariſche Formel, wodurch ſich geſus mit dem Dater und dem Heiligen Geifte koordiniert! Noch mehr als feine Wunder und Weis⸗ fagungen bekundet dann der Umſtand feine Gottheit, daß er Sünden vergibt; „fei getroſt mein Sohn, deine Sünden find dir vergeben“ (9, 2). Im Gefühle ſeiner gottmenſchlichen Würde konnte daher geſus zu den Phariſäern ſagen: „Bier iſt ein Größerer als der Tempel“ (12, 7). „des Menfchen Sohn ift herr auch über den Sabbat“ (12, 8), „hier ift mehr als Jonas“ (12, 41), und „hier iſt mehr als Salomon“ (12, 42). Und das Sottesreich, das er verkündet, iſt ebenſo fehr fein eigenes Reich (16, 28; 20, 21) wie das des Daters (13, 43; 26. 29).

Der GSottesſohn ift in die Welt gekommen, um fein Volk zu erlöfen von deſſen Sünden; denn die Sünden verſperren den Weg zum Sottes- reich. Daher tritt geſus als Bußprediger auf. „Tuet Buße! Denn das Himmelreich iſt nahe“ (4, 17). Er iſt gekommen, ſelig zu machen, was verloren war (18, 11), und fefh Geben zur Erlöfung für viele hinzu⸗ geben (20, 28). Das Geſetz des Moſes will er nicht aufheben, ſondern vollenden (5, 17); den alten Geboten ſetzt er ſein majeſtätiſches „Ich

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aber ſage euch“ entgegen (5, 22). Er bringt, wonach ſich die Pro⸗ pheten geſehnt haben (13, 17). Über die bloß äußerliche, ſumboliſche Reinigung ſtellt er die innere, ethiſche (15, 20; 23, 23). Seine Wunder ſind ebenſo ſehr leibliche Wohltaten wie Vorbilder und Sinnbilder deſſen, was an den Seelen geſchehen ſoll. Mit dem Himmelreich, das gefus verkündet, wird der Menfchheit eine neue Moral gebracht, die der Barmherzigkeit und Liebe. Aber es iſt nicht eine bloße Diesſeitsmoral, ein Ergebnis menſchlicher Spekulation, wie es irgend ein Philoſoph konſtruiert, ſondern eine durchaus von der Jdee eines perfönlichen Gottes beherrſchte und in all ihren Teilen auf das jenſeitige, ewige beben der Seele bezogene. Die erbar⸗ mende Liebe des Erlöfers wendet ſich mehr an die Armen und Der: achteten als an die Reichen und Hochgeſtellten; denn nicht die Satten find es, die nach der Gerechtigkeit hungern und dürften. Den Armen wird das Evangelium verkündet (11, 5). geſus ſpeiſt mit Zöllnern und Sündern (9, 11); denn nicht die Befunden bedürfen des Arztes, ſondern die kranken (9, 12). „Zöllner und hetären werden noch eher in das Reich Gottes kommen als ihr“ (21, 31), ſpricht er zu den ſelbſtgerechten Phariſäern, die das Wichtigere des Geſetzes, die Gerechtigkeit und Barmherzigkeit und den Glauben, vernachläſſigen (23, 23). Die Vor- bedingung für die Aufnahme in das Gottesreich iſt die Demut, der Rinderfinn. „Ich preiſe dich, Dater, Herr des Himmels und der Erde, daß du dieſes vor Weiſen und kilugen verborgen, Kleinen aber ge⸗ offenbart haft“ (11, 25). „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, fo werdet ihr nicht in das Himmelreich eingehen“ (18, 3). „Wer ſich demütigt wie diefes Rind, der iſt der Größte im Himmelreich“ (18, 4). ein großes Hindernis für den Eintritt in das Reich Gottes iſt außer der Selbſtgerechtigkeit auch das haften am Ndiſchen, der Reichtum. „Dahrlich, ich ſage euch, es iſt ſchwer, daß ein Reicher ins himmel⸗ reich eingehe“ (19, 23). Beſonderen Lohn dagegen bekommt die frei gewählte Armut. „Wer immer fein haus oder Brüder oder Schwe- ſtern oder Pater oder Mutter oder Weib oder Kinder oder cker um meines Namens willen verläßt, der wird Hundertfältiges dafür erhalten und das ewige Leben beſitzen“ (19, 29). Das Zweitafelgeſetz im neuen Reiche iſt die Sottes- und Nächſtenliebe. Die ganze Laft der altteſtamentlichen Geſetze und Vorſchriften reduziert geſus auf dieſe zwei Gebote. Welche Vereinfachung und kionzentration! Die Berg: predigt, die Thronrede des Erlöferkönigs, beginnt mit der Seligpreiſung der Armen im Geiſte, der Sanftmütigen und Trauernden, der nach Gerechtigkeit hungernden und Dürftenden, der Barmherzigen, der Rei-

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nen und Friedſamen und Geduldigen (5, 3 ff.). Und beim Weltgerichte wird darauf geachtet werden, ob der Menſch die Hungrigen gefpeift, die Durſtigen getränkt, die Fremden beherbergt, die Nackten bekleidet, die kranken und Gefangenen beſucht hat (25, 34ff.). „Wahrlich, ſag“ ich euch, was ihr einem dieſer meiner geringſten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (25, 40). Das Chriftentum iſt kein Quietis= mus, ſondern heroiſcher Aktivismus. Denn das Reich Gottes beſteht nicht aus ſchönen Worten, ſondern aus ſtarken Taten. „Nicht wer zu mir ſagt: herr, Herr! wird in das Himmelreich eingehen, ſon⸗ dern wer den Willen meines Daters tut“ (7, 21). Ja, „das himmel⸗ reich leidet Gewalt und die, die Gewalt gebrauchen, reißen es an ſich“ (11, 12). Der herr ſtellt den Seinigen kein bequemes beben in Ausfiht; er kündigt ihnen harte Derfolgungen an. „Glaubet nicht, daß ich gekommen ſei, Friede auf die Erde zu bringen; ich bin nicht gekommen Frieden zu bringen, ſondern das Schwert“ (10,34). „Wenn mir jemand nachfolgen will, ſo verleugne er ſich ſelbſt und nehme ſein kireuz auf ſich und folge mir nach“ (16, 24). „Wer fein Areuz nicht auf ſich nimmt, iſt meiner nicht wert“ (10, 38). Aber all das muß geſchehen aus Bottesliebe, aus Liebe zum Vater. „Bütet euch, daß ihre eure Gerechtigkeit nicht übet vor den Menſchen, damit ihr von ihnen geſehen werdet“ (6, 1). „Du aber, wenn du beteſt, geh in deine Kammer, und ſchließ die Türe zu, und bete zu deinem Vater im Der- borgenen; und dein Vater, der im Verborgenen fieht, wird es dir ver⸗ gelten“ (6,6). Doch alles Gute ſoll auch geſchehen aus Liebe zu Jefus, um ſeinetwillen. „Wer mich vor den Menfchen bekennen wird, den will ich auch vor meinem Dater bekennen, der im himmel iſt“ (10, 33). Die Werke der Nächſtenliebe faßt er fo auf, als ob fie ihm ſelbſt er⸗ wieſen worden wären (25, 40). „Wer ſeine Seele um meinetwillen verliert, der wird fie finden“ (16, 25). In dieſem mühereichen, kampf⸗ vollen Leben find aber die Anhänger geſu nicht ohne himmliſche hilfe, nicht ohne himmliſchen Troft. „Bittet, ſo wird euch ge- geben werden; ſuchet, ſo werdet ihr finden; klopfet an, ſo wird euch aufgetan werden“ (7, 7). Gott gibt feine Gnade; „bei den Menſchen iſt das unmöglich; bei Bott aber iſt alles möglich“ (19, 26). „nicht ihr ſeid es, die da reden, ſondern der Geiſt eures Vaters iſt es, der in euch redet“ (10, 20). „ommet alle, die ihr mühſelig und beladen ſeid, und ich will euch erquicken. Nehmet mein Joch quf euch und lernet von mir; denn ich bin ſanftmütig und demütig von herzen. So werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch it füß und meine Bürde iſt leicht“ (11, 28 30). mit welch eindringlichen

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Worten weift geſus die Seinigen hin auf die göttliche Dorfehung (6,25—34), auf den herrlichen Cohn, der ihrer im genſeits wartet; „die Gerechten werden leuchten wie die Sonne im Reiche ihres Da= ters“ (13, 43). „Wer den Willen meines Vaters tut, der iſt mir Bru⸗ der, Schwefter und Mutter“ (12, 50). „Kommet ihr Befegneten meines Daters, und beſitzet das Reich, das euch bereitet iſt ſeit Grundlegung der Welt!“ (25, 34).

In einer Reihe prachtvoller Sleichniſſe wird das Hhimmelreich ver⸗ anſchaulicht. Erinnert ſei hier an das Gleichnis vom göttlichen Säe⸗ mann, der in den Acker der Welt die Samenkörner feiner Lehre ausſtreut, aber nicht überall gutes Erdreich findet. Nach einem an⸗ deren Gleichnis ſtreut der böſe Feind auf den guten Samen des Botteswortes das böſe Unkraut feiner verführeriſchen Lehre, aber am Ende der Welt wird das Unkraut vom Weizen geſchieden. Wegen feiner die herzen durchdringenden und umgeſtaltenden Kraft wird das himmelreich mit dem Sauerteige verglichen; an Wachstumsfähigkeit gleicht es dem Senfkörnlein, das ſich ſchnell zu einer großen Staude entwickelt. Der Wert des Himmelreiches wird in dem Gleichniſſe von dem im Acker gefundenen Schatze und von der koſtbaren Perle an⸗ gedeutet. Das Himmelreich gleicht dem ausgeworfenen Netze, das gute und ſchlechte Fiſche fängt, aber die ſchlechten werden wieder Binausgeworfen. Die Bürger im Gottesreiche müſſen ſich gegenſeitig vertragen und Barmherzigkeit gegeneinander üben, das lehrt uns das Gleichnis vom unbarmherzigen kinechte. Der himmliſche König it frei und unbeſchränkt in Austeilung feiner Gnade; das zeigt uns das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberge. Den Phariſäern gilt das Gleichnis von dem Weinbergbeſitzer, der feinen Sohn abſchickt, um von den Winzern den Ertrag in Empfang zu nehmen; aber die Winzer töten feinen Sohn; „darum ſage ich euch, das Reich Gottes wird von euch genommen und einem Volke gegeben werden, das die Früchte desſelben hervorbringt“ (21, 43). Die Phariſäer ſind es auch, die der Einladung zum Hochzeitsmahle des Königs, zum Eintritt in das Gottesreich, nicht folgen, ſondern die königsboten erſchlagen. Das Gleichnis von den klugen und törichten Jungfrauen mahnt zur Wadyfamkeit und zur Bereitſchaft, wenn der ktönig zum Gerichte kommt, und die Strenge feines Serichtes veranſchaulicht uns das Sleichnis von den Talenten.

Unter dem Reiche (G oder himmelreiche iſt nicht immer das nämliche verſtanden. Dor allem iſt es das unſichtbare und ewige, das überweltliche und vorweltliche Reich des Vaters; von

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dort ift der Sohn auf die Erde gekommen, dorthin kehrt er zurück durch feine Himmelfahrt; von dorther kommt er mit feinen Engeln zum Weltgerichte; dort finden Aufnahme und ewigen Lohn feine Ge⸗ rechten. „Ich ſage euch, daß viele vom Aufgang und Niedergang kommen und mit Abraham, Jſaak und Jakob im Bimmelreiche zu Tiſche ſitzen werden“ (8, 11). Dieſes jenſeitige Reich Gottes ſoll durch die erfte Ankunft geſu den Menfchen bekannt gemacht werden, es ſoll zu den menſchen kommen. Mit geſus iſt es in der Tat ſchon da. „Wenn ich durch den Geiſt Gottes Teufel austreibe, ſo iſt ja das Reich Gottes zu euch gekommen“ (12, 28). Aber es ſoll auch in den Herzen der menſchen Wurzel faſſen und geſus lehrt uns beten: „Dein Reich komme zu uns!“ (6, 10). So entſteht ein geiſtiges Reich Gottes in den Seelen der Gläubigen, eine unſichtbare Gemeinſchaft aller zu Chri- ftus Gehörigen, eine unſichtbare Kirche. Aber, fo fragen wir uns, hat geſus nicht auch eine ſichtbare kirche gegründet? Soll das Gottes- reich auf erden ohne Rahmen, ohne feftes Gefüge und Berüfte bleiben? Er hat auch eine ſichtbare Kirche vorgeſehen und vorbereitet.

Die Predigt vom Himmelreiche erging zunächſt an die Juden, an die verlotenen Schafe vom hauſe Ifrael (10, 6). Nis das auserwählte Sottesvolk des Alten Bundes, als die Träger der altteſtamentlichen Verheißungen waren fie die zuerſt Berufenen. Aber die Phariſäer widerſtanden dem neuen Könige; fie gingen weder ſelbſt in deſſen Reich noch ließen ſie andere hinein (23, 13). Da wird das Reich von ihnen genommen. Es muß eine Scheidung eintreten zwiſchen dem Alten und dem Neuen. „Niemand fett einen Fleck von neuem Tuch auf ein altes Kleid; denn der neue Fleck macht das kleid zum Stück⸗ werk und der Riß wird ärger. Auch gießt man nicht jungen Wein in alte Schläuche; ſonſt zerreißen die Schläuche, und der Wein läuft aus; ſondern man gießt jungen Wein in neue Schläuche (9, 16. 17). Dem Riten Teſtament ſtellt geſus fein Neues gegenüber. „Dies iſt mein Blut des Neuen Teftamentes“ (26,28). Mit Jefu Opfertod iſt das Alte abgeſchafft; der Dorhang im Tempel zerreißt (27, 51), dem Tempel, felbft ift der unvermeidliche Untergang prophezeit. Vorher aber hatte defus den Wirkungskreis der Apoftel erweitert; die ganze Erde iſt ihnen als Miſſtonsfeld zugewieſen. Denn der neue König war nicht bloß für die Juden, er war für alle Menſchen gekommen. Schon in der Anbetung der Weiſen aus dem Morgenlande (2, 1 12) kommt der univerſaliſtiſche Charakter des Chriftentums zum Aus- druck. „Ihr ſeid das Salz der Erde“, ſpricht geſus zu den Apofteln; „ihr ſeid das Licht der Welt“ (5, 13. 14). „Sehet hin und lehret alle

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Dölker und taufet fie und lehret fie alles halten, was ich euch be⸗ fohlen habe, und ſieh, ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt“ (28, 19. 20). Don dem Weibe, welches über geſu Haupt das köftliche Salböl ausgegoſſen, heißt es, „wo man immer in der ganzen Welt das Evangelium verkünden wird, da wird man auch zu ihrem Andenken ſagen, was fie getan hat“ (26, 13). „Und es wird dieſes Evangelium vom Reiche in der ganzen Welt allen Völkern gepredigt werden“ (24, 14). In der Auswahl und Husfendung der Apoftel beſteht der erſte Schritt zur Gründung einer ſichtbaren Kirche. Durch Spendung der Taufe, die eine ſichtbare Handlung iſt, werden dann auch die Gläubigen als ſolche ſichtbar; es entſteht eine ſichtbare Gemeinſchaft unter Leitung der Apoſtel, denen die Binde- und Oöſe⸗ gewalt übertragen ift (16,19; 18, 18). es ſoll ein fefter Bau entſtehen, in dem Chriſtus ſelbſt der Eckſtein iſt (21, 42 - 44); der Bau ſoll auf⸗ geführt werden auf Felſengrund; es ſoll ein Bau werden für lange gahrhunderte. Der Felfen iſt natürlich Chriſtus ſelbſt; aber auch dem Apoftel Simon hatte er, den Beinamen Fels (Petrus) gegeben und zu eben dieſem ſagt er ſpäter: „Du biſt Petrus und auf dieſen Felfen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Hölle werden fie nicht überwältigen. Und dir werde ich die Schlüſſel des Hhimmelreiches geben“ (16, 18). Wie diefe Derheißung in Erfüllung ging, zeigt uns die Rirchengeſchichte. Petrus nimmt ſpäter feinen Sitz in Rom; die Rathedra Petri bildet ſeitdem den feſten Mittelpunkt der Kirche; dieſe hat die Grenzen Paläſtinas längſt überſchritten; fie iſt zur Weltkirche geworden, und in jedem Nachfolger des hl. Petrus verehrt ſie ihr ſichtbares Oberhaupt.

Das alfo iſt die Predigt vom Himmelreiche; das iſt das Chriſtus⸗ bild, das uns Matthäus entworfen. Dem Keiche geſu aber hat auch jedes politiſche Reich ſich einzugliedern, wenn es wachſen und gedeihen, wenn es Gottes Segen erlangen will. Denn er iſt der unabſetzbare Hönig und feines Reiches wird kein Ende ſein.

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es iſt kein Elend fo abgrundtief, daß ein Dolk ſich daraus nicht erheben könnte, ſofern ihm nur geſus Chriſtus Hilfe bietet; es iſt aber auch kein Slück auf Erden fo feſt begründet, daß es nicht zuſammenbricht, ſobald deſus Chriſtus feine ſchũtzende und ſegnende Hand einem Volke entzieht. katholiſches Dolk Deutſchlands, lenke deine ganze Sehnſucht zu Chriftus, richte dahin dein Gebet, dahin deine Hilferufe! Chriſtus ſei dein herr und dein Bott, aber auch dein Leben! Dann wird er auch deine Hilfe, dein Troft, deine Araft, deine Rettung fein.

Biſchof Dr. Sigm. Waitz beim St. Ronradsjubiläum in Ronftanz 1923.

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Glaube und Kirche.

P. flois mager (Beuron).

Ein Grundſatz der ſcholaſtiſchen Pſuchologie lautet: nihil volitum nisi prius cognitum gewollt werden kann nur das, was zuvor erkannt iſt. Wird Lieben als ein Ausfluß der Willenstätigkeit ange⸗ ſehen, ſo erweitert ſich der Srundfaß dahin, daß nichts geliebt werden kann, was nicht zuerſt irgendwie erkannt if. Weſen und Ziel der Umwandlung, die das Chriftentum in der Einzelfeele wie in der Ge- meinſchaft bewirkt, iſt nichts anderes, als die Liebe, die Liebe Gottes zu den Menſchen und die Liebe der Menſchen zu Bott und zu einander. Dieſe Liebe ift Inhalt und Vollendung der Offen⸗ barung. Und es brauchte eine Offenbarung, um dieſe Diebe den menſchen bekannt zu machen. Es bedurfte einer höheren Kraft, um fie in den Einzelſeelen und in der Bemeinfhaft in Wirklichkeit über: zuführen. Liebe im chriſtlichen Sinn bedeutet etwas, was nicht bloß über die menſchliche Natur, ſondern über jede geſchaffene Natur hinaus⸗ geht. Die chriſtliche Liebe iſt übernatürlich im vollen Sinn des Wortes.

nehmen wir den vollendetſten Gottesbegriff, den das heidniſche Altertum ſchuf, den ariſtoteliſchen als den Gottesbegriff, den der menſchliche Geift aus eigener Araft bilden kann, fo müſſen wir ſagen, daß dieſer Gottesbegriff die Liebe als den denkbar größten Widerſpruch von ſich ausſchließt. Bott ift der unbewegliche Beweger, der das All anzieht, wie das „Beliebte den Liebenden“. Wie der Apfel, ſelber unbeweglich und unbewegt, die Luft im Anaben weckt und das Aus= ſtrecken der hand, die Bewegung des Anaben zum Apfel hin bewirkt, fo bewegt Sott das All. Und dieſes Bewegtwerden des All iſt feine Seinsvollendung. Das hinbewegtwerden des Niederen zum höheren war für die Alten Liebe. Das Unbewegte kann keine Liebe haben. Es ſchließt alſo abfolut jede Liebe ſchon im antiken Sinn aus. Liebe, foweit man im antik⸗heidniſchen Sinn von Liebe ſprechen kann, be⸗ ſteht nach Ariftoteles darin, daß das Niedere vom höheren einfeitig etwas empfängt, was es vorher nicht beſaß. Nuch die Freundſchaft, die nach Ariftoteles nur zwiſchen Gleichen ſich bilden kann, geht auf dieſen Brundfag des einfeitigen Empfangens zurück. Eine Freund⸗ ſchaftsliebe zwiſchen Bott und den Menſchen iſt erſt recht ein Wider⸗ ſpruch. Hriſtoteles erklärt daher mit Recht denjenigen für geiſtesgeſtört, der Zeus lieben wollte. Die chriſtliche Liebe iſt weſensverſchieden von der Freundſchaftsliebe der Alten. Beſitzen iſt das höchſte für den an⸗ tiken Menſchen. Beben bedeutet ſich feines Beſitzes berauben. Liebe

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iſt das Streben des Nichtbeſitzenden nach Beſitz. Die Liebe der Offen- barung bedeutet eine vollſtändige Umkehrung dieſer Ordnung. hier ift Geben nicht Sichberauben, ſondern Beſitzen. Beſitzen ift Geben und Beben Beſitzen. Weil das Weſen Gottes in der Liebe befteht, if Gott ſozuſagen Gott, weil er die Gottheit nur beſitzt, indem er ſie gibt, nämlich in den drei göttlichen Perfonen. Wir Menfchen können, wie überhaupt jedes geſchaffene Weſen, dieſe Liebe nicht aus uns haben. Wir können lieben nur inſofern als wir teilnehmen am beben der heiligſten Dreifaltigkeit. Da haben wir wirklich Teil an dieſem Be⸗ fiten, das Geben iſt. Dieſe Teilnahme muß ſich darin bewähren, daß wir unſeren Mitmenſchen gegenüber nicht geben, um zu empfangen, ſondern geben, damit wir beſitzen können, nämlich die Liebe Gottes. Wir können dieſe innere Einſtellung und haltung unſeren Mitmenſchen gegenüber nur inſofern und ſoweit haben, als wir teilhaben an der göttlichen Liebe. Darum ſagt der hl. Johannes: „Wer behauptet, er liebe Zott, haſſet aber feinen Nächſten, der iſt ein bügner.“ haſſen iſt nehmen, Nehmen ift Sichberauben. Denn Lieben ift Geben, Geben ift Beſitzen. Dieſer Liebesbegriff geht zwar nicht gegen unſere Vernunft, wohl aber über unfere Dernunft. Die Liebe iſt übernatürlich.

Damit wir dieſer übernatürlichen Liebe teilhaftig werden, müſſen wir zuerſt erkennen, daß Gott die Liebe iſt, daß er und wir und alle Menfchen liebenswürdig find. Die Liebe aber geht über unfere Der- nunft, ja über jedes geſchaffene Erkenntnisbsermögen. Es muß uns alſo eine übernatürliche, nur von der Liebe Bottes bewirkte Erkenntnis⸗ möglichkeit mitgeteilt werden, damit wir den Gegenſtand der Liebe erkennen und damit der göttlichen Liebe teilhaftig werden können. Dieſes übernatürliche Erkenntnisvermögen bildet die abſolute Grund- lage des ũbernatürlichen Lebens in der Einzelfeele wie in der Gemein⸗ ſchaft. Wir nennen dieſes übernatürliche Erkennen Glauben.

Die Richtigkeit der Liebe hängt nach den Geſetzen der Pſuchologie von der Richtigkeit des Erkennens, alſo von der Richtigkeit des Blau- bens ab. Darum bildet das Blaubensleben den Anfang und Grund⸗ ſtein, auf dem alles ruht.

Was iſt denn eigentlich der Glaube? Er hat mit jedem Erkenntnis- vorgang das eine gemein, daß er eine Selbſtmitteilung des Gegen- ſtandes an den Erkennenden iſt. Den Gegenftand des Glaubens aber kann ich mit meinem Erkennen nicht unmittelbar faſſen. Es gibt nur einen Weg, um doch Aenntnis von dieſem unerreichbaren Gegenftand zu erlangen: Das Zeugnis eines anderen. Dieſes Zeugnis aber kann nur einer geben, der den Begenftand unmittelbar erreicht. Das Weſen

32 = Gottes, die Diebe, erfaßt unmittelbar nur Gott ſelber. Alſo Bott felber mußte ſich uns offenbaren. „Denn nie hat einer Bott geſehen“, heißt es im gohannesevangelium; „der eingeborene Sohn, der im Schoß des Vaters ift, der hat uns Hunde gebracht.“ In der Tat, der Bottes: fohn, vorbereitet durch die Bottesoffenbarung des Alten Bundes, trat als Menſch unter den Menſchen auf und offenbarte uns die Liebe. Seine irdiſche Begenwart dauerte nur kurze Zeit und beſchränkte ſich nur auf ein kleines and mit beſtimmten Gebräuchen. Seine Gegen— wart aber muß alle Zeiten, alle Menfchen erreichen, um ihnen Zeugnis zu geben, damit fie die übernatürliche Welt im Glauben erfaſſen. Chriftus lebt weiter in der Gemeinſchaft, die er gründete, in der hei— ligen Kirche. Die Kirche ift der fortlebende, menſchlich immer gegen— wärtige Chriftus. Die Auswirkung unſeres Glaubenslebens vollzieht ſich alſo: Die katholiſche ktirche iſt eine ſichtbare, allen Menſchen, allen Zeiten zugängliche Erſcheinung. Sie offenbart uns fort und fort jene übernatürliche Welt, die ein geſchaffenes Erkennen aus ſich nie erreichen würde. Wir nehmen fie auf das Zeugnis der Rirche hin an. Wir glauben. JIft es etwa gegen die Vernunft, etwas auf ein Zeug— nis hin anzunehmen? Daß ich jemand als Zeugen erkenne, iſt ein gewöhnlicher Erkenntnisvorgang. Indem ich aber jemand als Zeugen erkenne, erkenne ich ihn als einen, der etwas mitteilt, was ich nicht unmittelbar erkenne. Ich erkenne es nur als mitgeteilt. Der Zeuge iſt das Mittelding, das unmittelbar mit jenem Etwas in Berührung ſteht. Ich ſtehe unmittelbar nur mit dem Mittelding in Berührung, das ſelbſt unmittelbar mit dem für mich Tliht=Erkennbaren in Berührung ſteht. Das iſt aber durchaus vernünftig, jemanden als unmittelbar mit etwas in Derbindung ſtehend zu erkennen, das ſelber meiner Erkenntnis ſich entzieht. Jemanden als Zeugen erkennen heißt, jemanden als glaub— würdig erkennen. Das Erkennen der Glaubwürdigkeit des Zeugen, der uns die übernatürliche Welt offenbart, iſt eine natürliche Erkenntnis. Wir ſehen, wie vernünftig es iſt, zu glauben. Denn der Glaube ſchließt, obwohl von ihr weſensverſchieden, ſtreng logiſch an eine natürliche Erkenntnis an. Wie die Gnade die Natur vörausfeßt, ſo der Glaube die natürliche Erkenntnis der Glaubwürdigkeit der Bezeu⸗ gung. Das Bejahen der Slaubwürdigkeit iſt natürlich, das Bejahen aber deffen, was der glaubwürdige Zeuge ſagt, iſt übernatürlich. Das iſt der Glaube. So greifen Natur und Übernatur hier ineinander über. Eines Freundes Zeugnis für wahr halten, ſetzt Vertrauen voraus. Darum heißt Glaube im Lateinifchen fides, d. i. Dertrauen, Treue. Jſt es vernünftig, zu glauben? ga, wenn die Bejahung der Glaub⸗

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würdigkeit, auf der die Bejahung des Zeugnisinhaltes fußt, aus einer Gewißheit hervorgeht. Die Gewißheit der Glaubwürdigkeit kann ſo⸗ lange keine abſolute ſein, als der Jeuge irren kann. Abſolut iſt alſo die Gewißheit nur dort, wo Gott ſelber bezeugt. Steht einmal feſt, daß es einen Bott gibt und Bott geſprochen hat, dann iſt die Blaub- würdigkeit feiner Bezeugung abſolut gewiß. Glauben im eigent⸗ lichen Sinn iſt nur die Annahme des Zeugnisinhaltes, die auf die Autorität Gottes ſich ſtützt. Darum beſtimmt das Datikanifche Konzil den Glauben als „eine übernatürliche Tugend, durch die wir unter dem Einfluß und dem Beiſtand der Gnade Gottes das, was von ihm ge⸗ offenbart worden iſt, fürwahrhalten nicht wegen der inneren Wahrheit der Dinge, die ja durch das natürliche Licht der Vernunft nicht er⸗ kannt werden kann, ſondern auf Grund der Autorität des ſich offen⸗ barenden Gottes felber, der nicht irren und nicht in Irrtum führen kann.“ Das Daſein Gottes kann natürlich bewieſen werden, d. h. wir können von dieſer Tatſache eine natürliche Gewißheit bekommen, wie das Datikanum ausdrücklich bemerkt. Der Vollzug unſeres Glaubenslebens ift dieſer: Die katholiſche Kirche verkündet in unmittelbarem Auftrag Gottes beſtimmte Wahrheiten. Auf Grund der Glaubwürdigkeit der kirche nehme ich dieſe Wahre heiten, die ein geſchaffenes Erkennen niemals begreifen könnte, an. Das iſt der Glaube. Die Frage iſt nur die, ob die Kirche wirklich glaubwürdig iſt. Dies feſtzuſtellen iſt Sache des natürlichen Erkennens. Spricht die Kirche in unmittelbarem Auftrag Gottes? Was ſagt die ktirche von ſich ſelber? Sie bezeichnet ſich als den fortlebenden Chriftus. Wenn ſie das iſt, dann iſt ſie abſolut glaubwürdig. Im unfehlbaren behramt und in der Eudariftie vor allem lebt Chriftus in der Kirche weiter. Es läßt ſich mit natürlichen Erkenntnismitteln nach⸗ weiſen, daß beide Einrichtungen auf defus von Nazareth zurückgehen. Wer war dieſer geſus von Nazareth? hat er wirklich gelebt? Beide Fragen muß das natürliche Erkennen beantworten. Es bejaht mit geſchichtlicher Gewißheit, daß geſus von Nazareth gelebt hat. Und dieſer Jeſus ſagte von ſich, daß er Gottes Sohn ſei, daß er alſo aus unmittelbarem göttlichen Wiſſen die übernatürliche Welt uns bezeugt. Daß feine Nusſage, er fei Bott, glaubwürdig ift, bewies er durch Tat⸗ ſachen, die keine geſchaffene Kraft, ſondern nur Gott bewirken kann: näm⸗ lich durch Wunder und Weisſagungen. Und dieſer geſus gründete eine Semeinſchaft, in der er fortlebt und fortwirkt. Und als dieſe Semein⸗ (haft weiſt ſich eben die katholiſche Kirche aus. Und wir glauben, weil die katholiſche Kirche abſolut glaubwürdig iſt. Den wiſſenſchaft⸗

Benedlrnniſche Monatſchriſt VI (1924) 1—2. 3

34 lichen Nachweis der abfoluten Glaubwürdigkeit der katholiſchen kirche, die ich in einer großen Ginie gezeichnet habe, führt die Rpologetik. Meine Abſicht ift es hier nicht, das Glaubensleben apologetiſch zu begründen. Ich halte mich deshalb nicht länger bei dieſen Gedanken⸗ gängen auf. Ich verweiſe auf die apologetiſchen Werke, die den Be⸗ weis bis in die Einzelheiten ausführen. *

Ein Srundübel muß ich in diefem Zuſammenhang berühren, an dem vor allem das moderne Glaubensleben krankt. Der moderne Menſch will nur glauben, was er einſieht. Das iſt ein Widerſpruch, der ganz offen zutage liegt. Was ich einſehe, kann ich nicht glauben, und was ich glaube, kann ich nur glauben, weil ich es nicht einſehe. Der In⸗ halt der Offenbarung iſt weſensmäßig ſo, daß er nie durch ein ge⸗ ſchaffenes Erkennen in ſich begriffen werden kann. Er muß, wenn anders er erfaßt werden ſoll, geglaubt werden. Er kann daher auch nie im eigentlichen Sinn oder wiſſenſchaftlich bezweifelt oder widerlegt werden. Der Einſicht und zwar der menſchlichen Einſicht offen ſteht nur die Glaubwürdigkeit der Kirche. Don dieſer Glaubwürdigkeit ſagt allerdings das Datikanum, daß es nie eine gerechte Urſache geben könne, dieſe in Zweifel zu ziehen. Gemeint war, daß die Slaubwürdig- Reit objektiv fo geſichert ift, daß fie mit gerechtem Grund nicht be⸗ zweifelt werden kann. Was aber objektiv gewiß iſt, iſt es noch lange nicht ſubjektiv. Auf ſeiten der Einzelmenfchen beſteht eine weitgehende Möglichkeit ſelbſt zu unverſchuldeten Schwierigkeiten und Zweifeln. Die Schwierigkeiten und Zweifel aber können ſich nie unmittelbar auf den Offenbarungsinhalt beziehen, ſondern nur auf die Glaubwürdigkeit des Offenbarers. In dem Grad allerdings, als die Glaubwürdigkeit pofitiv bezweifelt wird, verſchwindet auch der Blaubensinhalt. In dem Grad als die natürliche Gewißheit der Glaubwürdigkeit erſchüttert ift, wankt die Bejahung des Offenbarungsinhaltes ſelber, die auf jener fußt.

Wir unterſcheiden zwiſchen Tugend des Glaubens und dem Glau⸗ bensakt. Die Tugend des Glaubens iſt jene Grundhaltung der Seele, durch die der Menſch immer die Bereitſchaft und Fähigkeit beſttzt, irgend einen Offenbarungsinhalt zu bejahen. Die Bejahung im Einzel- fall iſt der Akt des Glaubens. Es iſt viel darüber geſtritten worden, ob der Glaube mehr Derftandes= oder Willensakt ſei uſw. Ich will mich darauf nicht einlaſſen. Jedenfalls, eines iſt gewiß: Ein Derftandesakt allein macht nie den Glauben aus, die Zuftimmung des Willens ift weſenhaft erfordert. Allerdings fett die Fuſtimmung des Willens eine irgendwie geartete Derftandeserkenntnis voraus.

Es iſt vielleicht richtiger, mit der neueren Pfychologie zu ſagen:

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der Glaube [ei die Bejahung, Anerkennung einer Erkenntnis. Bejahung, Anerkennung ift ein perſönliches Sichzueigenmachen. Per⸗ ſönliches aber kann nur im Willen ſich vollziehen.

Diel wichtiger als der theoretiſche Aufbau des Glaubens ift die wirkliche Entſtehung und innere Ausgeftaltung des Glaubens. Darüber gibt uns der hl. Paulus unvergleichlichen Aufſchluß. Nach Paulus wird der Glaube angeregt vom lebendigen Wort, von der Glaubens- predigt. Die Kirche ſpricht durch ihre Diener. Wie jedes andere Wort ſoll es überzeugend auf die Seelen wirken. Es ſoll die Glaub⸗ würdigkeit unmittelbar auf pſuchologiſchem Weg zur Überzeugung in der Einzelfeele bringen. Das iſt aber nur Vorbereitung. Auch das Bejahen des Predigtinhaltes iſt noch nicht die Tugend des Glaubens; denn es iſt, wenn auch mit Hilfe der Gnade zuſtande gekommen, in ſich noch nicht übernatürlich. Erſt durch die Eingliederung in die Bemeinfchaft der Gläubigen, in der Chriftus weiter lebt, bekomnft die Einzelfeele Anteil an Chriſtus und durch ihn an der übernatürlichen Welt. Die Eingliederung in die kirche vollzieht ſich in der heiligen Taufe. Da wird die Seele übernatürlich wiedergeboren und erhält jene Srundrichtung auf Chriſtus durch die Semeinſchaft. Da empfängt die Seele die Tugend des Glaubens, die dann durch einzelne Akte immer mehr vertieft wird. Dieſe Tugend kann nur durch einen Akt des Unglaubens verloren gehen. Jene Weſensprägung als Teil in dem Leib Chrifti geht nie verloren.

Und worin beſteht ſeeliſch nach dem hl. Paulus der Glaube? Der hhebräerbrief ſagt es uns: „Der Glaube iſt ein Sichherablaſſen von erſt zu hoffenden Dingen, ein Inhaltsverzeichnis von noch nicht geſchauten Dingen“ (Hebr. 11, 1). Was ſpäter einmal Vollbeſitz fein wird, fängt jetzt ſchon an in Beſitz genommen zu werden; was ſpäter einmal ſich ganz enthüllen wird, wird jetzt ſchon im Inhaltsverzeichnis gewußt. Das Inhalts verzeichnis eines Buches gibt eine dunkle, ganz allgemeine Ahnung vom Gehalt eines Buches, der ſich aber erft bei der beſung des Buches enthüllt. Die Blaubenswahrheiten verhalten ſich zum dereinſtigen Schauen wie das beſen des Inhalsverzeichniſſes eines Buches zum Lefen des Buches ſelber. Was der hl. Paulus fagen will, iſt dieſes: Das, was einſt der Seelenzuſtand ſein wird in der End⸗ vollendung, im Dollbefig Gottes, das iſt der Glaube im Reim, im Anfang. Paulus faßt den Glauben als Geben, als einen vitalen Akt, nicht einſeitig als Derſtandes⸗ oder Willensakt. Der hl. Thomas bringt den pauliniſchen Gedanken mit wundervoller Klarheit zum Ausdruck, wenn er fagt: „Der Glaube iſt der Beginn des ewigen Lebens in uns.“

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beben alfo ift der Slaube, nicht ein theoretiſches Fürwahrhalten. Liebe ift das Leben Bottes, das ewige Leben. Glauben ohne Liebe ift tot. Der hl. Paulus und der hl. Jakobus betonen es mit aller Schärfe. Darum verbindet ſich bei Paulus mit dem Glauben als die Hauptſache immer die Liebe. Die Liebe, der hl. Geift, iſt ausgegoſſen in unſere herzen uſw. Ein wahres, lebendiges Glaubensleben beſteht nach der Hl. Schrift darin, daß die ewigen Wahrheiten als Motive für unſer handeln aufgenommen werden. 80 wird der Glaube zum beben. Der Heiland konnte daher bei Johannes ſagen: „Wenn nur einer den Willen meines Vaters täte, der würde erfahren, daß meine Worte, Wahrheit ſind.“ Immer und immer wieder betont Chriſtus den engen ZJuſammenhang zwiſchen Glauben und ewigem Leben. „Wer glaubt, hat das ewige beben.“ Es kann nicht zweifelhaft fein, daß die Slau⸗ bensmüdigkeit und Glaubensverödroſſenheit der modernen Menſchen daher kommen, weil der Glaube viel zu ſehr als Wahrheitsſuſtem aufgefaßt wird und viel zu wenig als Leben. Der innere Kontakt der Seele mit den Blaubenswahrheiten ift vielfach verloren gegangen. ga, es hat fi eine luft aufgetan zwiſchen dem wirklichen Seelen⸗ leben und den objektiv formulierten Slaubenswahrheiten. Es iſt ein gutes Zeichen, daß dieſe Kluft vom heutigen Menſchen ſo tief emp⸗ funden wird. Er will den Glauben wieder erleben. Und wo ein Wille iſt, da hat ſich auch immer noch ein Weg gefunden. a

Wie follen wir heute, fo müſſen wir uns fragen, unſer Glaubens- leben geftatten? Die Weltnot ift zu einer höhe angewachſen, aus der die Menſchen keinen Ausgang mehr finden. Die Dölkernöte, die Seelennöte, die wirtſchaftlichen, ſozialen und politiſchen Nöte ſchreien nach Löfung. Ohnmächtig ſtehen die Menſchen da. Sie alle ahnen, daß nur eines Rettung bringen kann: Liebe. Es gibt aber nur einen Weg, auf dem die Liebe in die Menfchen und Dölker kommen kann: Durch den Glauben. Nur wo lebendiger Glaube iſt, herrſcht wahre biebe. Liebe iſt der eigentliche Begenftand der Offenbarung. Aus uns können wir es nie erfinden und ergründen: Das Seheimnis der Liebe. Wir ſahen, zu welchem Gottesbegriff die natürliche Er⸗ kenntnis führt: Der Gott, der unbeweglich und unbewegt die Welt ewig in Bewegung hält. Niemals kann ein Verhältnis der Liebe zwiſchen Bott und Geſchöpf ſich KRnüpfen. Nur ein Verhältnis war denkbar: das zwiſchen dem Untertan und der unnahbaren Majeſtät des Herrſchers. Wie ganz anders tritt uns Gott in der Offenbarung entgegen. Er iſt die Liebe. Und das Weſen der Liebe befteht eben in dem für das natürliche Erkennen unbegreiflichen Widerſpruch: Beſitzen

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iſt hingeben und Hingeben ift Beſitzen. Gott beſitzt die Fülle göttlichen bebens, indem er es ganz mitteilt. Daher die weſenhafte Dreiperfön- lichkeit in der einen göttlichen Natur. Hier iſt die abſolute Liebe Wirklichkeit, uns unbegreiflich, dem Glauben aber die Offenbarung einer Wunderwelt ohnegleichen. Ein Weiterwirken der göttlichen biebe über das Geheimnis der Dreifaltigkeit hinaus iſt die Erſchaffung der Welt, der Geiſterwelt der Engel, des Menſchen und der ſichtbaren Welt. Das Verhältnis des Schöpfers zum Geſchöpf ift Liebe. Erft wenn dieſe Tatſache in uns zum bewußten Erlebnis wird, erft dann find wir Kinder Gottes im eigentlichen Sinn. Solange das klinechts⸗ verhältnis noch den Grundton unſerer Stellung zu Gott iſt, ſtecken wir noch im Heidentum. Wie ſehr die Liebe der Grund der Schöpfung iſt, geht aus einer weiteren Tatſache hervor. Aus freier Willenstat Willensfreiheit iſt das Weſen des Menſchen zerſtörte der Menſch das Verhältnis der Liebe zwiſchen Gott und ſich. Gerade im Der: halten Gottes gegenüber der Bosheit des Menſchen offenbart ſich erft recht das Weſen der Liebe. Gott neigte ſich in der zweiten Perſon herab in den Abgrund, in den die Menſchheit geſtürzt war. Gottes Sohn ward menſch. Nuch als Sottmenſch war er ganz Liebe. Denn er gab ſein beben hin, um es als Gottmenſch für alle Ewigkeit zu befigen. Seitdem weilt die Liebe Gottes ſelber unter uns. Der Gott⸗ menſch bleibt gegenwärtig in der Gemeinſchaft der Erlöften, in der Suchariſtie und im unfehlbaren behramt. Beide Einrichtungen find nur als Denkmale göttlicher Liebe zu begreifen. Wenn die Wiedererneuerung der Menſchheit vollzogen ſein wird, kommt die Auferftehung des Fleifches.

Die freien Wefen, die in der Bosheit, in der vorſätzlichen Ablehnung der Liebe Gottes verharren, befinden ſich mit freiem Willen und mit vollem Bewußtſein in einem Seelenzuſtand, der eben die hölle iſt. Bott iſt von ſich aus ganz Liebe auch den Verdammten gegenüber. Wie aber ein krankes, verderbtes Auge Licht und Farbe nicht wie das geſunde als Freude und Luft, ſondern als Qual empfindet, fo kann eine Seele im Endzuſtand, die mit freiem Willen die Liebe von fi geſtoßen, alſo in ſchwerer Sünde ſich befindet, die Liebe Gottes nur als die furchtbarſte Pein empfinden.

50 ift der Inhalt unſeres Glaubens tatſächlich nur Liebe. Was ich vorhin ſagte, war in kurzen Strichen nur der Inhalt unſeres Glaubens. nehmen wir die Summa theologica des hl. Thomas oder ſonſt ein Werk der Dogmatik zur hand: Das und nichts anderes iſt ihr Inhalt. Soll unſer Glaubensleben zu neuer Macht erwachen, fo muß es die

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Blaubenswahrheiten vor allem als Offenbarung der Liebe begreifen. Wir müſſen fie als Offenbarung der Liebe erleben. Und da die heilige Kirche die immer gegenwärtige Offenbarung Gottes iſt, muß es unſer Streben fein, das beben der Kirche zu leben, das Bewußtſein der Kirche zu unferem Bewußtſein zu machen. Die Kirche iſt immer⸗ fort Gegenwart. Wir brauchen nicht in die Vergangenheit zu ſchauen. Wir find heute geradefogut die Kirche, der fortlebende Chriſtus, wie die kleine Schar im Abend mahlſaal oder die Kirche der erſten Jahr: hunderte. Leben wir das beben der Kirche als Bemeinfchaft des Glaubens und der Liebe. Und wir werden es leben, wenn wir die Euchariſtie in Meffe und kommunion und das unfehlbare Lehramt zur Quelle unſeres Cebens machen. Dann find wir auf dem beſten Weg zur vollendeten Innerlichkeit und zur vollendeten Gemeinſchaft.

Dann wird unſere heilige kirche von neuem zum Licht auf dem Scheffel werden, nach dem die ſuchende Zeit ausſchaut, zur Stadt auf dem Berge, zu der die Dölker pilgern. Die Liebe zur Kirche über alles!

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Die Wurzel des Gebens.

Ds man nach beftimmten, feſten Gehren nicht viel fragen müſſe, daß es das höchſte Glück eines chriſtlichen Lebens ſei, ſich dem Dienſte des Nächſten zu weihen, ſo hatte man ihm geſagt.

„Doch da konnte ich nicht einſehen“, ſchreibt der junge Inder“, „wie die chriſtliche Religion die einzig wahre fein könne, wenn fie mir dieſe Pehre vortrage. Kein ver⸗ nünftiger Menſch auf der Welt, was für religiöfe Überzeugungen er auch immer haben mag, kann leugnen, daß Nächſtenliebe etwas Großes iſt. Wo bleibt denn da die Eigenart des Chriftentums? Außerdem gab ja auch die Urkirche nicht dieſe behre als die einzige, die ſie der Welt brachte. Aber viel Blut wurde in ihr vergoſſen, um darzutun, daß Jeſus der Sohn Gottes war, der gekreuzigt wurde, aber am dritten Tage wieder von den Toten auferſtand.“

mit ſozialen Problemen ſollte er ſich beſchäftigen! Da wollte der Inder doch erſt wiſſen, „was denn das Chriſtentum mit Soziologie zu tun habe“. Er wollte den chriſtlichen Slauben kennen lernen, und er wollte ihn ganz kennen lernen. Und die Snade wies ihn den rechten Weg; fie gab ihm Licht und Kraft. Sie gab ihm den Mut, ſelbſt die ſtärkſten Bande zu löſen, die Bande des Herzens. Sie führte ihn ſchließlich „vom Hinduismus zum Katholizismus“.

„Diele tauſend menſchen kamen ſchon dazu, Zott zu lieben, indem fie die Men- [hen liebten.“ Aber „der Glaube lernt am ſchnellſten; denn er verliert ſich bald in jene Liebe, die alle Dinge auf einen Blick ſieht und verſteht. Wie viele menſchen meinen, fie könnten ihre geiſtlichen Krankheiten dadurch heilen, daß ſie ihre Liebe vermehren, wo es beſſer wäre, fie pflegten ſorgfältig ihren Glauben“.

Nicht im Glauben allein liegt hinieden das Leben, nicht allein in der Liebe. Das beben liegt im „Glauben, der ſich in der Liebe betätigt“ (Gal. 5, 6).

! Dom Hinduismus Zum ktatholizismus. Selbftbekenntniffe eines jungen Brahmanen. Leuchtturm 15 (1921/22) 137 ff. 2 Faber RKReiching, Bethlehem". (Regensburg 1865) 219 u. 250.

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Chriſtus im Gleichnis der Sonne.

Eine kleine liturgiegeſchichtliche Uamenſtudie zum Sonntag. Don P. Anfelm Manſer (Beuron).

er Einigkeit in Bezug auf Umfang und Ausgangspunkt der Woche

bei den verſchiedenen chriſtlichen Dölkern, Kirchen und Gottesdienſt⸗ orönungen ſteht gegenüber eine Derfchiedenheit in der Benennung der einzelnen Wochentage. Alt- und neuteſtamentliche, vorchriſtliche und chriſtliche, übernommene und ſtammeseigene, morgen: und abend⸗ ländiſche Züge haben ſich in der Namenreihe der Wochentage ungleich und mannigfach verbunden und vermiſcht. Damit ſpiegelt ſie unſchein⸗ bar und doch klar und bedeutſam die geſchichtliche Miſchung und Der: knüpfung von Kulturen und Zeiten wieder.

In der romaniſchen Dölkerfamflie des Südens und Weſtens trägt der haupt⸗ und Eröffnungstag der Woche im Gegenſatz zu den folgen⸗ den Wochentagen den neuteſtamentlichen und reinſt chriſtlichen und liturgiſchen Namen „Tag des herrn“, d. h. Tag Chriſti. Das gemein⸗ ſame Stammwort bot den lautlich verſchieden geſtaltenden romaniſchen Tochterſprachen die altkirchliche lateiniſche Bibelüberſetzung im 10. Vers des 1. Rapitels der Geheimen Offenbarung des Apoſtels Johannes: in dominica die«: „am Herrentage“. g

Unter den germaniſchen Völkern eignet dagegen dieſem erſten und führenden Wochentag die an ſich und zunächſt mehr naturhaft als geſchichtlich und gottesdienſtlich klingende Bezeichnung: Sonnentag, Sonntag. Den obwaltenden und abſtechenden Tatbeſtand hat ſchon der heilige Geſchichtſchreiber des chriſtlich gewordenen germaniſchen Frankenſtammes, Biſchof Gregor von Tours (+ 594), deutlich hervor⸗ gehoben: in feinen „Zehn Büchern fränkiſcher Geſchichte“ (B. III, flap. 15). Ein reicher, mächtiger Franke im Trierer Gebiet bedeutet feinem neuen, vielberſprechenden koch: „Schau! gerade ſteht der Sonntag bevor; an dieſem Tag werden meine Nachbarn und Derwandten in mein haus geladen.“ Zum Worte Sonntag (dies solis) ſchiebt der chriſtliche herodot und Sprößling einer alten, vornehmen und ganz in die Kirche hineingewachſenen merfamilie die Erläuterung ein: „So iſt nämlich fremder [fränkifcher] Brauch (barbaries) gewohnt, den herrentag (diem dominecum) zu nennen.!“

Sleichwie Nichtchriſten durch die weihende und umwandelnde Taufe in den Bottesbund der Kirche und das Heerlager Chriſti Aufnahme

Monumenta Germaniae hist., Scriptores rerum Meroving., I, 1885, S. 123,5 ff.

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und Eingliederung finden, fo gewannen auch manche vor= und außer= chriſtliche Worte und Gleichniſſe durch Erfüllung mit chriſtlichem Sinn und Empfindungswert Bürgerrecht im kirchlichen Gedanken- und Sprach⸗ ſchatz, Schrifttum und Bildweſen. In großer und tiefgründender Forſcher⸗ weiſe hat das bezüglich des Fiſchſinnbildes unlängſt ein bewundertes Werk der Religionsgeſchichte und chriſtlichen Altertumskunde en und veranſchaulicht: Fr. 9. Dölger’s IXO.

Das Frühchriſtentum und die Blütezeit der Kirchenväter iſt reich ausgeſtattet mit dem ſtillen und heimlichen Sinnbild des ſchweigenden Fiſches, der vorab auch Opfer und Opferſpeiſe war und bedeutete. mit dem Anbruch und Erſtarken der germaniſchen mittelalterlichen Welt des Abendlandes nach dem Untergang des alten, durch griechiſche und morgenländiſche Juflüſſe befruchteten Römerſtaates tritt dieſes Sinnbild aus dem allgemeinen Lehen und Derftändnis zurück und wird gleichſam ein erſtorbenes Wort. Don erheblichem Einfluß hiebei war wohl, daß dieſes Bild Chrifti nicht von den Gottesbüchern der Bibel getragen und geſchirmt war. Somit floß es nicht aus dieſer immer lebendigen und göttlich verehrten Quelle über eine erlöſchende Kultur hinweg in eine neue hinein. Anders war das Geſchick des großen und glänzenden Sonnenbildes Chriſti. Das beruht zum Teil wohl auf reger werdendem frommen Naturſinn und gefühl, wie es ih auf

der Mittagshöhe des europäiſchen Mittelalters ebenſo tiefreligiös wie

echt volkstümlich im Sonnengeſang des heiligen Ordensſtifters und Troubadours Franz von Aſſiſſi (+ 1226) durchbricht: Gelobt ſeiſt Du, mein Herr, mit allen Deinen Geſchöpfen, inſonderheit mit dem edlen Bruder Sonne, der den Tag wirkt und leuchtet durch ſich, und ſchön iſt er und ſtrahlend mit großem Glanze; von Dir, Allerhöchſter, trägt er ein Sinnbild!

Schon ums Jahr 400 bot der heilige Miſſtonsbiſchof Niceta von Remefiana im heutigen Serbien eine lehr- und kultgeſchichtlich be⸗ merkenswerte Aufzählung und Erläuterung bibliſcher Benennungen Chriſti (De diuersis appellationibus). Der warmherzige Förderer gottesdienſtlichen Semeindelebens, und allem nach vollendende Bau— meiſter des Te Deum, führt vierundzwanzig ſolcher Chriſtusnamen auf und wertet fie in ſchlichter Sprache ſinn- und troftvoll für die Chrift- gläubigen aus. Wohl erſcheint hier der Erlöfer als „Licht“ (lux), aber nicht als Sonne.

Etwa drei Jahrhunderte ſpäter liegt ein ähnliches, aber weit vol⸗ leres und zwar griechiſches Verzeichnis bibliſcher Benennungen und

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Beiworte Chrifti. Die uns überlieferte Textgeſtalt bietet deren 187. Über zehn kommen wohl in Wegfall. Die lange Cifte bleibt auch fo ein bedeutfames Denkmal der Chriſtuslehre und ⸗verehrung, das viel⸗ leicht der hand des gottesgelehrten Mönches Anaftafius (+ nach 700) vom Sinai entſtammt. Die Fülle und Erhebung der Namen beruht auf der vorausliegenden Auffaffung der heiligen Schriften durch die Däter. Das Derzeichnis iſt ja nur ein Stück der „Lehre der Däter über die NMenſchwerdung des Wortes“. Die Namen ergeben in ihrer Juſammenſchau ein großes und leuchtendes Mofaikbild des Gottmen⸗ ſchen von weihevoller und liturgiſcher Färbung und Stimmung. Was dohann Adam Möhler in feinem „Athanaſius“ (1827, 8. 131) betont, trägt viel bei zum allgemeinen Derftändnis dieſer ausgedehnten und mit⸗ unter überraſchenden Folge von Chriſtusnamen ſowie der altchriſtlichen Chriftusfinnbilder überhaupt. „Die Bruſt unſerer Däter war voll von Chri- ftus; fie fanden ihn daher überall: fie wollten nichts als ihn, daher be⸗ gegnete er ihnen aller Orten.“ An 150. Stelle nun auf dieſer koſtbaren Tafel der bibliſchen Benennungen des Erlöfers ſteht helios-Sonne.!

Don dieſen zahlreichen ſchriftgemäßen Titeln und Beiworten haben wohl viele Rein oder kein bedeutendes Leben in der Liturgie erlangt oder behalten. Dazu gehörten jeweils augenſcheinlich noch beſondere Bedingungen und Umſtände. Das Sonnenbild aber genoß eines ſolchen Gebens im Heiligtum ſchon lange, als die berührte Namen⸗ ſammlung in buzantiniſcher Zeit entſtand. Und das gerade auch in der griechiſch⸗buzantiniſchen Liturgie ſelbſt. 8o recht in ihr Herz führt ihr größter Feierlieddichter, der hl. Romanus „der Sänger“ (+ wohl nach 560). Er vertritt mit feinen Liedworten ganze Geſchlechter und gahrhunderte, die durch ihn Gedanken und Stimme empfingen.

Naturgemäß erſcheint bei ihm das Sonnengleichnis vor allem mit Epiphanie, dem alten griechiſchen hochfeſte der Bottesoffenbarung im Fleiſche (Theophania), verknüpft. Im erhaltenen Bauptgefang auf dieſen Tag feiert Romanus zuvörderſt Chriftus als das Licht, das bis⸗ lang unzugänglich war, jetzt aber von Bethlehem her aufleuchtete aus Maria. In ſteigender Sprache tönt es fort: „Dem ganzen Erdenrund⸗ Spendet feine Strahlenfülle s Die Sonne der Gerechtigkeit.“ Im weiteren Lied auf das gnadenvolle Tauffeſt der Epiphanie beginnt das zweite Geſätz: „Dem Adam, der in Eden erblindet war? Strahlte auf die Sonne aus Bethlehem Und erſchloß ihm das Auge wieder Und wuſch es rein in der Jordanflut.“

5 8. 290 in Fr. Diekamps ausgezeichneter Ausgabe der Doctrina Patrum de incar- natione Verbi, Münſter 1907. ? J. B. Pit ra, Analecta sacra, I., Paris 1876, S. 17 u. 23f.

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Das Sonnenbild kehrt wieder im gubellied auf den Ofterfonntag. Dem Morgenrot der Oſterfrühe noch zuvorkommend eilen die frommen Frauen mit Spezereien, „gleichſam den Tag ſuchend“, den Weg „zur Sonne, die eher war denn die Sonne, und die damals zur Rüfte ins Grab niedergeſtiegen war“.

Unter dem klingenden Namen des Sängers Romanus iſt eine große Zahl rhuthmiſcher Vor- und Nachſprüche zu einzelnen Teilen des alten griechiſchen Stundengebetes überliefert. In dieſen Derfen begegnet das Sonnenbild ebenfalls, und fie verraten fo feine dauernde, weit⸗ verbreitete und verzweigte Anwendung im ausgedehnten Bereich des griechiſchen Gottesdienftes. Zwei ſolcher kurzer Gebete ſtechen dadurch hervor, daß fie der jungfräulichen Bottesmutter Maria den Namen Sonne als huldigende Anrede an ihr göttliches Wiegenkind in den Mund legen: „Sonne, mein Sohn, wie nur werde ich Dich in Windeln hüllen?“ ? |

Romanus, der aus Syrien gebürtige Pindar der buzantiniſchen Rirdyendichtung, und dieſe überhaupt ift nach Gehalt und innerer Form teilweiſe vom älteren liturgiſchen humnenſchatz der benachbarten ſu⸗ riſchen Schweſterkirche im Zweiſtrömeland abhängig und genährt. Sein früher und außerordentlich reicher und großer gottesdienſtlicher Dichtergeiſt war der heilige Diakon und ktirchenlehrer Ephräm von Sdeſſa (+ 373). Daß in feinem heimatlande und in feinem eigenen Sagen und Singen, unweit von alten Brennpunkten vor- und wider⸗ chriſtlichen Sonnendienftes wie Babylon und Baalbek- Heliopolis („Sonnenſtadt“) auch das Sonnenbild Chriſti Boden und Pflege fand, läßt ſich leicht ahnen und iſt belegbare Tatſache.

Sleich der zweite der fünfzehn Epiphaniehymnen in Thomas Yof. bamus wertvoller Ausgabe und lateiniſcher Überſetzung ephrämſcher Humnen und Predigten zeugt dafür‘. In Oftfyrien war Epiphanie damals noch beſonders auch Gedächtnis der Geburt des herrn. Im Hinblick auf die Kindesgeftalt des menſchgewordenen ewigen Wortes und im Gedanken an den bekannten ſuriſchen Sonnenbrand ſingt die neunte Strophe: „. .. dieſe Sonne, die mit ihrer Blut die Erde verſengt, ſoll mit uns jene unſere Sonne feiern, die nun gütig ihre Fülle und Gewalt dermaßen beſchränkte, daß der reinen Seele inneres Auge in fie ſchauen kann. Gebenedeit ſei der Strahl ihres bichts!““ Aber bereits in der Anfangsſtrophe liegt Ähnliches vor. Feinſinnig wird da mit den Tagen des „ſtrahlenden“ Römerkaiſers Auguftus die Beburt

ma. a. O. 8. 125. ebd. 8. 229, 36; 240 f., 96. Sancti Ephraem Syri Hymni et Sermones; 4 Bände, Mecheln 1882 - 1902. a. a. O. I. 15,16.

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chriſti als „Sonnenaufgang“ (dencho) zufammengerückt. Dasfelbe bildliche Wort bietet die fyrifhe Bibelüberſetzung bei Lukas I, 78 im bobgeſang des Daters Zacharias auf die tagende Erlöfung: „Sonnen- aufgang aus der höhe.“ Darum eignete ſich dieſes bibliſche Lied fo ausnehmend für das liturgiſche Stundengebet zur Zeit der Morgen- dämmerung und Tagesgeburt im Aufftieg der Sonne (Caudes).

Der ſechſte ephrämſche Marienhumnus ift mit dem kiehrvers aus⸗ geſtattet: „Bebenedeit ſei, Der in der ganz wunderbaren Jungfrau gewohnt. Sein Auf» und Hervorgang aus ihr hat den Erdkreis erhellt.“ Das iſt beinahe nur die Wiederholung des Schluſſes der ſiebten Strophe: „Aus ihr (Maria) iſt aufgegangen die Sonne der Gerechtigkeit, und hat mit ihrem Aufftieg die ganze Welt erleuchtet“.

Vielleicht geht das zarte Wort in einem Weihnachtsgeſang des ſuri⸗ (hen Feſtbreviers der Maroniten, das ſelbſt den im Schoß der gung⸗ frau Derborgenen als Sonne ſchaut, auch auf den heiligen Sänger von Edeſſa zurück: „Die hehre Sonne zog ihre Strahlen ein und barg ſich in einer lichten Wolke“ (Maria). Das nämliche gottesdienſt⸗ liche Buch enthält das lebenswarme Weihnachtsgebet an geſus: „Führe uns, o Herr, durch dein herrliches und göttliches Licht, o Sonne der 6erechtigkeit, die da gekommen iſt, uns zu erleuchten, auf daß wir gerade und unwandelbar auf dem Wege des wahren Glaubens wan⸗ deln, der da fern iſt von allen verkehrten Pfaden irriger Lehren, und auf daß wir durch Deine heiligen Strahlen erleuchtet und von ihnen geleitet Dir reine Gedanken zum Opfer darbringen und unaufhörliche bobgeſänge: Dir, o herr, und Deinem Later“.

Nicht allein auf den nahen griechiſch⸗buzantiniſchen Norden hat das chriſtliche Syrien mit feiner früh und reich entwickelten Kirchendichtung eingewirkt, ſondern ſogar auf die alte abeſſiniſche Chriſtenheit im ent⸗ fernten ſonnenhaften, poeſiereichen Bergland von Athiopien. Dorthin fanden feit alters edle Weine Suriens ihren Weg über Agupten!, aber auch ſuriſche Erzeugniffe frommen Denkens und liturgiſcher Dichtkunſt. hnliches war auch nach dem europäiſchen Weſten hin der Fall.

fithiopien erſcheint als ein Land und herd wärmſter und lebhafter Marienverehrung. Schon verhältnismäßig früh zählte ſein Kirchenjahr dreiunddreißig Marienfeſte. Es beſitzt im Gottesdienſte eine Fülle von Marienliedern in feinen drei Marienoffizien. Das älteſte und bedeu⸗ tendſte iſt das „Marienlob“, ein humnenkranz für die fieben Wochen⸗ tage. Es iſt wohl mit Roſen und Blumen geflochten oder durchflochten,

Ebd J. 11 ff., 1323. ebd. II, 539. P. Zingerle, Feſtkränze aus Libanons Särten I, 1846, 8. 122 Mitte u. 115. mommſen, Röm. Geſchichte, V, 465.

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die vielleicht im ſechſten Jahrhundert im Dichtergärtlein eines beſchei⸗ denen ſuriſchen Diakons Simeon aufgegangen waren!“.

In der Marienverehrung der alten abeſſiniſchen Kirche behauptet das Sonnenbild Chriſti eine feſte und bevorzugte Stelle. Im allwöchent⸗ lichen Samstagshumnus des „Marienlobes“ mit dem Engelsgruß als Rehrvers klingt es bald:

„Ein zweiter, ſchön'rer himmel ragſt du vor uns empor: die Sonne des Gerechten, fie geht aus dir hervor;

o reinſte Gottesmutter, in unverletzter Zier

gebarft du den Verheiß' nen: Freu dich, Gott iſt mit dir!e

Das große Bild von Maria als himmel und Chriſtus ihrem gött⸗ lichen Rind als Sonne kehrt wieder in einem andern humnus: „Du biſt auf Erden zum zweiten himmel geworden, auf daß du die Sonne gebäreſt.“ Adolf Grohmann hat es in feinen umfaſſenden Nachweiſen zu äthiopiſchen Marienhumnen weiterhin aus dem dritten der Maria⸗ niſchen Offizien zweifach belegen können‘. Bier im dritten, wohl bei⸗ nahe um ein gahrtauſend jünger, aber ganz einheimiſchen Marien⸗ offizium, genannt „Die Orgel der heiligen Jungfrau“ (vollendet 1440) bekennt Äthiopien ſodann: „Der Mutterleib der Jungfrau ward zu den Bimmelspforten, und ohne daß er geöffnet wurde, war er zum Ein⸗ gang und Ausgang für die Sonne der Serechtigkeit“. Im langen marianiſchen Blumenlied (nach 1442) wird Maria gegrüßt als „Tor der Sonne der Gerechtigkeit“. Dieſe Bezeichnung Chriſti ſcheint in Athiopien allmählich ganz volkstümlich geworden zu ſein, ähnlich wie im Abendland, wo fie durch die Litanei vom hochheiligen Namen geſu auch außerhalb der Liturgie weiteſten ktreiſen der verſchiedenen Länder und Völker vertraut wird und bleibt. Ein Bittruf der Litanei ergeht an geſus als „Licht der Bekenner: lumen confessorum“ . Im vorgenannten Marienbuch der Äthiopier erſcheint Chriftus allgemein als „die Sonne der heiligen, die die Finſternis vertrieben hat““.

Die abeſſiniſche Kirche beſitzt unter ihren fünfzehn Anaphora⸗ oder meßformularen eine alte und eigene „Meſſe unſerer Herrin Maria“. Alle Teile ſind tunlichſt auf ſie eingeſtellt. Im Strom eines lobpreiſen⸗ den Bekenntniſſes des Dreieinen taucht auch das Sonnenbild auf. Es hat hier eine beſondere Färbung, die gut mit der Nebenauffaſſung des Sonntags als Tages des Dreieinen zuſammenſtimmt. „Der Dater iſt

!pgl. 8. Euringer, im Oriens Christianus, 1911, 8. 226.

? Bei H. Baumgartner 8. J., Geſchichte der Weltliteratur, IV, 1901, 8. 236. Athiopiſche . Deipzig 1919, 5. 308, 2

wa. a. O. S8. 237. a. O. 8. 95. ° d. a. O. S. 200.

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Sonne, der Sohn ift Sonne und der hl. Beift ift Sonne; eine ift die Sonne der Gerechtigkeit, die über allen leuchtet“.

Wie diefe Meffe nennt auch das „Marienlob“ dankbar den aus- ländiſchen Urſprung. Die Andeutung geht unmittelbar auf das benach⸗ barte chriſtliche Ägypten, für das „Marienlob“ unmittelbar auf Syrien‘. Diefes bedeutſame Denkmal ſuriſchen Schrifttums lebte in der ägup⸗ tiſchen Chriftenheit auf Grund der Überſetzung in die koptiſche Landes- und ktirchenſprache vielleicht ſchon einige Jahrhunderte, ehe es in die Mundart Hihiopiens übertragen ward.

Im ganzen chriſtlichen Agupten mochte das Wort von Chriſtus als Sonne einen eigen tiefen Alang befigen. Es war das Land mit der älteften, wunderfam entfalteten Sonnenverehrung. Und fie barg über⸗ raſchend reine Züge, die ſelbſt den Glauben an ein einziges Bottwefen zu bezeugen ſcheinen. Seine höchſte Offenbarung wäre die alles ſchau⸗ ende und belebende Sonne, „das ſichtbare Ruge“ des unſichtbaren Bottwefens. Auch altgermaniſche Bottesahnung betrachtete fie als Bottesauge, als Auge Odins, und N. güngſt hat dies würdevolle Bild im Nornenlied von „Baldurs Tod“ treu verwendet:

„Gegrüßet am Morgen Die mächtigen Schatten, du Leuchte des Lebens, die Uebel entfliehen, allſehende Sonne, in ſchaurige Schründe, das Ruge der Gottheit! wenn lieblich du lachſt!

Einen Anklang an dieſe fromme und uralte Dorftellung birgt und wahrt das Nömiſche meßbuch im früh und überaus ſchön gebauten Boftkommuniogebet um Sonnentage gegen unzeitigen und über⸗ mäßigen Regen: „Allmächtiger Bott, wir flehen zu Deiner Milde: Du wolleſt den niederflutenden Regen bannen und uns huldvoll die heiter⸗ keit Deines Antlitzes (vultus) ſchenken. Durch geſus Chriftus, uſw. Das lateiniſche Wort vultus betont ja insbeſondere das Ruge im Beſichts ausdruck.

Es iſt einer der großen Birchenväter unter dem reinen und weiten Simmel des Nillandes, der die bibliſche Srundſtelle für das Bild von Chriftus als der „Sonne der Gerechtigkeit“ des nähern und tiefſinnig deutet: der heilige Patriarch Cyriltus von Alexandrien (T 444), das „Siegel der Däter“, in feiner Erklärung zu Rap. IV, 2 der Weis⸗ fagung des Propheten Malachias.

Gleich den Führern der altalezandrinifchen Batechen« und Theologen= ſchule Klemens (+ vor 216) und Origenes (T 254?) erblickt auch der hl. Cyrillus im Prophetenwort: „Euch, die ihr meinen Namen fürchtet,

ſ. 8. Euringer im Katholik, 1916, I, 8. 256, 29. 2 gl. a. a. O. 8. 241 f. Bei Migne, Patrologia graeca, Bd. 72, 1859, Sp. 357ff.

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wird aufgehen die Sonne der Gerechtigkeit: und heilung (if) in ihren Flügeln“ eine meffianifhe Beziehung und Verheißung. Ihre Er⸗ füllung trat ein mit der Menſchwerdung des eingeborenen Wortes Gottes. Chriftus hat gleich einer Sonne mit ihrem Strahlenkranze ringsum in Dunkel und Finſternis hinein geleuchtet und den lichten Strahl wahrer Botteserkenntnis in die glaubenden Seelen geſenkt und ſie lauter, weiſe und kundig aller guten Werke gemacht, (d. h. der Gerechtigkeit). Aber es gibt noch einen weiteren, zweiten Aufgang Chrifti, der Sonne der Gerechtigkeit: der vollendende und enögeitliche- Da wird fie noch klarer aufleuchten und die treuen Gläubigen, die die Erdenlaufbahn gottgefällig vollendet haben, mit noch tieferem Er⸗ kenntnislicht erfüllen, alle Schwachheit und Krankheit der Seele be⸗ heben, aller Trübfal fie vollſtändig entrücken. Das find Wohltaten, die dem einzelnen Gerechten bei Erlöſung aus dem irdiſchem beben zuteil werden. Und darin erfüllt ſich nach dem großen Gottesgelehrten und Birchenlehrer auch die Derheißung: „Und heilung (ift) in ihren Flü- geln“. Die Sonne der Gerechtigkeit leuchtet und führt zur ewigen Bimmelsfeligkeit, auf die der Sonntag von frühe her hinweiſt. Curillus fand fie denn auch in den unmittelbar nachfolgenden Seherworten des Propheten Malachias gezeichnet.

Auf der allgemeinen kirchenverſammlung von Epheſus im Jahre 431 war der hl. Cyrillus geiſtiger Führer. Unter ihm hielt fein Amtsbruder Biſchof Theodotus von Ankyra in Galatien drei berühmt gewordene Feſtreden, die an der Spitze der kleinen Sammlung ſeiner Predigten ſtehen. In der vierten (nr. 3) preift er Maria: „Sei gegrüßt licht⸗ umkleidete Mutter der nie untergehenden Sonne“!. hierin liegt wohl, wie der ſpätere Rardinal Newman in feiner klaſſiſchen Marienſchrift dafürhält, eine Rückbeziehung auf das Sonnenbild Chrifti in der Ge⸗ heimen Offenbarung des hl. Johannes (12, 1): „Ein großes Zeichen erſchien am himmel: Ein Weib mit der Sonne bekleidet.“ In Hgupten hat in einer Homilie der Dorgänger des hl. Curillus, Patriarch Theo- phulus, das Wort auf Chriftus und feine Mutter bezogen. Bedeut- ſamer ift, daß dieſe Auffaſſung hier in der Candesliturgie Boden ge⸗ wann: „Dies iſt Maria, der neue himmel, der über der Erde iſt, aus dem die Sonne der Gerechtigkeit uns entgegenſtrahlt; denn die Sonne, in die fie gehüllt ift, ift unſer herr geſus Chriſtus“ .: So betete man im alten Sonnenlande, in das er als Rind mit feiner Mutter vor dem nach⸗ ſtellenden herodes vom treuen, klugen Pflegevater geflüchtet wurde,

Bei Migne, Patrol. gr., Bd. 77, 1859, Sp. 1393, B. ? Bei Grohmann, o. a. O. S. 232.

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vielleicht in die Nähe der dem ifraelitifchen Dolke vertrauten Sonnen- ſtadt Heliopolis. In der alten, bildergefättigten Religion Ägyptens wurde die neugeborene, milde Sonne der Morgenfrühe ſowohl wie der kurzen, ſchwachen Tage der Winterwende als Rind dar⸗ geſtellt. Das ſchöne äguptiſche Bild von der wachſenden Winterſonne als Rind lud leicht zur Anpaffung auf das Weihnachtsgeheimnis ein.

Die Geheime Offenbarung, die an einem „Tag des Herrn“ (1,10) einſetzte, enthüllt im Grunde noch ein weiteres, mittelbares 8onnengleich⸗ nis. Im Zuſammenhang mit dem erſten (12, 1) und im Lichte bibliſcher Sprechweiſe erſcheint es wohl unſchwer durchſichtig. In der Schöp⸗ fungsurkunde ſpricht Gott: „Ceuchten ſollen werden an der Defte des himmels!“ .. „Und Gott ſchuf die zwei großen Leuchten“: meldet der Bericht (Geneſ. 1, 14. 16). Am Eingange feines Evangeliums verkündet der heilige Ciebesjünger Chriftus als wahres göttliches Gei⸗ ſteslicht der Welt; gegen Schluß der Apokalypfe ſieht er Chriftus das bamm als alleinige Leuchte der himmliſchen Bottesftadt im ewigen Sonnentag: „Und die Stadt bedarf weder der Sonne noch des Mondes, daß fie in ihr ſchauen, denn die kilarheit Gottes hat' fie erhellt und ihre Leuchte iſt das amm“ (21, 23).

es fügt ſich ſchön und eigen, daß das letzte Buch der hl. Schrift mit der Schau in den Endſieg des Reiches Chriſti auch ſein Sonnenbild aufweiſt. Nicht umſonſt iſt die Geheime Offenbarung ein bevorzugtes gottesdienſtliches Sonntags buch alter Zeit geweſen, wovon noch die Mönchsregel des hl. Benediktus zeugt (Rap. 12). (Schluß folgt.)

Anmerkung. Der Gewinnung wiſſenſchaftlicher Kenntnis der Frühgeſchichte und umfaſſenden Gedankenwelt des Sonnenbildes dienen vor allem zwei religions- geſchichtliche Deröffentlihungen Franz Joſ. Dölgers: Die Sonne der Geredtig- keit uſw.; Münſter in Weſtf., Aſchendorffſche Derlagsbuchhandlung, 1918; und: Sol Salutis (Sonne des Heils); ebenda 1920. Sie bieten einen grundlegenden Teil deſſen, was Franz Cumont Sonnentheologie nannte und tragen viel bei zum Verſtändnis mancher liturgiegeſchichtlicher Texte und Gebräuche, wie fie denn auch in der Sammlung biturgiegeſchichtliche Forſchungen“ als heft 2 und 45 erſchienen. hervor- tagend find auch die einſchlägigen zuſammenfaſſenden Darſtellungen in 5. Dumaines großem Artikel Dimanche im Dictionnaire d’archeologie chrétienne et de liturgie von Cabrol-Peclercq, Bò. IV, 1, Paris 1920, Sp. 870— 879 u. 907—915.— der neuere deutſche katholiſche Bücherſchatz beſitzt auch für weitere Areife ein ſchönes, erquickendes und erbauendes „Sonnenbuch“ aus der Feder von Auguftin Wibbelt Warendorf, J. Schnellſche Buchhandlung. P. Paul Krebs von der Beuroner Runft- ſchule hat mit gütig entgegenkommender hand für den Einband des Römiſchen Sonntags miſſale (bei Herder) von P. Pius Bihlmeyer ein Zierbildchen gezeichnet, das in der ſtrahlenden, über dem bewegten Lebensmeere aufgehenden Sonne den alt- chriſtlichen llamenszug Chrifti trägt und altchriſtliche Empfindung veranſchaulicht.

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Freuet euch!

Uachklänge vom Sonntag Gaudete. Don P. Willibrord Derkade (Beuron).

m Sonntag Gaudete hat es wieder geheißen: „Freuet euch alle⸗

zeit im herrn, abermals ſage ich euch: Freuet euch!“ Der Apoftel ſpricht: „Freuet euch allezeit“, wie er auch ſagt: „Betet ohne Unterlaß“. Wie unfer Geift durch ein inniges Mit⸗Gott⸗Uerbundenſein in der guten meinung, durch ein immer wieder zu ihm hinkehrendes Verlangen, durch Dank und Cobpreis und durch Bitte in einer dauernden Gebets⸗ ſtimmung bleiben ſoll, ſo ſoll auch eine dauernde Freudenſtimmung in uns herrſchen: Freuet euch allezeit!

Wie weit find wir aber von dieſem Ideal entfernt, gerade in un⸗ ſeren ſo traurigen und dennoch hoffnungsvollen Tagen! Und doch gibt es ſo zahlreiche Motive der Freude, auch für uns. Die Kinder denken nicht daran und find trotzdem freudig, unbewußt befien Ne die Freude. Wir „große“ Menſchen, die wir oft ſo klein und kleinlich ſind, ſollten uns dieſe Motive öfters vorführen, um uns zu überreden, vernünftig zu ſein, ein Hauptzweck des betrachtenden Gebetes.

Vor kurzem ſchrieb mir jemand aus einer Broßftadt: „hier ift es ſcheußlich, die Renſchen freſſen ſich fo mit Haß voll, daß fie für kein natürliches Gefühl mehr Raum haben: fie bemerken die Sonne nicht mehr, und es gibt keine Mondnacht für fie, und der liebe Bott plagt ſich ganz umſonſt mit allen den herrlichkeiten, die er uns täglich ſchenkt; denn die Menſchen find blind und taub für fie. Ich aber dank ihm täglich nicht bloß für alle ſeine Wunder, ſondern auch dafür, daß er mir die Kraft gibt, fie täglich von neuem zu fühlen, und je älter ich werde, deſto mehr die Schönheit dieſer Welt zu preiſen. Wie ſchön wird es gar dann erſt drüben ſein, wenn wir ihn nicht bloß in Spiegeln, ſondern von Angeſicht zu Angeſicht ſehen.“ Das ſchreibt ein Mann, der mit Alter und Krankheit kämpft, der, wie ſo viele heutzutage, ſeine Erſparniſſe verloren hat und den ganzen Tag ſich abplagen muß, um die nötigen Billionen zum Lebensunterhalt für fi und feine Frau zu verdienen. Er hat aber die Gabe ſich zuzu⸗ reden, vernünftig zu ſein, fröhlich zu ſein, dankbar zu ſein. Irgend ein ſtarkes Motiv der Freude packt ihn immer wieder.

St. Paulus ſpricht: „Freuet euch im herrn“, und damit ſagt er uns, daß unſere Freude, eine erlaubte ſein muß, eine Freude, die auf dem Wege zu Gott genoſſen wird, die zu ihm hinführt, nicht von ihm weg⸗ zieht; eine Freude, die mit Dank gegen Gott verbunden iſt. Es gibt

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auch eine Freude, die von Gott entfernt und deshalb in ſich felbft zer⸗ fällt und todtraurig, bitter und böfe macht: die ausgelaſſene, polternde, lärmende Freude, die Freude an Händel und Streit, am ktritiſteren und Schimpfen. Und es gibt teufliſche Freuden, die Freude, Genoſſen der Schuld und Senoſſen im Unglück zu haben: die Schadenfreude. es gibt Menſchen, die keine Freude um ſich aufkommen laſſen. Weil ſie traurig ſind, muß alles mit ihnen trauern. Sie ſind wie giftige Schlangen, die harmloſe Dögel bannen mit ihrem Blick, fie töten, fie begeifern, um fie dann hinabzuwürgen. Don ſolchen Menſchen ſollte man ſich nicht herunterdrücken laſſen, ſogar wenn es nahe Derwandte wären. Man follte ihnen ihr ſcheußliches Verbrechen vorhalten, oder, wenn man dazu weder den Mut noch die Kraft hat, fo müßte man ſie fliehen aus Selbſterhaltungstrieb. Sie ſind allerdings meiſtens krank und quälen oft ſolche, die fie im Grunde lieben. Wenn das der Fall iſt, dann ſoll man bei allem Mitleid munter bleiben, wie der Arzt, der von Kranken zu ktranken zieht und der bei allem gammer den guten humor, den er auch für die kranken braucht, nicht verliert. Aber führen wir uns nun einmal eine Reihe von Freudemotiven vor... Denken wir zuerſt an erlaubte ſinnliche Freuden, die allerdings niemals nur⸗ſinnlich find, wenn es echte, wahre Freuden, Freuden „im herrn“ find: Die Freude des Mahles 3. B., in Einfalt und Dankſagung genoſſen, „geheiligt durch Gottes Wort und Gebet“ (1 Tim. 4, 4), die Freude der Bewegung und der Ruhe, die Freude der Einfamkeit und der Unterhaltung. Die Freude des Befanges und des Tönens.... Die Freude der Heimlichkeit: Ein freundliches Zimmer mit gutem Ofen, wenn es draußen unwirtlich und naßkalt iſt. Die Freude der Kühlung, die der Schatten bringt am heißen Sonnentag. Die Freude, erſtarrte Glieder zu erwärmen an der erſten Frühlingsſonne. Die Freude, endlich die müden Glieder ausſtrecken zu dürfen unter ſchützenden Decken. Wer ſoll ſie alle aufzählen! Und denken wir nun weiter an jene Freuden, die ſchon mehr geiſtig ſind: das ſchöpferiſche Tätigfein in irgend einer Art. Die Freuden des Suchens und Erwar⸗ tens, des Gedeihens und des Wachſens. Die Freude des Entdeckens und des Erfolges. Die Dater-, Mutter⸗ und die KRinderfreude, die Freude am Beruf. Und nun haben wir noch gar nicht von der eigentlichen Bottesfreude geſprochen. Zwar erwähnten wir ſchon die Freude an all den Wundern, die Gottes Güte uns täglich ſchenkt. Man bete doch mit Hindacht das „Benedicite“, den Lobgefang der drei Jüng⸗ linge im Feuerofen, wenn die Freude fehlt! Man laſſe alle Geſchöpfe an ſich vorüberziehen, die darin aufgerufen werden, Gott zu loben Benedtktinifche Monatfchrift VI (1924), 1-2. 4

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und zu preiſen. man weile kurz bei den füßen Erinnerungen, die all dieſe Dinge in uns wachrufen! N 3t. Paulus ſagt: „Freuet euch im herrn allezeit ... Euer freundliches Weſen werde allen Menſchen kund, denn der Herr iſt nahe.“ Was könnte man nicht alles ſagen von der Nähe Gottes, von der Nähe deſſen, der lautere Wonne und Freude iſt, der, weil er alles iſt, was er hat, die Freude und die Wonne iſt. Nichts iſt uns ſo nahe wie Bott. Wir leben, bewegen uns und find in ihm. Gott iſt uns näher als das Feuer, das wir anblafen. Gott iſt uns näher als das Rab, das wir in Bewegung ſetzen. Gott iſt uns näher als es unſere Ge⸗ danken find. IM das allein nicht ſchon ein Motiv, das uns immer wieder ermuntern und freuen könnte, daß Gott uns ſo nahe iſt? Denken wir hier auch eine Weile an die Menſchwerdung Gottes und fein Derbleiben unter uns in der heiligen Euchariſtie .

Es gibt ferner die Freude, in Gottes Gegenwart zu wandeln. Freut das Rind ſich nicht, um die Mutter und bei ihr zu fein? Läuft es ihr nicht nach, wo immer ſie hingeht? Bleibt es nicht ſtehen, wenn ſie ſtillſteht, und ruht es nicht in ihren Armen, wenn ſie ruht? Wir ver⸗ ſperren uns aber fo oft den Weg zu Bott hin durch unferen Aleinmut und unfere Sorgen! Darum ruft uns St. Paulus auch zu: „Seid nicht ängſtlich beſorgt, ſondern laſſet in all euren Gebeten eure Anliegen unter Dankfagung Gott kund werden.“ Es iſt ja recht, daß man oft bei feiner Kleinheit verweilt, aber das ſoll nie geſchehen, ohne daß zugleich das Dertrauen zu Bott in uns wächſt. Die Tiere beſchämen uns oft. Da geht ein Mann mit feinem Hund ſpazieren. Erſt läuft das Tier brav neben oder hinter ſeinem herrn, aber auf die Dauer it ihm das doch zu langweilig: In großen Sätzen ſpringt es vor ihm her, ſchaut aber öfters um, ob ſein Meiſter noch da iſt. Da findet es die Spur eines Hafen und geht ihr nach, mit beidenſchaft. Es vergißt feinen Herrn! Wenn dieſer aber pfeift, und das Tier kommt zu ſich und rennt zurück zu ſeinem Meiſter und ſpringt bellend gegen ihn auf und zeigt ihm feine Liebe... Was ſoll fein herr dann anders ſagen als: „Biſt doch ein liebes, treues Tier!“ Wir machen aber manch⸗ mal, wie einer ſagte, aus unſerem Herrgott einen altmodiſchen Schul⸗ meiſter, der ſtets mit dem Stock in der hand ſeinen Schülern aufpaßt, ob er ihnen nicht eines draufgeden kann... Wir können uns auch freuen, daß wir Rinder der katholiſchen kirche find, Glieder am Leibe geſu Chriſti, lebend von ſeinem beben und ſeinem Geiſte, uns freuen, daß wir teilhaben an allem Guten, das in ihr gewirkt wird, und an allem Lob und Dank, den fie in unſer aller Nlamen Chriftus, ihrem Bräutigam, darbringt.

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Man kann nicht fagen, daß der Deutſche ſehr begabt ift für die Freude. Er hält es oft lieber mit dem Schmerz. Ja meiſtens liebt er fogar den Schmerz. Er empfindet eben gerne. Da zeigt ih auch fein Tätigkeitsörang und der Mangel an Paffivität. Er will auf⸗ gerührt fein von innen. Es muß in feinem herzen etwas vorgehen. nur keine Leere da drinnen! Das hält er nicht aus. Und wirklich it eine beere da, wenn man weder fröhlich noch betrübt iſt. Ein großes Elend iſt es aber doch, wenn man das Betrübtſein, das Schmollen, das Derbiffenfein, das Verletztſein nicht aufgeben will; denn man raubt ſich viel Kraft und macht auch andere unglücklich. Der Trübſinn ſteckt an wie das Lachen. Mit Recht hat die „neue Jugend“ eine ihrer Auf gaben darin geſehen, Freude zu bringen. Sie hat aber nicht immer Wort gehalten. Daran iſt ein Wahrhaftigkeitswahn ſchuld. Wahr⸗ haftig fein über alles, iſt die boſung der Jugend. Husgezeichnet! nun meinen aber manche, fie dürften kein freundliches Gefiht machen, wenn's drinnen im herzen vielleicht noch recht unfreundlich ausſieht. Sie kehren deshalb das ungeläuterte rohe Ich nach außen und machen Befidhter, daß es einem bang werden könnte. Da verſteht man, was hermann Bahr meint, wenn er ſchreibt: „Not bringt die Wahrheit an den Tag. Die kleinen Cebenslügen, in denen wir uns früher voreinander verſteckten, haben aufgehört, das holde Geſpinſt von Höflichkeit, An= mut des Betragens und Zuvorkommenheit iſt zerriſſen. Einſt, wenn man in einen baden trat, wie tat da das Fräulein verliebt, das uns den handſchuh anpaſſen half! Jetzt zeigen die Menſchen einander ihr wahres Geſicht; es ift nicht ſchön. Man lernt nun erſt die Lüge ſchätzen. Es iſt doch angenehmer, nicht fortwährend daran erinnert zu werden, daß wir von Haß und Hohn umgeben find. kultur entfteht aus der Wahrnehmung, daß Menſchen, die ſich nicht verſtellen, meiſtens un⸗ erträglich find; Derftellung iſt immerhin eine freilich nicht lobenswerte Art von Erſatz der Tugend. Wir wußten auch früher, daß das Lächeln, mit dem uns der Wirt an einen Tifch geleitete, bloß auf feinen Lippen lag, aber immerhin wurden wir geleitet, und Lächeln braucht nicht erſt aus dem herzen zu kommen, um wohlzutun. O gentle art of lying, über deren Verfall ſchon Oskar Wilde klagte, wie durchaus unentbehr⸗ lich biſt du dem Daſein! Und iſt es nicht auch immerhin noch der Tugend näher, Liebe zu heucheln als Haß zu zeigen? Der Deutfche, von Form gering denkend, hat niemals einfehen wollen, daß Beſttz ererbter Form notwendig iſt, weil aus ihr Weſenskraft in nachlaſſenden deiten, wenn nicht ſuppliert, doch immerhin fo lange vorgetäufcht werden kann, daß man ſich über die Schwäche hinweghilft. In Hemd-

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ärmeln zu leben war immer ein Jdeal des deutſchen Bürgertums, es ift erreicht. Dielleiht lernen wir daraus Form künftig beſſer ſchätzen.“ Mir kommt es nicht unwahrhaftig vor, ein frohes, freundliches Gefiht zu machen, wenn man auch innerlich betrübt ift oder ſchwer an etwas zu tragen hat. Denn wir ſind ſchon auf dem Weg zur Freude, wenn wir die Dorftellung der Freude in uns hervorrufen oder uns nach außen freudig geben. Man ſoll ſich nur an irgend eine Freude erinnern, anfangen freundlich zu ſchmunzeln oder ſtill und beſcheiden zu lachen, wenn es einem auch gar nicht ums Lachen zu tun it. Es iſt wiſſenſchaftlich erwieſen, daß der Ausdruck eines Gefühles dieſes Gefühl hervorruft. Das Innere wirkt nach außen, das Äußere aber auch nach innen. Da ſieht man, welch große Wohltäter die Freu⸗ digen find, die durch ihr ganzes Weſen die Dorftellung der Freude her⸗ vorrufen und dadurch vielfach auch die Freude ſelbſt. „Freuet euch im Herrn allezeit! Euer freundliches Weſen werde allen Menſchen kund“ wahrhaftig eine wohltätige, aus der biebe entſpringende Mahnung! Ich hoffe, daß es mir gelungen iſt, in etwa die Freude zu heben. Ich möchte aber noch einiges erzählen, was dem einen oder anderen in Tagen der Betrübnis zur Freude verhelfen kann. Jemand erzählte mir einmal, ſooft er ſauer, brummig, unzufrieden, ſtörrig oder aufgebracht ſei, ſuche er ſich durch folgende Betrachtung zur Dernunft zu bringen: „Was haſt du denn heute wieder“, ſagt er ſich, „was fehlt dir denn? Bannft noch gehen, ſtehen, ſehen, hören, riechen, reden, es ſchmeckt dir noch, du haft noch ein Dach über dem Kopf und biſt ordentlich gekleidet ... Gott liebt dich, Bott erträgt dich, Bott ſtärkt dich. Auch viele Menſchen lieben und ertragen dich, was willſt du noch mehr? Wie viele ſind lahm, blind, taubſtumm, wie viele ſind obdachlos, nackt und hungrig? Geh doch mal nach Ursberg zu den armen krüppe⸗ ligen Rindern und ſchau dir das Elend an. Dann gehſt du wieder gerne heim! Jetzt ſchäme dich und ſei geſcheit.“ Ich habe dieſes Mittelchen auch ſchon angewandt, und es hat ſtets gut gewirkt. | Manchmal fällt mir zur richtigen Zeit folgende Geſchichte ein, die ich bei einem däniſchen Autor las: Ein Schriftfteller ſitzt um Mitter⸗ nacht bei feinem Burgunder, feinen Blumen und feinem Tintenfaß. Da klingelt es. Der Dichter öffnet. Ein junger Mann mit breitem Filzhut ſteht vor ihm. Nichts ahnend läßt er den Fremden eintreten. Dieſer ſagt, er ſei gekommen, ihn zu ſehen, bevor er ſterbe; denn heute noch wolle er feinem Leben ein Ende machen. Sein körper ſei ganz geſund, aber feine Seele fei krank, todkrank, und der Dichter ſei daran ſchuld. Seine Bücher und Gedichte hätten ihm die Seele vergiftet. Jahrelang

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habe er in einer niedrigen und ſtaubigen Bude hinter einem Ladentiſch geſtanden und alle halbe Stunde einem Studenten ein verſchimmeltes Buch verkauft. Da ſtand er anfangs mit ruhiger Seele, und mitunter ſchien die Sonne in das Gäßchen herab, darin die Bude lag, und wenn er abends auf den Treppenfteinen ſaß und feine Rreidepfeife rauchte, da ſah er den blauen himmel über den alten, roten Dächern glänzen, und die Schwalben hoch um einen ſchlanken, grüngrauen Turm kreiſen. Dann aber kam die Rattenfängerflöte des Dichters an feiner Türe vorbei und bezauberte auch ihn .. Welch eine befcheidene Freude hatte anfangs dem Unglücklichen genügt: der ſtille Glanz der Sonne, die in das Gäßchen herabſchien und die Schwalben um den ſchlanken, grüngrauen Turm! Erinnert das nicht an jenen Gefangenen, deſſen Freude eine Spinne war, die einzige Genoffin feiner Einfamkeit? Wahrhaftig, die kleinſten Dinge können uns Freude machen, wenn wir nur ein Auge für fie haben... Zum Schluß noch ein echt chriſt⸗ liches Wort einer guten Alten, das wir oft im Munde führen ſollten. ein Ordensmann begegnete ihr am frühen Morgen. Sie ging zur kirche. Ihr Häuschen war etwa zehn Minuten vom Rirchenportal entfernt, ſie brauchte aber mehr als eine halbe Stunde; denn ſie mußte immer wieder ſtilleſtehen und huſtete, huſtete furchtbar. Der Pater ſagte: „nun, Adelheid, wie gehts?“ Da antwortete fie mit einem ſtrahlenden Geſicht, indem fie ihren Stock zum himmel hob: „Es geht aufwärts, aufwärts!“ Und fie lachte und huſtete und huſtete und lachte und humpelte weiter. Ja, beim wahren Chriſten geht es immer auf⸗ wärts, wenn er auch hie und da etwas zurückgeworfen wird; es geht immer aufwärts, und das iſt ein großer Troſt und eine unverſiegbare Quelle der Freude.

Free eee eee eee eee eee e eee eee e eee eee eee eee eee eee eee eee e e e e e eee ee

35 ſtellt ſich [unter dem Antrieb des HI. Geiftes] beim Menfchen innerlich ſo große Süßigkeit und ſolcher Troſt ein, daß er nicht weiß, wie er an ſich halten ſoll. Es dünkt ihn, die ganze Welt fühle das, was er fühlt. Er bricht in ein Jubilieren aus; denn er weiß nicht, wie er ſich dämpfen ſoll. Manchmal, wenn er an verborgenen Stätten iſt (denn Gott will ſeinen Freund nicht in Verlegenheit bringen), wird dieſes Ungeſtüm ſo groß von außen und von innen, daß die Seelen⸗ kräfte und alle Glieder eine ſo große Wonne verſpüren, daß ihn dünkt, das Herz werde ihm zerſpringen.

Aus dem „Reich der Geliebten“ vom fel. Jan van Ruusbroeck, das demnächſt im I. Grünewald ⸗Derlag zu Mainz erſcheint.

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Sumboliſche Grablegung bei der Ordensprofeß.

Don Abt Raphael Molitor (St. Fofef-Coesfeld).

ur jüngften Form der ſumboliſchen Srablegung bei der Ordens⸗ profeß gehören Grabtuch, unter dem der Profeß nach Ablegung der Gelübde vom Offertorium der Meſſe bis zur Kommunion liegt, Totenglocke, Totenkerzen, Auferweckung zur kommunion durch den Diakon. Für fie iſt ein Rituale des 17. Jahrhunderts wohl eine der älteften gedruckten Quellen!. Wie das Rituale fagt, ift dieſe Yere- monie ein Zeichen, daß der Mönch in der Profeß geſtorben iſt, oder wie es anderswo heißt, daß er lebendig tot iſt und geſtorben lebt. Später ift dieſe Art der Srablegung häufig bezeugt, fei es in Ritual⸗ büchern, fei es auch nur gelegentlich in Ronftitutionen oder anderswo. Beifpielsweife führen wir an die kiongregation der Mauriner, Rituale 1666, Ottobeuren 1685 und 1786, Tegernfee 1737, Monte Vergine 1741, Engelberg 1743, St. Blafien 1746, Einfiedeln 1763, Metten 1765, die Auguftiner-Eremiten 1686, Philippineſſen (Rom) 1744. In neueſter Zeit war fie in Gebrauch in der baueriſchen, franzöſiſchen, engliſchen und Beuroner Kongregation. Ferner in St. Paul (Kärnten), St. Peter (Salz⸗ burg), Montekaſſino, Engelberg, bei den Olivetanern und anderen. Der Gebrauch geht aber weiter zurück. In Engelberg, wohin er möglicherweife von St. Blafien gekommen ift, wenigftens bis 1613. Bei den kamaldulenſern iſt er in den Bonftitutionen von 1639 erwähnt der Profeß gibt ih als Opfer für die Welt —, während in der kaſ⸗ finefifhen Kongregation die Grablegung angeblich ſeit Beſtehen der Kongregation (1408) üblich war. Jſt das der Fall, dann war fie in den kilöſtern dieſer Kongregation möglicherweiſe ſchon früher üblich, weil die Abteien beim Zuſammenſchluß zur Kongregation ihre Privi⸗ legien und Gebräuche faſt unverändert beibehielten. haeften kennt dieſen Ritus der Grablegung nur bei den kiaſſineſen und hebt hervor, daß er anderswo nicht erwähnt werde’. Sonach war er 1644 nicht viel über diefe Kongregation hinausgedrungen. Martene erwähnt ihn nicht'. In der Bursfelder Rongregation hat er anſcheinend keine Auf⸗ nahme gefunden. Ebenfowenig in den Consuetudines der Zifterzienfert und in ihrem Rituale von 1689, 1721 und 1899. hier begegnet uns fogar das Derbot, den Profeſſen mit dem Grabtuch zu bedecken“. Der Gedanke, welcher dieſer Jeremonie zu Grunde liegt, iſt wiederum erheblich älter als die Zeremonie ſelbſt. M ſchon der Chriſt der Welt abgeſtorben und in Chriftus zu einem neuen Geben berufen und auf: erſtanden (vgl. fol. 3, 3; Gal. 6, 14), fo will der Mönch in engerer

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lachfolge Chrifti dies in feinem Leben mit größerem Nachdrucke durch- führen‘. Seine Profeß ftellt eine Art des Todes und der Auferftehung dar. Wenigftens ſeit dem 10. Jahrhundert‘ begegnet uns in der im Profeßritus vielfach gebrauchten Oration Clementissime die Bitte, der mönch möge fortan von der Welt Treiben und Luft losgelöſt, der Welt geſtorben ſein. Es war nur ein geringer Schritt von da zur ſumbo⸗ lichen Grablegung und Erweckung. Früher verband ſich damit die borſtellung einer zweiten Taufe, die man, wie allgemein in der Buße, in Werken der Abtötung und im Almoſen, fo ganz beſonders im mo⸗ naſtiſchen Berufe, als dem Dollopfer feiner ſelbſt Jah”. Die Taufe ift ein Begrabenſein und Nuferſtehen mit Chriftus und der alte Taufritus deutete beides durch das Unter- und Auftauchen des Täuflings auch äußerlich an. Auf dieſe Ähnlichkeit wies der Profeßritus im Miſſale der Kirche von Weſtminſter aus dem Jahre 1384 ausdrücklich hin“.

Ein hinweis auf das Begrabenſein in Gott findet ſich auch in der vier⸗ ten Übung der „Exerzitien“ der hl. Gertrud und zwar in Verbindung mit der Übergabe der Profeßkarte. Die heilige betet, das Licht der gött⸗ lichen Liebe möge ihre Sinne derart verſchließen, daß Chriſtus allein ihr beben und Führer fei, und fügt hinzu: „Derfchlinge meinen Geiſt mit deinem Seiſte fo ftark und tief, daß ich in Wahrheit gänzlich degraben werde und in dir und in der Vereinigung mit dir ganz vergehe von mir, und mein Grab nur deiner Liebe bekannt ſei.“ Nicht klar iſt hier, ob die heilige dieſes Begrabenwerden auch durch das Diederlegen der Profeßkarte auf den Altar dargeſtellt dachte. In derſelben Übung kehrt der nämliche Gedanke wieder, und zwar nach Empfang der heiligen Kommunion. Ebenda der Wunſch, von der Erlöfungsgnade wie von dem Grabtuch Chriſti eingehüllt, in dem marmornen Grab des heiligſten Herzens zur Ruhe beftattet, unter dem Blicke Gottes wie unter einem Grabſteine verſchloſſen, der ewigen Ruhe in Gott zu genießen. Doch fehlt hier wie an der eben erwähnten Stelle der hinweis auf die Nuferſtehung.

Auch im Wechſel der Gewänder und in der Annahme eines neuen Namens ſah zwar nicht die älteſte Zeit (Eaffian, Pachomius, Bene: diktus) wohl aber das Mittelalter ein Symbol der geiſtlichen Um⸗ wandlung, in der der alte menſch aus- und der neue angezogen (Hol. 3, 9; Eph. 4, 24), das alte eben begraben, das neue Leben be⸗ gonnen wird!. Eine andere Deutung gibt der Pſeudo-Hreopagit!. hiemit verwandte Gedanken hören wir aus der Erklärung des No⸗ vizen bei feiner Profeß, worin er in der „Meiſterregel“ kein Eigentum Ju haben verſpricht, da ihm Chriſtus Leben, und Sterben Gewinn fei'?.

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Seiſtigen Tod und Auferftehung zum neuen beben in der Profeß ſinnbildete zunächſt ein Ritus, der ſich der Gelübdeablegung anſchloß und der bis in das frühe Mittelalter!“ ſich verfolgen läßt, und heute

noch, wenn auch in teilweiſe veränderter Form, vielfach beobachtet

wird. Der Neuprofeſſe trägt mehrere (drei bis vierzehn) Tage hin⸗ durch Tag und Nacht die Aukulle oder Albe, oder es wird ihm die Rapuze zugenäht !!. In dieſer Zeit übt er ſtrenges Schweigen und bleibt gewiſſen Handlungen im kiapitel fern. Nach Ablauf der vor⸗ geſchriebenen Friſt findet die „Offnung ſeines Mundes“ (aperitio oris) ſtatt; er hat alfo nach dieſer Anſchauung, infolge der Profeß, die Stimme verloren und gilt als geſtorben. Doch war und iſt die Ausdeutung dieſes Gebrauches nicht durchaus einheitlich. Rupert von Deutz ſieht in ſeiner Schrift über die heilige Dreifaltigkeit darin eine Erinnerung an das dreitägige Derborgenfein der Apoftel bis zur erſten Erſcheinung des Auferftandenen oder auch ein Bild des Leidens Chriſti, eine Er- klärung, die ein geiftiges Mitleiden und Miiſterben nicht ausſchließt oder geradezu einſchließt r. Ahnlich in feiner Schrift über die Regel des hl. Benedikt!“: In feiner Profeß ſtirbt der Mönch gleichſam mit Chriſtus und wird mit ihm begraben; dies deute das dreitägige Schweigen an. mit Chriſtus ſtehe er am dritten Tage wieder auf und empfängt den Friedensgruß. Als der Welt Geſtorbene hielten nach dem oben erwähnten Miſſale von Weſtminſter (Spalte 1209) auch die Nonnen drei Tage hindurch das Geſicht bis auf die Augen mit dem weißen Schleier (velamina; in albis) bedeckt. Der junge Mönch trug das weiße Gewand bis zum dritten Tage, bezw. bis zum Friedenskuß der Meſſe dieſes Tages (ebd. 1195 f.). Die damit erteilte Erlaubnis zur Ablegung des weißen Sewandes hieß »dealbare«. Die gleichfalls dem 14. Jahrhundert angehörigen „Gebräuche von Ranter- buru“ (Consuetudines Cantuarienses) machen dieſe Sitte noch klarer, wenn fie den Mönch für die Welt geſtorben und begraben nennen!“. Hildemar erblickt in der ktuͤkulle eine Erinnerung an die Taufe. An⸗ dere hingegen bezogen die drei Tage auf die dreitägige Blindheit des hl. Paulus nach ſeiner Bekehrung!“. N nebenher ging die Dorftellung vom bürgerlichen Tod des Mönches. Schon die Regel des hl. Benedikt verlangt, der Mönch ſolle ſich von weltlichen Befchäften fern halten (Rap. 4, 28); faſt ebenſo wenige gahr⸗ zehnte ſpäter Jſidor in feiner Mönchsregel (Rap. 4). Des Mönches Stimme und er ſelbſt galten für gewiſſe weltliche und kirchliche Rechts⸗ geſchäfte als tot“. Bedeutung gewann dieſer Satz beſonders für das kirchliche Sherecht. Der Mönch iſt durch die Beſtimmung der Kirche

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unfähig, eine Ehe einzugehen und infofern tot. Ein Konvenienzgrund für dieſe Rechtsfolge aus der Profeß lag eben im geiſtlichen Tode, der im Profeßakt eingeſchloſſen war. Nicht ohne einen gewiſſen hu⸗ mor will die Gloſſe dieſe Rechtsunfähigkeit jedoch nicht zu weit aus⸗ gedehnt wiſſen: fie erklärt den Mönch als tot zwar für die Ehe, aber nicht für Effen und Trinken?'. Aus demſelben Grunde folgerten her⸗ vorragende Bottesgelehrte und Rechtslehrer, daß eine geſchloſſene aber nicht vollzogene Ehe vom Papſte gelöſt werden könne. Wie der leib⸗ liche Tod die vollzogene, ſo löſt der geiſtige Tod in der feierlichen Profeß die nicht vollzogene Ehe?!.

flußerlich wurde die eingangs erwähnte Ausgeftaltung der Brab- legung vielleicht dadurch befördert, daß in manchen Kirchen?? für die die große prostratio, das hingeworfenſein auf den Boden, ein Teppich gebraucht, und der Mönch ſelbſt in dieſer haltung e und mit Deihwaſſer beſprengt wurde.

Anmerkungen.

Rituale pro omnibus sub Regula S. P. Benedicti militantibus. Parisiis 1048, pag. 142. Disq. lib. IV. tr. 8. pag. 439. De antiquis monachorum ritibus 1690. Monasticon Cist. pag. 100 102. ° Panno nigro vel alio, in der Ausgabe von 1899, pag. 366. Keitzenſtein, Hist. mon. 8. 107. The Benedictional of Arch- bishop Robert, ed. Wilson, pag. 133; The Missal of Robert of Jumieges, ed. Wilson, pag. 285. ° Dgl. beifpielsweife Vita Pachomii, Acta Sanctorum Boll. Maii, tom. III. Antwerpen 1680, no. 89, pag. 48 F f.; hieronumus epist. 39,3 und 130, 8. MPL. 22,180; 984. Peter Damiani opuscul. 16, cap. 8. MPL. 145, 370 f.; Bernhard, De praecept. et disp. cap. 17. MPL. 182, 520 f.; Haeften a. a. 0. pag. 440 f.; Reiffenftuel, Jus can. L. III, tit. 31, 8 7, no. 187.; Gerbert, Vetus Liturgia Alemanica, tom. II. disq. 6, no. 21. Missale Ecclesiae Westmona- steriensis, ed. Legg, col. 1209. % Dgl. Ordo von Rheinau, MPL. 138, 1094; Ordo Romanus, ed. Hittorp, Coloniae 1568, pag. 138; Pontificale Romanum, Benedictio Abbatis; Martene, a. a. O. L. V, cap. 4; Die . des Lan- franc, Oderiſtus, Benedikt von Aniane u. a.; Hl. Gertrud a. a. O.; ferner Missale Eccl. Westmonast.; Haeften, Disq. L. IV, tr. 8, d. 5, pag. 444. 5 Eccl. Hierarch. Ill, cap. 6. "? Regula Magistri, cap. 89. Konzil von Rachen can. 35; The Missal of Robert of Jumieges. pag. 286 Haeften zitiert für letzteren Gebrauch banfranc, Boerius, das Rituale von Afflighem und das der Dallumbrofaner. ' De Trinitate I. VIII, cap. 8. 1 I. IV, cap. 9g. 7 Ed. Thomson vol. I, pag. 296 und 271. 1 Dgl. Herrgott, Vetus disciplina, pag. 28, Anm. v c. 53. 54. C. II. q. 7: c. 8. C. XVI. q. 1. hnlich auch die Sloſſe zum weltlichen Recht. gl. aut. Servi. Instit. de jure person. Im deutſchen Rechte: Sachſenſpiegel L. 22, 8 1 und 3; Schwabenſpiegel $ 29; Gloſſe zum Sachſenſpiegel I. 25, 8 1. 1 8. Thomas, Suppl.: d. 61 a. 2: 8. Bonaventura, Sent L. IV., dist. 27. q. 2; 28. q. 6, 32. q. 2. Dgl. Sanchez, de Matrimonio L. II, dist. 19; Schmalzgrueber P. II. tit. 6, & 2 u. 44; Dännibale, Summula theol. mor. I. no. 37. 2 Pgl. Missale Westmonasteri- ensis col. 1187; Consuet. Cantuar. pag. 266.

& K Zr

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Germania Sacra

Don deutfcher kirchengeſchichtſchreibung in älterer u. neuerer Zeit. Don P. Juſtinus Uttenweiler (Beuron).

m Juli 1921 iſt Alois Anöpfler in feiner oberſchwäbiſchen Heimat

geftorben und zur letzten Ruhe gebettet worden. Don 1886 bis 1917 hatte er als erſter Nachfolger Döllingers der Lehrfiuhl war längere Zeit unbeſetzt geblieben die Kirchengeſchichte an der Uni⸗ verfität München würdig vertreten. Der Neubearbeiter eines Teiles der Ronziliengefhichte von Hefele! und Derfaffer eines beliebten Lehr: buchs der Rirdhengefhichte ſowie anderer Schriften, feit 1891 mit Schroers und Sdralek auch Herausgeber der Serie „Kirchengeſchicht⸗ liche Studien“, iſt vor allem als Gründer und langjähriger Dorftand des Münchener kirchengeſchichtlichen Seminars bahnbrechend geworden. Die Früchte feiner fördernden Juſammenarbeit mit ſtrebſamen Schülern find zumeiſt in den von ihm eigens ins beben gerufenen „Deröffent:= lichungen aus dem Kkirchenhiſtoriſchen Seminar Münden“ niedergelegt. Nicht weniger als 45 dankenswerte wiſſenſchaftliche Arbeiten gelangten da an die Offentlichkeit in rund zwanzig gahren. Knöpfler hat vorbildlich Schule gemacht. Das beweiſen eine Reihe heute mit Achtung genannter Gelehrtennamen, die ſich ehedem als Derfaffer ſolcher „Veröffentlichungen“ eingeführt haben. Beſondere Erwähnung verdienen an dieſer Stelle die vom Meiſter ſelber kritiſch edierten Werke zweier führenden Benediktinergelehrten aus karo⸗ lingiſcher Zeit: des Reichenauer Abtes Walafridi Strabonis liber de exordiis et incrementis quarundam in observationibus ecclesiasticis rerum die zweite Auflage leitete 1899 das ganze Unternehmen ein und des Fuldaer Abtes und nachmaligen Mainzer Erzbiſchofs Rabani Mauri de institutione clericorum libri III, zwei für die Pitur⸗ giewiſſenſchaft bedeutſame Schriften. Als „Ein Beitrag zur Benedik⸗ tinerordensgeſchichte des 10.— 12. gahrhunderts“ mußten die Unter- ſuchungen zu den älteften Mönchsgewohnheiten von B. Albers O. 8. B. willkommen fein. Eine gute Anzahl der Beiträge befaßte ſich mit weiteren liturgiſchen ſowie mit patriftifchen Fragen der älteften Kirchen⸗ geſchichte. Nur die trefflichen Studien von A. Bigelmair: Die Be⸗ teiligung der Chriſten am öffentlichen Leben in vorkonſtantiniſcher Zeit, und von P. Dörfler: Die Anfänge der heiligenverehrung nach den römiſchen Inſchriften und Bildwerken, ſeien allgemeineren Intereſſes wegen beſonders genannt. Unter den zahlreichen Forſchungen zum Mittelalter fallen mehrere Nlummern zur karolingiſch⸗ottoniſchen Kirchen⸗ geſchichte von M. Königer auf, der u. a. auch noch eine grund ſätz⸗ liche Abhandlung: Dorausfegungen und Dorausſetzungsloſigkeit in Seſchichte und Kirchengeſchichte, geboten hat. Den Abſchluß bildete eine fleißige Studie von D. Franſes O. F. IM’. mit neuen Auffchlüffen

Bd. 5 u. 6. Dgl. dazu 5. Finke, Ronzilienftudien zur Seſchichte des 13. gahr⸗ hunderts. 1891. Die Werke des hl. Quodoultdeus, Biſchofs von Karthago, geſtorben um 453. München, Gentner (Stahl), jetzt Köſel & Buftet, Kempten 1920. gr. 90 8.

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über Perfon und Werke des karthagiſchen Biſchofs Quodvultdeus auf Grund von Anregungen feitens des gelehrten Bermain Morin 0. 8. B. Ein ebenſo anſchauliches Bild wie aus den „Veröffentlichungen“ gewinnt man von der vielſeitigen wiſſenſchaftlichen Anregung durch den Altmeiſter im kleinen beim Einblick in die reichhaltigen Feſtgaben, die ihm zu ſeinem 60. bezw. 70. Geburtstage 1907 die kleinere in den „Deröffentlichungen“ III, 1; 1917 die größere zumeiſt aus dem Rreife feiner Schüler gewidmet wurden. HN. Anöpfler iſt tot, aber als Gelehrter und als Lehrer wird er weiterleben.

Georg Pfeilſchifter, deſſen Name früh in den „Veröffentlichungen“ and (I. R., 4. heft: Die authentiſche Ausgabe der e Gregors d. Br. Ein erfter Beitrag zur Geſchichte ihrer Überlieferung. 1900), wie auch in der genannten Serie „Kirchengeſchichtliche Studien“ (III. Bd. 1.— 2. Heft: Der Oſtgothenkönig Theodorich und die katholiſche kirche. 1901), ſowie er hernach in beiden Feſtgaben begegnet, hat es als lachfolger feines Meifters auf dem Cehrftuhl der Kirchengeſchichte über⸗ nommen, in dem etwas erweiterten Rahmen der „Münchener Stu⸗ dien zur hiſtoriſchen Theologie“ (Verlag J. Köſel u. Fr. Puſtet, kiempten) zuſammen mit feinen Kollegen E. Eichmann, M. Srabmann und E. Weigl auch die Traditionen des Derewigten weiterzuführen. Et ſelbſt eröffnete das neue Unternehmen mit einer Anöpflers Andenken gewidmeten Schrift: Die St. Blafianifhe Germania Sacra. Ein Beitrag zur hiſtoriographie des 18. gahrhunderts!. Sie bietet uns einen lehrreichen Einblick in des Derfaffers berufsmäßiges Lehr- fach, beſonders aber in ſein ureigenſtes Forſchungsgebiet, das ihm als einſtigem KRirchenhiſtoriker in Freiburg i. B. vor Jahren die Ba⸗ diſche hiſtoriſche kommiſſton übertragen hat: Die Herausgabe der elf ſtattliche handſchriften⸗Folianten umfaſſenden Rorreſpondenz des großen Fürſtabts Martin Gerbert von St. Blafien (1764 - 93) ?. Die Ab⸗ tei St. Paul in Kärnten verwahrt neben manch anderen wertvollen Überreſten, die die aus der Schwarzwaldabtei verwieſenen Söhne St. Benedikts in ihre neue heimat mitnahmen, auch dieſen koſtbaren Schatz. Vorläufig bietet Pfeilſchifter nur jene Briefe, rund 500 zumeiſt vereint in dem 11. St. Pauler Brieffolianten, die ſich mit dem wiſſen⸗ ſchaftlichen Rieſenunternehmen der Mönche von St. Blafien, der Ger- mania Sacra, befaſſen.

Unter Germania Sacra verſtand man eine umfaſſende, durch Publi⸗ kation von Quellenſchriften und Urkunden ausgeſtattete Kirchengeſchichte Befamtdeutfchlands im Rahmen der Befchichte der einzelnen Diözeſen. „Eine Germania Sacra war ſeit langem ein allgemein und ſtark ge⸗ fühltes „Deſtderium“. Seit dem 16. Jahrhundert hat man an ihre Ver⸗ wirklichung gedacht und mit ungenügenden Mitteln und unzureichenden kräften daran gearbeitet.“ Die Häufigkeit ſolcher Bemühungen legt

Derlag J. Köſel u. Fr. Puſtet, Kempten. 1921. gr. 8°, X u. 198 8. Das 2. heft: A Adam, Die geheime ktirchenbuße nach dem hl. Auguftin. (1921), ift beſprochen Bened. Monatſchr. 1923, 133 f. gl. 6. Pfeilſchifter, Fürftabt Martin Gerbert von St. Blafien. Görres-Geſellſchaft. 3. Dereinsfchrift 1912, 8. 38 72, ſowie Bened. Monatſchr. 1920, 8. 43—62.

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Zeugnis ab von der dringenden Notwendigkeit wie von der Schwierig⸗ keit des Dorhabens. In zwei Teilen beſpricht er nun dieſe Derfuche, zunächſt nur ſkizzenhaft die vorſanktblaſianiſchen, dann ausführlich jenen der Mönche von St. Blaſien.

C. Bruſchius, ein humaniſt um die Mitte des 16. Jahrhunderts in Eger, trat mit ſeiner Epitome de omnibus Germaniae episcopatibus als erfter an die Derwirklichung der dee heran. 56 deutſche Bistümer in den fieben ktirchenprovinzen Mainz, Köln, Trier, Magdeburg, Salz: burg, Bremen und Riga ſamt einigen zur franzöſiſchen Metropole Befangon gehörigen ſchweizeriſchen Randbistümern ſollten bearbeitet werden. Der eine Band mit den 14 Bistümern der Mainzer Provinz bietet jeweils eine kurze Befchichte des Bistums, ſowie die biographiſche Skizze der einzelnen Biſchöfe. Ein Parallelband orientiert verhältnis⸗ mäßig eingehend über Gründung, Schickſale und bebensgang der Dor: ſteher von 145 meiſt ſüddeutſchen Klöſtern. Stofflich deckt ſich der un⸗ vollendet gebliebene Erſtlingsverſuch mit der ſpäteren Germania Sacra von St. Blafien, ohne aber die Einordnung des Stoffes in das Bistum ſo ſtraff durchzuführen. Es folgte die weniger bedeutende Teilarbeit des Mainzer Minoriten P. Kratepol über die Metropolen Röln und Trier und der ſtoffreiche Foliant des bauriſchen Staatmannes W. hund über die ſalzburg⸗bauriſche Kirchenprovinz, von dem der fleißig forſchende Münchener Archwar Bewold eine dreifach erweiterte Neuauflage beſorgte.

Alsdann war es erſt nach dem Dreißigjährigen Krieg der gelehrte ſchwäbiſche Benediktiner 8. Bucelin von Weingarten, der in den vier mächtigen Bänden ſeiner Germania sacra et profana den Gedanken einer geſamtdeutſchen KRirchengeſchichte wieder aufgriff. Iſt bei ihm die Behandlung der 64 einbezogenen Bistümer Bruſchius gegenüber etwas dürftig ausgefallen, fo hat er dafür die Klöſter nach Zahl und hiſtoriſchem Material, wohl aus perſönlichem Intereſſe und leichterer Zugänglichkeit des Stoffes, umſo eingehender behandelt und vor allem als erſter ſämtliche Hirchenprovinzen berückſichtigt und durchgearbeitet. Im gleichen 17. gahrhundert erſcheint von einem anderen Schwaben, dem regulierten Chorherrn F. Peter von Wettenhauſen, als Teil einer geplanten Germania ecclesiastica, die möõglichſt alle Rlöfter und Stifter umfaſſen follte, die Suevia ecclesiastica mit 628 behandelten Männer: und Frauenklöſtern bzw. Stiftern. Zu Gunſten einer rein alphabetiſchen Anordnung iſt hier vom Diözeſanprinzip ganz abgeſehen. Nicht ſo in der Historia episcopatuum foederati Belgii (1719) des Generalvikars van Beuffen zu Utrecht, der den kirchengeſchichtlichen Befamtftoff der Utrechter Kirchenprovinz ſtreng geordnet im Rahmen der Einzel: bistümer unterzubringen weiß. Faſt gleichzeitig hat eine anonum in Brüſſel gedruckte Deutſche Bistumsgeſchichte in franzöſiſcher Sprache wieder alle Diözeſen, deren Auswahl hinſichtlich der Rand⸗ bistümer freilich auffallen muß, aufgenommen. Neben dieſen nieder⸗ ländiſchen Unternehmungen haben die Italia sacra des Ziſterzienſerabtes Ughelli in ihrer zehnbändigen Neubearbeitung durch den Denetianer N. Coleti (1717 22) und vor allem die Gallia christiana der franzö⸗ ſiſchen Benediktiner der kkongregation vom hl. Maurus, die 1715 88

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in 13 Bänden (nach Mitte des 19. Jahrhunderts kamen noch 3 Bände hinzu) ebenfalls in erweiterter Geſtalt erſchien, auf die deutſchen Der- ſuche vorbildlich eingewirkt. ber die Vorzüge der vorausgehenden Werke wie über die ſpeziellen Anforderungen der deutſchen Derhältniffe und die Fortſchritte der beſchichts wiſſenſchaft hinreichend orientiert, wollte ſeit 1720 der gelehrte geſuit M. hanſizius eine auf der höhe ſtehende große Germania Sacra quellenmäßig bearbeiten. Ihm kam fein Aufenthalt zu Wien, in unmittelbarer Nähe zahlreicher Handſchriften und Bücherſchätze, gewiß zu ſtatten, aber es fehlte doch an einer umfaſſenden Organi- ſation zur Gewinnung von Mitarbeitern und Quellenmaterial. Hanſi⸗ zus ſtand allein da. Was er in drei ſtarken Foliobänden über die alte Metropole Cord) und das jüngere Paſſau, über das Erzbistum Salzburg und einleitend über die Regensburger Diözeſe bietet, iſt frei⸗ lich nicht mehr bloße Material: und Tatſachenſammlung nach Einzel- ſprengeln, ſondern der erſte in den Diözeſanrahmen geſpannte berſuch eines darſtellenden Geſchichtswerkes für die deutſche gseſamtkirche: ein ebenſo ſchwieriges wie widerſpruchsvolles Unter⸗ nehmen! Später gelangte mit anderen Stoffen von Hanſtzius ſein Manu⸗ ſkript des Episcopatus Neostadiensis in den Beſitz von St. Blaſien. Aber noch etliche Jahrzehnte, bevor man dort an die Verwirklichung der Germania Sacra ſchritt, gab der junge, proteſtantiſche Hiftoriker 9. Chr. Batterer, ſpäter Profeſſor in Böttingen, den Plan zu einer allſeitigen und vollſtändigen Germania sacra medii aevi aus, „der einen bedeutenden Fortſchritt nach der Seite einer vollkommeren Er⸗ faſſung ſämtlicher Cebenskräfte und bebensäußerungen des religiös⸗ kirchlichen Lebens einer Diözeſe“ darſtellte. Wie hätte indeſſen ein Mann 56 Bistümer in dieſem Ausmaße behandeln können! Gatterer kam ſelbſt von feinem Vorhaben ab. Nuch der gelehrte Benediktiner⸗ abt Magnus Klein von Göttweig in Niederöſterreich, der in un⸗ gewöhnlichem Fleiße 109 Bände Materialien zu einer Germania Sacra geſammelt hatte, konnte keinen Buchſtaben dem Druck übergeben. „Als eines einzigen Mannes Werk war eine Germania Sacra eben etwas phuſiſch Unmögliches, wenn ſie anders auf Grund der vielen und zum Teil ſehr reichen Einzeldarſtellungen und unter möglichſt ergiebiger Beiziehung der archivaliſchen Schätze alle Diözeſen Deutſch⸗ lands umſpannen und in einer Weiſe behandeln ſollte, die über etwas erweiterte NUamenliſten doch weſentlich hinausging.“ Derartige For: derungen durfte man beim Fortſchritt der hiſtoriſchen Forſchung er⸗ heben. Um aber fie zu verwirklichen, bedurfte es einer organifierten dufammenarbeit vieler, ganz abgeſehen von der finanziellen Grund- lage, auf der ſolch ein Unternehmen ruhen mußte. Die vermögliche Benediktinerabtei St. Blafien auf dem ſüdlichen Schwarzwald unter ihrem gelehrten, weltberühmten Fürſtabte M. Gerbert war damals vielleicht die einzige körperſchaft, die alle wirtſchaftlichen und wiſſen⸗ ſchaftlichen Anforderungen hiefür in hinreichendem Maße erfüllte. Don dieſen verheißungsvollen UDorausſetzungen nach der wiffen- ſchaftlichen Seite hin entwirft uns Pfeilſchifter eingangs des Haupt⸗

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teils ein erhebendes Bild. War das 18. Jahrhundert St. Blaſiens Glanzzeit, fo ſtellt die Regierung Gerberts, beſonders nach dem Wieder⸗ aufbau des 1768 niedergebrannten Kloſters, ihren höhepunkt dar. Eine ob ihrer amtlichen Würde, ihres individuellen Eigenwertes und ihrer feltenen Bildung hochgeachtete Gelehrtenperſönlichkeit an der Spitze, ihr zur Seite ein Stab befähigter Mitarbeiter, in denen die gleiche Liebe zur Wiſſenſchaft lebte, ein hoffnungsvoller Nachwuchs, dem daheim und auswärts die günftigften Bildungs möglichkeiten ge⸗ boten waren, im Werden: die Kontinuität der Forſchung und Arbeits⸗ methode für die Germania Sacra war ausſichtsreich garantiert. Als günſtiger Faktor kam noch hinzu, daß das Kloſter eine eigene Druckerei beſaß. Die hiſtoriographiſche Tätigkeit der St. Blafianer bewegte ſich ſchon ſeit längerer Zeit in dieſer Richtung. Hatte doch über ein halbes Jahrhundert früher m. Herrgott den umfaſſenden Plan zu einer ktonſtanzer Bistumsgeſchichte entworfen, deſſen Ausführung nach feiner anderweitigen Derwendung R. Heer und ſpäter Gerbert felber lange mit Intereſſe betrieben hat. Des Fürſtabts breitangelegte Geſchichte des Schwarzwaldes diente dem gleichen Zweck. Altbenediktiniſche Tra= dition, von 6. Bucelin-Weingarten, M. Klein⸗ Göttweig und den fran⸗ zöſiſchen Maurinern erneuert, wirkte vorbildlich. Schließlich forderte auch das Gerbertſche St. Blaſien naturgemäß ein großes Unternehmen der kirchlichen Wiſſenſchaft. Sollten es nicht die Acta Sanctorum ſein, deren Weiterführung durch die St. Blaſianer manche Kreiſe wünſchten, dann eine ähnliche dieſer „Selehrtenakademie“ würdige beiſtung. Das dankbare Arbeitsfeld follte ſich in der Germania Sacra bald darbieten.

Der Frage nach dem „Urſprung des Sankt Blaſianiſchen Planes einer Germania Sacra“ iſt ein methodiſch lehrreiches Ra= pitel der Nuseinanderſetzung mit dem Verfaſſer des Nufſatzes „Der Worm⸗ fer Weihbiſchof Steph. Alex. Würdtwein und feine Derdienfte um die deutſche Seſchichtsforſchung“! gewidmet. Dieſer glaubte nämlich, auf Grund von Briefen zwiſchen Würdtwein und Gerbert, die laut ver⸗ legten Privatmitteilungen dem einſtigen biſchöflich mainziſchen Archivar Fr. Falk vorlagen, ſowie unter Hinweis auf die große Ahnlichkeit des Entwurfes zu Würdtweins Concilia Moguntina und zur ſpäteren Germania Sacra, in dieſem gelehrten nachmaligen (1782) Weihbiſchof von Worms den Vater des weitſchauenden Planes erblicken zu dürfen. Das zweite Argument iſt leicht zu erſchüttern durch die Feſtſtellung, daß der Würdtweinſche Entwurf in der Geſchichte der Verſuche einer Germania Sacra nichts weſentlich Neues darſtellt; den St. Blafianern, die auf einen gründlicheren Plan ihres erſt 1762 verſtorbenen Dor= fahren P. Marquard Herrgott zurückgehen konnten, war er durch- aus entbehrlich. hinſichtlich des erſten Brundes iſt es verhängnisvoll, daß keine Belege vorgewieſen werden können. Andrerſeits gibt das in den St. Pauler Brieffolianten liegende Material beachtenswerte Gründe für Gerberts Urheberſchaft an die hand, und das in mehr⸗ facher hinſicht. Wenn ſchon 1769 und dann immer wieder bis 1782 die Germania Sacra im Briefwechſel zwiſchen St. Blafien und Würdt⸗

Freib. Diöz.⸗HArch. Bd. 34, 8. 75 - 119; vgl. auch Bd. 50, 8. 144 - 47 u. Bd. 51, 8. 106.

63 wein eine Rolle ſpielte, follten ausgerechnet dieſe Briefe fpurlos ver⸗ ſchwunden ſein? Warum ſind nach 1782 Schreiben Würdtweins zum gleichen Begenftande da? Warum ſprechen ſich er und die St. Blafianer in der wirklich vorhandenen Rorrefpondenz der Jahre 1769 ff. über die beiderſeitigen wiſſenſchaftlichen Beſtrebungen eingehend aus, ohne die Germania Sacra mit einer Silbe zu erwähnen? Man verſteht auch nicht, wie Würdtwein im Jahre 1769, fo kurz nach dem verheerenden Brande St. Blafiens und der dadurch notwendig gewordenen Zer⸗ ſtreuung des kionvents, den hart betroffenen Fürſtabt erſuchen konnte, „daß er mit feinen reichen Geldmitteln und feinem ſtattlichen Gelehrten⸗ ſtabe den Plan vollführe“. Acht Jahre ſpäter, als das Klofter wieder aufgebaut und das wiſſenſchaftliche Streben in ſchönſter Blüte war, hat ſich die Schwarzwaldabtei bereit erklärt, die durch Aufhebung der Geſellſchaft geſu gefährdeten Acta Sanctorum weiterzuführen. Ein Eingehen auf dies Unerbieten iſt nicht denkbar, wenn damals ſchon ein Unternehmen von der Größe der Germania Sacra ernſtlich in Er⸗ wägung ſtand; das zeigt uns elf Jahre ſpäter die ablehnende Haltung gegenüber dem nun tatſächlich ins Stocken geratenen Werk der Bollan⸗ diſten. Noch 1778 ſuchte Würdtwein gelegentlich Derbindung mit dem Eziefuiten Rieber und will ihm Stoff liefern zur Fortſetzung der Han⸗ ſizſchen Germania Sacra; an etwas ähnliches in St. Blafien denkt er dabei offenbar gar nicht.

Die Idee einer Germania Sacra lag längſt in der Cuft. Voraus- gegangene und gegenwärtige hiſtoriſche Forſchungen, und das in Ger⸗ berts blühendem Kloſter fo gut wie anderswo, bereiteten allmählich ihr Zuftandekommen vor. St. Blafien bedurfte daher der Anregung von außen nicht. Die dortige Entſtehung und Entwicklung des Planes läßt ſich verfolgen. Ende der Siebzigerjahre beauftragte der Fürſtabt den fleißigen und gründlichen P. Trudpert Neugart mit der Weiter- führung der ehedem unterbrochenen konſtanzer Bistumsgeſchichte. Er ſelber ſchreibt um dieſe Zeit an feiner Historia Nigrae Silvae ordinis Sancti Benedicti coloniae, die zugleich eine kirchliche und politiſche Belchichte des Schwarzwalds darſtellt. Anderweitig muntert er auf zu ähnlichen Arbeiten. Mit diefen Einzelforſchungen reift der Mut und der Plan, fie in ein größeres kirchenhiſtoriſches Unternehmen einzu⸗ ordnen, über deſſen Organiſation indeſſen noch keine Klarheit herrſcht. loch im Dezember 1780 ſcheint ſich Serbert die Zentrale des Dor- habens, zu dem er mit den Seinen nur beiſteuern will, außerhalb St. Blafiens zu denken. In den folgenden Monaten wurde aber offen- bar in feinem Rlofter viel beraten und erörtert. Denn Oktober 1781 hat man ſich ſchon geeinigt auf einen beſtimmten Plan: die Germania Sacra ſoll wie die Gallia christiana nach Diözeſen behandelt werden. Bald beginnen die Vorarbeiten, mit denen gegen Ende 1782 über zwan⸗ zig Mönche ſich abgeben. Junächſt waren es einige Diakone, die nach Abſchluß ihrer theologiſchen Studien zum Prieſtertum ließ man ſie noch nicht hinzu in geeigneter Weiſe beſchäftigt werden ſollten. Es möchte ſogar ſcheinen, daß die Frage ihrer Beſchäftigung zur end⸗ gültigen Entſchließung geführt hat. Man ſieht, das Vorhaben gilt

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ſchon als St. Blafianifche Angelegenheit, zumal fie dem Fürftabt fo fehr am Herzen liegt. Er ſelbſt war es, der nun befreundete Gelehrte davon verſtändigte, unter ihnen auch den anderweitig beſchäftigten Würdtwein, deſſen Antwort die freudigſte Überraſchung kundgibt. Dies wird wohl der wahre Sachverhalt und Bang der Dinge geweſen ſein, wenngleich ein völlig überzeugender Beweis nicht leicht zu er⸗ bringen ift. Jedenfalls entbehrt das Endurteil: „Die St. Blaſtaniſche Tra= dition, daß Gerbert der eigentliche Dater der St. Blaſianiſchen Germania Sacra fei..., hat alſo doch manches für ſich und iſt jedenfalls bis zur Stunde durch kein durchſchlagendes Argument entkräftet worden“, der ſoliden Begründung und vorſichtigen Faſſung keineswegs.

Klar und zielbewußt gingen nun die St. Blafianer zu Werke. Unter ſich und mit auswärtigen Gelehrten berieten ſie die Mittel und Wege, die Schwierigkeiten und Nusſichten des gewaltigen Unternehmens. Drei befreundete Forſcher von Anſehen, der ſchweizeriſche Baron von Zurlauben, der erwähnte Weihbiſchof Würdtwein von Worms und der päpſtliche Nuntius Barampi in Wien boten alsbald archivaliſche Schätze an und verhießen Unterſtützung durch Rat und Tat. Ein Proſpekt vom 11. november 1783 mit klar umriſſenem Plan, übrigens ein für den wiſſenſchaftlichen Sinn der Mönche von St. Blafien ebenſo ehrendes wie lehrreiches Schriftſtück, dem nach Fühlungnahme und Gedankenaustaufh mit den erſten Dertretern der damaligen Gelehrtenwelt eine zweite, endgültige Redaktion unterm 3. Februar 1786 folgte!, lud alle gelehrten Perſönlichkeiten und Rörperſchaften ohne Unterſchied der Konfeſſton und Nationalität zur Mitwirkung jeder nur möglichen Art ein. Umfang und Einteilung des Unter: nehmens wird darin feſtgelegt, eine wiſſenſchaftliche Geſellſchaft der zur Germania Sacra mitwirkenden Gelehrten und helfer ins Leben gerufen, dieſe ſelber behufs geregelter Arbeits methode in drei Klaſſen geteilt, die ſich je nach dem Grade der Schulung und Befähi⸗ gung betätigen: die erſte Klaſſe befaßte ſich bereits nach beſtimmten Gefichtspunkten und Rubriken mit dem Sammeln und Exzer⸗ pieren des Stoffes aus den großen Quellen- und Regeſtenwerken. Eine zweite Klaſſe teilte dies Material den verſchiedenen Metropolen, Bistümern und Alöftern zu und ergänzte es aus den über die betref⸗ fenden Sprengel vorhandenen Spezialwerken, während die dritte und höchſte Klaſſe die Derarbeitung und literariſche Beftaltung übernahm. Ein Direktorium von wenigſtens zwei Patres aus St. Blafien ſtand an der Spitze, natürlich geſtützt und beraten von der Erfahrung und Sachkenntnis des vielbeſchäftigten Fürſtabtes. Ihnen oblag die Zu» weiſung des Arbeitsfeldes und allenfalls erforderlichen Materials, die wiſſenſchaftliche korreſpondenz, die Ausarbeitung der jeweiligen Pro— loge und Dorunterfuchungen, die letzte Reviſion des Manufkriptes und Überwachung des Druckes. Beratende Konferenzen fanden des öfteren ſtatt. Ein Sekretär verwahrte Protokolle und Korreſpondenzen in einem Geſellſchaftsarchiv. Es war dies P. Amilian Uffermann, zugleich die Seele und ſtets treibende Kraft des Banzen. Die Sammel- und

Originaltext, leider voll Druckfehler, 8. 181-188 als Beilage I. und II. geboten.

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Ekzerpierarbeit geſchah aus praktiſchen Gründen vor allem in St. Bla⸗ ſien. Dort ſtand alles im Banne der Germania Sacra. Waren doch, wie wir ſahen, ſchon ein Jahr vor Ausgabe des erften Proſpektes mehr als zwanzig Mönche an der Sammelarbeit. Was in ähnlicher Weiſe auswärts geſammelt wurde, follte zwecks einheitlicher Arbeit nach St. Blaſten geliefert werden.

eine wichtige uno viel erörterte Frage betraf den Umfang der geſamten Arbeit, d. h. die Zahl der zu behandelnden Diözeſen. hier⸗ über hatte ſich der Proſpekt nur im allgemeinen geäußert. P. Am. Uſſer⸗ mann verfaßte einen weitausſchauenden Plan, worin 100 - 120 Bis⸗ tümer vorgeſehen waren. Die deuiſchen kternprovinzen Mainz, Trier, köln, Salzburg, Bremen, Magdeburg mit 49 Bistümern, dazu 51 ſog. Randbistümer, dieſe meiſt nicht vollſtändig, ſondern nur ſoweit erforderlich die urſprünglich auch genannten nordiſchen Bistümer find nicht mitgerechnet ſollten in 100 - 120 ftarken Quartbänden im Derlauf der Jahre und Jahrzehnte bearbeitet werden. Nach frucht⸗ loſen Erörterungen mit Würdtwein einigte man ſich auf folgende Anordnung bei der Behandlung der einzelnen Bistümer. Da ein allgemein und grundſätzlich gehaltener Prodromusband unterblieb, ſollte nach einem Verzeichnis der hiſtoriſchen Literatur zur Diözeſe die Einleitung Abhandlungen über die Anfänge und Derbreitung der chriſtlichen Religion, über Urfprung, Ausdehnung und Organifation des Sprengels und etwaige Exkurſe enthalten, der erfte Teil von den Bifhöfen und ihrer Tätigkeit als Rirchenfürften einſchließlich der Sunodalſtatuten und ſonſtiger kirchlich⸗disziplinären Derfügungen, der zweite Teil vom Domkapitel, den kiollegiatſtiften und dem übrigen Weltklerus und ſchließlich ein dritter Teil von den zahlreichen Klöſtern und kiloſtervorſtehern handeln. Den Schluß würde ein knapper Bericht über heilige und gelehrte Perſönlichkeiten von beſonderer Bedeutung, ein chronologiſches Regiſter ſchon edierter und ein Abdruck noch nicht veröffentlichter Urkunden bilden.

Don großer Bedeutung für das Rieſenwerk war es auch, Mitar: beiter, ſowie das nötige archivaliſche Material zu gewinnen. In allen Bauen Deutſchlands hatte der kühne Gedanke hohe Aufmerkſamkeit geweckt. kiatholiken und Proteſtanten kündigten in ſtattlicher Zahl ihre Mitarbeit an. Außer den obgenannten drei hiſtorikern erſten Ranges verdient der vorbildliche Eifer einiger proteſtantiſchen Gelehrten und das rührige Intereſſe der Abteien Banz, Ottobeuren und Rheinau beſonders hervorgehoben zu werden. Underwärts freilich bekundete man weniger Derftändnis, beſonders wenn die Schätze der Archive zur berfügung geſtellt werden ſollten. Das mußte dem Fortgang der Arbeiten mitunter ſehr hinderlich werden, lag aber zum Teil in den berhältniſſen der Zeit und der Menfchen. Archivreiſen in aus- gedehntem Maße hatten die St. Blafianer freilich wohl nicht prinzipiell im Programm ſtehen. Man kann darin mit Pfeilſchifter einen Mangel erblicken. Wenn man aber St. Blafien nicht nur als „Gelehrtenakademie“ anſieht, was freilich ſeit Jahren und gahrzehnten mit Vorliebe ge⸗ ſchah, ſondern auch und doch ſchließlich in erſter Linie als fonvent

Benediktinifdye Monatſchriſt VI (1924) 1—2. 5

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eines Ordens, deſſen Stifter die stabilitas loci auch in dem hier inhaltlich berührten Sinne als neues Element ins Ordensweſen ein⸗ führte, dann wird man die Zurückhaltung der St. Blafianer bei all

ihrer Wiſſenſchaftlichkeit verſtehen. Ohne ein dauerndes Reiſen meh⸗

rerer Patres durch lange gahre wäre es kaum abgegangen und das wird ſich ſogar der weitblickende Gerbert, deſſen eigene wiſſen⸗ ſchaftliche Reiſen übrigens für ein enger umgrenztes Forſchungsgebiet und darum verhältnismäßig kürzer und zudem nur die eines einzelnen Mitgliedes der kkommunität waren, überlegt und darum vielleicht den Seinen die Weiſung gegeben haben, nur in wirklich dringenden Fällen zu reiſen. Es iſt dies eine Erwägung, die an dieſer Stelle gewiß ihre Berechtigung hat und erneut zur Feſtſtellung zwingt, daß in der Lite: ratur über die St. Blafianer des 18. Jahrhunderts auf die monaftifchen Gefihtspunkte bisher kaum geachtet worden iſt. Man braucht dabei nicht in die prinzipielle Schwierigkeit verwickelt zu werden, ob ein wiſſenſchaftliches Unternehmen, deſſen harmoniſche Entwicklung eine weitgehende Freizügigkeit wünſchenswert erſcheinen läßt, von ſolcher Stelle gewagt werden dürfe. Größere oder kleinere Mängel haften ſchließlich jeder menſchlichen Inftitution an. Wurde nicht bei der St. Blaſianiſchen Germania Sacra der berührte etwaige Nachteil durch die günftigften Umftände aufgewogen? Gab es übrigens Fälle wirk⸗ licher Notwendigkeit, wenn es z. B. irgendwo am Entgegenkommen oder gar an der erforderlichen Ausbildung der Archivare und ſonſtiger Hilfskräfte fehlte, auf die man ſich hätte verlaſſen müſſen, dann zogen auch St. Blafianifhe Mönche zu eigentlichen Forſchungsreiſen hinaus. So finden wir P. Ämilian Ufferman 1786 und fünf Jahre ſpäter auch P. Diktor Keller im Frankenland, fo B. Ambrofius Eid): horn im Churer Sprengel, P. Philipp Jakob Umber im Gebiete von Eihftätt, P. Trudpert Tleugart im ſchweizeriſchen Teil der Konſtanzer Diözeſe. Mehrfach konnte Gerbert auch auswärtige Gelehrte, die zur Überbringung von Material und zur Beſprechung wichtiger Fragen zu kommen gebeten waren, in St. Blafien begrüßen.

Überaus intereſſant iſt es nun zu hören, wieviele Diözeſen in Angriff genommen oder bearbeitet wurden, und welche Bearbeiter ſie ge⸗ funden haben. Wir kommen da zu einem für die Benediktiner über⸗ haupt und ſpeziell für St. Blaſien ſehr günſtigen Urteil, vor allem bei Erwägung der umfaſſenden Vorarbeiten, der verhältnismäßig nur kurzen Zeit und den zum Teil fo verwickelten, unerfreulichen Verhält⸗ niſſen in der religiös⸗politiſchen Gage. Die weitausholende Exzerpier⸗ tätigkeit war noch auf das Geſamtunternehmen eingeſtellt. Planmäßig geſammelt oder doch ſchon damit begonnen wurde für etwa 30 Dis- zeſen, von denen 19, meiſt aus der Mainzer Kirchenprovinz, tatſächlich in Arbeit ſtanden, aber nur 8 auch wirklich vollendet worden ſind. Die Mainzer Erzdiözeſe, die nach dem urſprünglichen Plan als Muſter⸗ leiſtung an der Spitze marſchieren ſollte, fand nie eine dem in der Germania Sacra möglichen Umfang entſprechende Bearbeitung. Die Rückſicht auf Würdtwein, mit dem langwierige diesbezügliche Srör⸗ terungen leider erfolglos gepflogen wurden, zögerten nur den Beginn

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des Druckes hinaus. Dagegen hat der unermüdliche P. Amilian Uffer- mann allein drei Diözeſen fertig geſtellt, nämlich Würzburg, Bamberg und Straßburg. Drei weitere Bistümer find die Frucht St. Blafianifcher Bingabe: Chur iſt P. Ambros Eichhorns, Verden P. Diktor kiellers, Hon⸗ ſtanz P. Trudpert Neugarts Werk. Die zwei ſchweizeriſchen Bistümer ſtammen von P. Moriz van der Meer aus Rheinau. In den Druck kamen vier UDor⸗ oder Entlaſtungsbände, zwei mit alemanniſchen Ge= ſchichtsquellen wie der Chronik Hermanns und Bertholds von Reichenau u. a. von B. Ämilian Uffermann, zwei mit Urkunden zur klonſtanzer Bistumsgeſchichte, bearbeitet von P. Trudpert Neugart; ferner die Diö⸗ zeſen Würzburg (1794), Chur (1797), Bamberg (18011), Ronſtanz Bd. J. 1 (18031). Sie alle tragen, geſchmackvoll und gediegen in Kleinquart gebunden, das von kiennern noch heute geſchätzte Typis S. Blasii oder Typis San-Blasianis an der Stirne. Sie alle aber, in trüben und unruhigen Zeiten geboren, ſind auch Zeugen des Opferſinnes und Idealismus der Mönche von St. Blafien, die uns aufrichtigſte Be⸗ wunderung abnötigen. Denn während dieſe unentwegt der Arbeit fi) hingaben, wurde die Lage der Klöſter, die ſchon zu Beginn des Unternehmens infolge der Joſephiniſchen Ideen bedenklich geweſen, immer kritiſcher. Zu Ende des Jahrhunderts brachten ktriegsunruhen ſogar das entlegene Schwarzwaldklofter in ſchwere Gefahren. Das Druckjahr 1803 des letzten Bandes war auch das Jahr des Reichs deputationshauptſchluſſes, der die Einziehung der geiſtlichen Gebiete zur Folge hatte. Gerbert war ſchon am 13. Mai 1793, vor Erſcheinen des erſten Bistumsbandes, geſtorben; Uſſermann folgte ihm fünf gahre Ipäter, am 27. Oktober 1798 nach. Die Hauptſorge laſtete nun auf dem edlen, vielbeſchäftigten Dekan Neugart. Doch ſollten ſeine Mühen um die Germania Sacra nur noch von kurzer Dauer ſein; denn Baden, dem Rlofter und Kloftergebiet zugefallen war, verfügte im Oktober 1806 die Aufhebung von St. Blafien und ſetzte dem hoffnungsvoll begonnenen Kulturwerk ein jähes Ende.

Ihrer Hilfsmittel wirtſchaftlicher und wiſſenſchaftlicher Art beraubt, zogen die Mönche des herrlichen kloſters von St. Blafien fort; der Fürſtabt Berthold Rottler mit Dekan P. Neugart und über dreißig anderen [einer Getreuen fand ein neues Wirkungsfeld in der unter goſeph II. aufgehobenen Abtei St. Paul in ftärnten, die faiſer Franz von Oſterreich zur Derfügung ſtellte. Dort verarbeitete P. Heugart (Fam 15. Dezember 1825) noch die Materialien zu Bd. I, 2 der Aon- ſtanzer Bistumsgeſchichte, der bis 1308 reicht und nach bewegten Schickſalen erſt 1862 auf Roften der Abtei St. Paul bei Herder⸗Frei⸗ burg zum Druck gelangte. An eine Weiterführung der Germania Sacra war aber nicht mehr zu denken. Für mehr als ein Jahrhundert mußte fie wieder ein bloßes Defiderium bleiben. Zwei neue Ber- mania-Sacra-Projekte, unter ſich ſehr verſchieden, brachte uns erſt die jüngſte Zeit. Don einem konnte Pfeilſchifter noch nicht berichten. M. hartig in München und 9. Baum in Stuttgart find daran, mit anderen Gelehrten Deutſchlands Kirchen und ktlöſter in Einzelmonographien zu behandeln. Ein erfreulicher Anfang iſt bereits

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gemacht; denn M. Hartig hat das Unternehmen anfangs letzten Jahres mit der hübſchen Arbeit „Das Benediktiner-Reichsſtift Sankt Ulrich und Afra in Augsburg (1012 - 1802)“ eröffnet!, und von Fr. Martin iſt unlängft „Berchtesgaden. Die Fürſtpropſtei der Regulierten Chorherren (1102 - 1803)“ erfchienen.? Einteilung, Charakter und Zweck dieſer neuen Germania Sacra ift aber von der St. Blaſianiſchen [ehr ver⸗ ſchieden. Naheliegend und praktiſch war die Einteilung in Germania Sacra Saecularis und Regularis, jeweils wieder mit Unterabteilungen. Die handliche, monographiſche Bearbeitung mit der kurzen geſchicht⸗ lichen Orientierung und der ſachkundigen, durch zahlreiche gute Repro⸗ duktionen für Berchtesgaden 6 in Strichätzung und 92 auf Kunſt⸗ druckpapier veranſchaulichten kunſtgeſchichtlichen Darlegung läßt erkennen, daß an einen weiteren, vor allem künſtleriſch intereſſierten Ceferkreis gedacht iſt. Für die gewiſſenhafte Juſammenſtellung der Rlofterobern, der ausübenden Meiſter und Künſtler, der monumentalen Überreſte, der literariſchen Quellen und Darſtellungen zum betreffenden Gotteshaus iſt man dankbar.

Früher geplant, aber noch nicht zur Derwirklichung gelangt iſt die bei Pfeilſchifter im Schlußparagraph beſprochene Germania Sacra, zu der die Berliner Selehrten P. Kehr und A. Brackmann im Jahre 1908 die Anregung gaben. Wie bei den St. Blafianern würden hier rein geſchichtswiſſenſchaftliche Ziele verfolgt. Unter zeitgemäßer Derände- rung des fanktblafianifchen Planes kämen, wie Brackmanns Dor⸗ ſchläge vor allem in der Zeitſchrift für Kirchengeſchichte 30 (1909), 8. 1-27 praktiſch zeigen, außer dem kirchlichen Leben, feinen Ein⸗ richtungen und Perſonen, auch die politiſche und literariſche Lage, kiunſt und Bulturzuftände, Rechts⸗ und Wirtſchaftsgeſchichte zur Be⸗ handlung. Dem Kirchenhiſtoriker erſcheint dies als eine Beeinträch⸗ tigung des eigentlich kirchlichen Elementes, ganz abgeſehen von der Fraglichkeit einer Ausführung in ſolchen Ausmaßen. Lehrreich iſt ſein 8. 34 gebotenes Jdealſchema zur Darftellung des gefamten religiös⸗kirchlichen Lebens einer Diözeſe, an dem dieſer neue Verſuch zu meſſen fei: 1. Die wirkenden Faktoren find der Biſchof mit der Jen⸗ tralgewalt, unterſtützt vom Domkapitel; ihm zur Seite als hilfsfak⸗ toren der gleich lebenswichtige Welt⸗ und Ordens klerus. 2. Die Mittel, mit denen dieſe Faktoren wirken, find die Derwaltung des Gehramtes durch Predigt, religiöfen Unterricht und kirchliche Wiſſenſchaft, des Prieſteramtes durch Meßopfer, Sakramente und Gebetsleben, des Birtenamtes durch Seelenführung und kirchliche Disziplin. 3. Das Ergebnis wird der Geſamtzuſtand des religiös⸗ſittlichen Lebens der Gläubigen und des Klerus fein, deſſen Darſtellung darum jeweils den Bistumsband abſchließen ſoll.

Das Buch Pfeilſchifters ermöglicht einen lehrreichen Einblick in die ernſten wiſſenſchaftlichen Beſtrebungen einer geiſtig hochſtehenden Abtei mit muſtergültig geregeltem Studienbetrieb. Möge man es bei einem »Meminisse iuvat«, Es war einmal, nicht bewenden laſſen!

' Siehe Bened. Monaffchr. 1923, Heft 3—4, 8. 130 f. ? Germania Sacra. Serie B. Germania Sacra Regularis. I. Die Abteien und Canonien. C. Die regulierten Chor- herrnſtifte. 1923. Derlag Dr. Benno Filſer, Augsburg.

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Rleine Beiträge und Hinweiſe

Ludwig von Paſtor zum 70. Geburtstag.

Ga Jahren lieſt man in Beuron Paftors Papſtgeſchichte mittags bei Tiſch, Band für Band, ſobald wieder einer erſcheint. Jedem Bande ward noch das gleiche ungeteilte Intereſſe von Patres und Brüdern entgegengebracht; vor keinem wurde halt gemacht, auch vor keinem einzigen Bande. „Die Wahrheit wird euch frei machen“, und nach Job 13 braucht Gott, um groß zu erſcheinen, eines bügenanwaltes nicht. Paſtor beſchönigt nichts. Er weiß zu wägen. Er kann auch entſchuldigen. liber jede Entſtellung liegt ihm fern; niemand ſtört er im ſelbſtändigen Urteil.

Uoch lebt in unſer aller Gedächtnis die Geſtalt des heiligen Papſtes Pius V. mit ſeinem faſt ſchreckhaften Eifer und dabei ſo innig frommen, grundgütigen Weſen. loch hallen die Wände förmlich wieder von des Gektors Stimme über Gregor XIII. und feinen Pontifikat'. Es mag undankbar fein, zwiſchen Charakteren wie Pius V. und Sigtus V. ſtehen zu müſſen. Gregor XIII. hat das Undankbare ſolcher Stellung reichlich erfahren, ſelbſt im Urteil von Biftorikern. Da hat nun Paſtor gründlich aufgeräumt und die ganze ungeheure Bedeutung der dreizehn Jahre eines reinen Arbeitspontifikates glänzend ins Licht geftellt. Galt der Pontifikat des gutmütigen, gelehrten Gregor weniger der Ewigen Stadt und dem eigenen Staate, fo umſo mehr der Weltkirche: Europa und der ganzen Erde. Er wußte das ganz hervorragende Mittel zu ſchätzen, das ihm die Dorfehung in dem tatfrohen, jugendkräftigen geſuiten⸗ orden und in den Rapuzinern gegeben. Er erkannte klar die grundlegende Bedeutung der Studien, Schulen und Mifflonen. Tränen in den Augen ſchloß Gregor die erſten fürſtlichen Geſandten des fernen Japan als Söhne der Kirche in feine Daterarme, und für einen Augenblick konnte er faſt hoffen, der Großfürſt von Moskau würde ſich mit ſeinem Reiche der Kirche zuwenden, der ſchreckliche Jwan IV., der doch nicht fürchterlich genug war, den päpſtlichen Geſandten, den geſuiten Poſſevino einzu⸗ ſchüchtern. In dieſen Pontifikat fällt die unglückſelige Bartholomäusnacht, und Paftor zeigt, daß der Papſt weder an dem Plan noch an der Ausführung beteiligt war. Die ewige Spannung mit Spanien dauert fort. In den Niederlanden lodert, von Oranien geſchürt, der Rufſtand auf; er bricht in den ſüdlichen Provinzen zu» ſammen. In England fließt Martyrerblut. Unter Gregor XIII. hat ſich am Rhein das Schickſal Weſtdeutſchlands und mit ihm Weſteuropas entſchieden; damals iſt die Doge der Slaubensneuerung zum Stillftand gekommen. Ohne die Energie des hei⸗ ligen Stuhles und den Eifer, ſowie das diplomatiſche Geſchick feiner Uuntien wären wohl alle norddeutſchen Bistümer ſamt Röln herrſch und heiratsluſtigen neugläubigen fürſtenſöhnen in die hände gefallen. Nun tritt endlich wieder „Einheits bewußtſein, Selbftvertrauen und klarheit“ an die Stelle der ehemaligen verhängnisvollen „Unent- ſchloſſenheit, halbheit und Verwirrung“.

An all das denken wir und an noch vieles andere heute am 70. Geburtstag b. Paſtors (geboren Aachen am 31. Januar 1854) dankbar wie nur je Börer ihrem hochverehrten Lehrer dankbar waren, wenn er auch bloß im gedruckten Worte von der bektorkanzel ſeit Jahren zu uns ſpricht. ‚Reine Feſtgabe wird wie verlautet erſcheinen, und doch iſt die denkbar ſchönſte ſchon erſchienen: Ludwig von Paftor hat fie ſich ſelbſt geſchrieben!. Aus dem V., VII. und IX. Bande feiner Papſtgeſchiche hat eine ſehr glückliche hand die wunderbaren Charakterſchilderungen der heiligen Ignatius von boyola, Thereſia, Philipp Neri, Karl Borromäus zart herausgehoben; der Verlag hat vier feine Bilder hinzugetan und Mar Schermann (Riedlingen) ein warmes wert⸗ volles Gedenkwort zum fünften Bilde, dem des Derfaffers, dazu geſchrieben. Wer

Geſchichte der päpſte IX. Band. Freiburg 1923, Herder. 2 v. Paſtor, b., Charakterbilder ka- tholiſcher Reformatoren des XVI. gahrhunderts. Freiburg 1923, Herder.

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die Papſtgeſchichte nicht kennt, mag hier aus vier Statuen, nein aus vier farbenfatten Gemälden, ermeſſen, wie überwältigend groß der Dom fein muß, dem fie entnommen find. Wer aber Paſtors Papſtgeſchichte kennt, empfindet hier in diefer anmerkungs⸗ loſen Ausgabe doppelt die ganze Selbſtzucht des Hiſtorikers: welchen Rieſenzwang muß ſich in feinem Rieſenwerke ein Mann auferlegt haben, der über eine ſolche Dar- ſtellungsgabe verfügt. Daß v. Paſtor uns trotzdem noch den heiligen Pius eigens ſchenken möge, wäre unſer ſehnlichſter Wunſch.

Grün, golden und rot hat „fein“ Derlag die Feſtgabe gekleidet. Sei es uns ein Symbol: Der Hoffnung auf lange, arbeitsfrohe Jahre, die der herr dem eifrigen Forſcher ſchenken möge, der dankbaren Liebe, deren wir ihn herzlich verſichern und der Krone der Herrlichkeit, die Gott ihm einſt gebe und die alle Erdenehrung unendlich überſtrahlt.

P. Sturmius Regel (Beuron).

dur ſechſten gahrhundertfeier des hl. Thomas von Aquin.

W. Geo XIII., Pius X. und Benedikt XV., fo erhebt auch Pius XL feine Stimme zum Lob des hl. Thomas. Im vorliegenden Rundfchreiben preift der heil. Dater den engelgleichen Lehrer zunächſt als heiligen und betont befonders feine Reinheit und Demut, feine Gottesliebe und feinen Bebetseifer. Der zweite Teil behandelt die Gehre, deren Grundpfeiler auf philoſophiſchem und theologiſchem Gebiet aufgezeigt werden. Die Darlegungen der beiden erſten Teile finden im dritten Abſchnitt ihre Anwendung auf die heutige Zeit: der heilige wird vor allem der ſtudierenden Jugend und den Prieftern als Vorbild empfohlen. Im Feſthalten an ſeinen wiſſenſchaftlichen Prinzipien ſieht der Papſt das Heilmittel für die Schäden unſerer Jeit. Aber ebenſowenig wie einer feiner Vorgänger verlangt Pius XI. das Feſthalten an einem beſtimmten der ver⸗ ſchiedenen Syfteme, die ſich auf Thomas berufen; auch will er nicht, daß man eine Entwicklung der philoſophiſchen und theologiſchen Wiſſenſchaft über Thomas hinaus leugne; aber die Methode, die Lehre und die Grundſätze des Heiligen ſollen von allen feſtgehalten werden, wie es auch can. 1366 $ 2 des kirchlichen Geſetzbuches verlangt. Innerhalb dieſes Rahmens jedoch ſoll „unter den Verehrern des hl. Thomas .. jener ehrliche und freie Wettftceit herrſchen, der die Dorbedingung bildet für den wiſſen⸗ ſchaftlichen Fortſchritt“. Der Papſt warnt vor der „gegenfeitigen mißgünſtigen Der: kleinerungsfudt, die der Wahrheit nicht dienlich iſt und einzig und allein dazu führen kann, die Bande der Liebe zu zerreißen ... Die einzelnen ſollen ... von einander nicht mehr verlangen, als was die kirche, die behrerin und Mutter aller, von allen fordert. In ſolchen Fragen, in denen bei angeſehenen katholiſchen Autoren verſchiedene Schulmeinungen gleich berechtigt gegeneinanderſtehen, ſoll niemand gehindert werden, die Anſicht zu vertreten, die ihm mehr Wahrheit zu enthalten ſcheint“. Den Schluß des Rundſchreibens bilden Anordnungen für die würdige Feier des Jubiläums in den Ordenshäuſern, Seminarien und anderen geiſtlichen Schulen. Der Enzyklika ift ein Gebet des heiligen angefügt, das zu Bott um Gicht und Segen für die Studien fleht.

Die deutſche Überſetzung wird dem Urtext völlig gerecht, ſie iſt treu und doch unſerem deutſchen und modernen Sprachempfinden angepaßt. Nur an einer Stelle ift ein kleines Derfehen unterlaufen: die Begehung des Jubiläums ſoll „im Laufe des Feſtjahres, in der Zeit vom 18. Juli [1923] bis zum Ende des nächſten gahres [1924]“ erfolgen. Die Ausftattung, die der Verlag dem Rundſchreiben gegeben, entſpricht der Würde des gefeierten Lehrers und der Wichtigkeit der päpftlichen Kundgebung. die in Thomas nicht nur den heiligen, ſondern auch „die Autorität des kirchlichen behramtes“ geehrt ſehen will.

P. Adalbert von Neipperg (Beuron).

1 Rundfchreiben unferes heiligen Daters Pius XI. (29. Juni 1923: »Studiorum Ducem ). Autorifterte Ausgabe, lateiniſcher und deutſcher Text. gr. 8“. (47 S.) Freiburg 1923, Herder.

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Herders Zeitlexikon.

Jr Herderſchen Konverfations-Lezikon ift im Jahre 1922 ein zweiter Ergänzungs- band erſchienen, der auch in Sonderausgabe als „Zeitlegikon” dargeboten wurde. Der ſelbe hat ein herbes Geſchick hinter ſich. Er war ſchon 1914 vorbereitet, der druck war weit vorangeſchritten, der Weltkrieg jedoch nötigte zu deſſen Einftel- lung. Bald nach Friedensſchluß erwog der rührige Verlag feine Wiederaufnahme. Die auf fo vielen Gebieten inzwiſchen eingetretene Andersgeſtaltung der Dinge for⸗ derten indeſſen nunmehr eine ganz neue Arbeit. Statt bloß Ergänzungen aus den fünf Friedensjahren 1910 1914 zu bieten, waren jetzt die ereignisreichen Kriegsjahre und die erſten Nachkriegsjahre 1914 1922 zu berückſichtigen. Dies alles ift mit höchſt anerkennenswerter Sorgfalt und Zuverläſſigkeit geſchehen.

Auf beſchränktem Raume bietet das „Zeitlezikon” eine wahre Fülle des Wiſſens⸗ werten über die Gefchehnilfe der letzten Dorkriegsjahre, des Weltkrieges und des Wieder aufbaues in den erſten Nachkriegsjahren. Der Weltkrieg, die in ihm hervor⸗ ragenden Perſönlichkeiten, die einzelnen Schlachten, die zumal für die Kriegsteilnehmer denkwürdigen Orte, die Waffenarten und andere Ariegsmittel, eingeſchloſſen Kriegs- lüge, Kriegswirtſchaft, Ariegsfürforge kommen ausgiebig zur Darſtellung. Die politiſche Seſchichte der einzelnen Staaten und Länder iſt bis in die Gegenwart weitergeführt, beſondere Beachtung finden ſelbſtverſtändlich die deutſchen Derhältniffe und die unfriedlichen „Friedensverträge“. Stehen Krieg und Politik auch voran, fo kommen doch die kulturellen beiſtungen und Werte nicht zu kurz. Religiöſen und kirchlichen Perſonen und Derhältniffen iſt geziemend Aufmerkfamkeit geſchenkt. Dies zeigen u. a. die Artikel: Benedikt XV., Pius X. und Pius XI., Brevierreform, Codex juris canonici, Ehe, &roßftadtfeelforge, Paienapoſtolat, Miſſton, Ordination, Pfarrer, Proteftantismus, Staat und Kirche. Sämtliche neu errichtete Bistümer und apoſtoliſche Dikariate find nachgetragen. Gleiche Sorgfalt erfahren Wiſſenſchaft, Kunſt und ihre Vertreter; es fei nur hingewieſen auf die Artikel: Deutſche Forſchungs⸗ inſtitute, Nobelpreiſe, Papurus, Philoſophie, Polarforſchung, Radium, Relativitäts- theorie, Religionsphiloſophie, Theofophie, Baukunft, Malerei. Die Literaturen der einzelnen Dölker find weitgehend ergänzt. Über ſoziale Fragen geben u. a. Auffhluß die Artikel: Akademiker, Arbeiter, Beamte, Betriebsräte, Caritas, Areis- fürforge, Räteſuſtem, Sachwert, Siedlung, Sozialiſterung, Wohnung. Jugendfürſorge, Jugendpflege, Pädagogik, Religiöfe Kindererziehung, Rafenfport, Studententum, Volks- hohfchule ſeien aus dem Gebiet der Erziehung und des Unterrichts genannt. Auch die Heilkunde (Röntgenſtrahlen, Phototherapie, Serum, Tuberkulofe, Tuphus uſw.) und die Pandwirtſchaft (Dünger, Kartoffel, Kleintierzucht, Schädlingsbekämpfung, Tabak, Torf) erhalten ihren Teil. Sehr ſorgfältig und eingehend find Induſtrie und Technik, handel und Derkehr bedacht worden; erwähnt feien die Stichworte: Bergbau, Braunkohle, Dach, Dampf, Eifen, Eifenbahnen, Eifenbeton, Elektrizität, Feuerungsanlage, Förderanlage, Bas, Heizung, Kohle, Lokomotive, Motorwagen, Pa- pier, Schiffbau, Trockenanlage, Binnenſchiffahrt in Deutſchland (mit Karte), Dampf⸗ ſchiff, Fernſprecher, Handel, Guftfahrt, Notgeld, Poſt, Rhein, Rohſtoff ufw. In aus» führlichen Überfichten, in kurz und ſachlich aufklärenden Einzelartikeln, vielfach mit beigegeben en Abbildungen oder orientierenden Karten werden wir mit den Vorgängen, beiſtungen und Errungenſchaften der jüngſten Vergangenheit bekannt gemacht.

Die Derläffigkeit des herderſchen Pexikon iſt allgemein anerkannt; feine Ergänzungs⸗ bände verdienen das gleiche Lob. Bei einzelnen noch umſtrittenen Punkten mögen Richtigſtellungen nötig werden, manchmal mag die Hus kunft allzu knapp fein, einige Stichworte mögen fehlen. Die allſeitige Brauchbarkeit bleibt trotzdem unbeſtritten.

D. Hieronymus Riene (Beuron).

herders Bonverfations-Lezikon. Zweiter Ergänzungsband 1. Hälfte, A—R. gr. 80 (928 Sp.) 2. Hälfte, 6-3. gr. S (1136 Sp.) Band 10 und 11 des Geſamtwerkes. Freiburg [1921 und 1922].

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Bücherſchau

Bibliſche Chronologie

Kugler, Frz. Xav., 8. J., Don Moſes bis Paulus. Forſchungen zur Geſchichte Ifraels nach bibliſchen und profangeſchicht⸗ lichen insbeſondere neuen keilinſchriftlichen Quellen. Dex. 80 (XX u. 536 8.) Münſter 1922, Aſchendorff.

In chronologiſchen Fragen des Alten Orients iſt unter den katholiſchen Gelehrten P. Gugler 8. J. wohl einer der Fähigſten. Wir freuen uns deshalb, daß er ſich daran gemacht hat, mehrere noch dunkle Punkte der bibliſchen Chronologie aufzuhellen. Wie früher in „Bibel und Babel“ bewährt ſich dabei der Derfaffer als trefflicher Derteidiger des Alten Teftaments. Die Geftalten des Ge⸗ ſetzgebers Moſes wie die der Patriarchen Hb⸗ raham, Ifaak und Jakob bekommen durch Beſtimmung der Regierungszeit hammu⸗ rabis auf 1947 1905 vor Chriftus ein viel deutlicheres, geſchichtliches Gepräge, und auch die Bücher Esra und Ilehemia, ſowie die Chronik erhalten durch ihn ihren vollen Geſchichtswert zurück.

So iſt der Weg gebahnt für ſichere chro · nologiſche Unter ſuchungen. In fieben Ab⸗ handlungen ſucht P. Kugler hauptſächlich die Daten aller Herrſcher über Paleftina von Salomon bis zum erſten Jahrhundert vor Chriſtus zu beſtimmen. Für die Rönige von Juda und Ifrael find die Ergebniffe vielfach neu, aber doch fo gut begründet, daß ſie alle Beachtung in Fachkreiſen ver⸗ dienen. Beifpielsweife wird denn auch das von P. Kugler beftimmte Jahr 986 vor Chr. für den Anfang des ſalomoniſchen Tempel- baus ohne Bedenken von B. Boulan in der Dublin Review (quni September 1923) übernommen. Für die meiſten Sunchro⸗ nismen der Regierungen in guda und Ifrael, bietet Kugler eine durchaus einfache und deshalb auch ganz befriedigende Lö- ſung. Die abweichenden Theorien von Joſ. Hontheim 8. J. (Zeitſchr. für katholiſche Theologie 42 [1918] 463 ff.) und R. II. Kleber O. 8. B. (Biblica 2 [1921] 3 ff.) be- ſpricht er in einem Nachtrag, aber nur um fie abzulehnen. Hiftorifch-apologetifch fehr wichtig ift der Ausgleich, den die fiebente

Abhandlung zwiſchen dem 1. u. 2. Makka⸗ bäerbuche vermittelt. In die ſpätere